1079 - Dämonen-Domina
Stich. Es wurde etwas gelblich, und wenig später war es soweit.
Als der Mann seinen Mund aufriß, zuckte es noch einmal in seinem Gesicht. Dann nicht mehr, denn es geschah etwas, das kein Zeuge begriff.
Sein Körper verlor die Festigkeit. Zwischen den Händen der alten Frau sackte er zusammen, und er löste sich auf, während er nach unten fiel. Da gab es keine Knochen mehr, keine Haut, kein Fleisch.
Alles an diesem Mann war verbrannt. Vom Kopf bis zu den Haaren, und er sackte als glühender Staub zusammen, wobei die winzigen Partikel noch aufglühten, als wollten sie zeigen, wer sie waren.
Grau und stumpf erreichten sie dann den Boden, auf dem sie als Ascherest zurückblieben. Nicht einmal die Schuhe waren übriggeblieben.
Es gab Zeugen. Es gab Augen, die alles mitbekommen hatten. Aber es gab niemand, der sich bewegte. Dieser ungewöhnliche Tod des Mannes hatte alle anderen geschockt. Auch den zweiten Aufpasser, der nicht aufgestanden war, am Boden hockte und sich jetzt verwundert die Augen rieb, als wollte er einen Spuk vertreiben.
Suniko ging zu ihm. Sie überwand die kurze Distanz zu ihm mit tänzelnden Schritten und beugte sich zu ihm herab. Erst jetzt wußte der Mann, was auf ihn zukam. Er wollte seine Waffe hervorreißen, doch er war zu langsam.
Suniko hatte bereits zugepackt.
Wieder drückten ihre Hände gegen die Wangen des Mannes. Und wieder sprach sie die leisen Worte, während der Aufpasser in ihrem Griff festklemmte und sich nicht rührte.
Er starb im Sitzen. Auch sein Körper glühte so stark auf wie Kohle in einem Kamin oder Grill. Er schrie nicht einmal. Das innere Feuer mußte ihm alles genommen haben.
Im Sitzen verglühte er zu Asche. Er brach zusammen. Die einzelnen Teile glühten noch einmal auf, bevor sie dann erkalteten, als sie den Boden erreicht hatten.
Die zweite Leiche. Oder das, was von dem Mann übriggeblieben war. Zwei Häufchen Asche, deren Oberfläche sich veränderte, weil der Wind sie fortwehte. Da schwanden Menschen dahin, und die alte Suniko richtete sich auf. Das Lächeln auf ihrem Gesicht wirkte wie eingefroren. Sie hatte es geschafft. Sie war die Siegerin geblieben, und sie ging jetzt wieder zurück zu ihrem Platz.
Neben Mishiko setzte sie sich hin. Das junge Mädchen war nicht in der Lage, ein Wort zu sagen. Es starrte Suniko an, es schüttelte den Kopf. Es spürte seltsamerweise keine Angst vor dieser unheimlichen Frau, die das Feuer zu beherrschen schien. Als Mishiko schließlich den Mund öffnete, um eine Frage zu stellen, da sagte Suniko: »Nein, meine Kleine. Nicht sprechen. Noch nicht. Nimm alles hin. Denk nur daran, daß wir das erste Hindernis auf unserem weiten Weg zur Seite geräumt haben. Alles andere ist jetzt nicht wichtig.«
Mishiko nickte langsam. Denken wollte sie nicht. Alles kam ihr so schrecklich vor. In nichts konnte sie sich mehr hineinversetzen. Sie überlegte trotzdem, wer diese Frau sein könnte, die wie ein Mensch aussah, im Prinzip aber mit Kräften ausgestattet war, die über alles Menschliche hinausgingen. Eine wie sie mußte mit den Göttern in Verbindung stehen, die ihr einen Teil ihrer Kräfte gegeben hatten.
Am besten war es, wenn sie die Augen schloß. Alles andere konnte sie vergessen. Sie wollte auch nicht mehr daran denken, was sie gesehen hatte, zudem blieb ihre Umgebung auch still, denn kein Kommentar erreichte ihre Ohren, nur die Stimme der alten und doch so mächtigen Frau. »Sobald es möglich ist, werden wir den Wagen hier verlassen. Hast du mich verstanden?«
Mishiko nickte.
»Dann bereite dich darauf vor!«
Das junge Mädchen blieb sitzen. Den Kopf gesenkt. Die Augen halb geschlossen. Auf den Oberschenkeln lagen die Hände, die sie ineinander verschlungen hatte. Ihre Lippen zuckten, aber sie brachte es nicht fertig, auch nur ein Wort zu sagen.
Der Wagen fuhr und rumpelte weiter. Die Körper auf den Bänken bewegten sich. Sie stießen zusammen, sie wurden durchgerüttelt und geschaukelt. Das alles kümmerte Mishiko nicht, vor deren geistigem Auge immer nur ablief, was sie soeben erlebt hatte.
Suniko mußte eine wahnsinnige Macht über die Menschen besitzen. Sie war eine Verbündete der Götter. Nein, sie war mehr. Vielleicht gehörte sie schon zu ihnen.
Mishiko merkte nicht, daß der Wagen langsamer fuhr. Im Gegensatz zu der Alten. Sie stieß das junge Mädchen an und sagte halblaut: »Wir sollten es jetzt wagen.«
»Wie? Was?«
»Abspringen.«
Mishiko erschrak. Jetzt riß sie ihre Augen wieder auf und wirkte wie
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