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1081 - Die Mutprobe

1081 - Die Mutprobe

Titel: 1081 - Die Mutprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ein Schleifen über den rauhen Boden hinweg. Das Zerknirschen kleinerer Steine. Hin und wieder ein Rascheln, wenn sie altes Laub vor sich herschoben.
    Das Tor lag hinter ihnen. Auf einem normalen Friedhof wären sie von Büschen, Sträuchern und Bäumen umgeben gewesen. Hier nicht. Auf diesem Gelände wuchs nur Gras oder Unkraut. Und natürlich gab es die hohen und kahlen Grabsteine.
    Sie bildeten ein Durcheinander, ein Muster ohne entsprechende Geometrie. Manche ragten schief aus dem Boden hervor. Andere sahen aus, als wären sie dabei, umzufallen. Wieder andere waren mit kleinen Kreuzen geschmückt, doch die waren in der Minderzahl. Ob die Grabsteine auch zu den entsprechenden Gräbern gehörten, war nicht festzustellen. Es gab Stellen, an denen sie so dicht beisammenstanden, daß es fast unmöglich für einen normalen Menschen war, sich durch die Lücken zu schieben.
    Es gab einen Stein, der abseits der anderen stand. Ein besonderer, der auch zu einem besonderen Grab gehörte. Über den hier Begrabenen war einiges geschrieben worden. Noch mehr erzählte man sich darüber. Daß er nicht tot war, sondern nur unruhig unter der Erde lag und darauf wartete, wieder mordend durch das Land ziehen zu können.
    Legenden, Sagen, versetzt mit einigen Körnchen Wahrheit, aber es gab auch Menschen, die daran glaubten. Und sie hatten die Geschichten weitererzählt. So war dieser Friedhof im Laufe der Zeit zu einem Ort geworden, der von vielen Menschen gemieden wurde.
    Vor dem Friedhof war sich Mandy Mannox noch lächerlich in ihrem Aufzug vorgekommen. Jetzt, wo sie über den Friedhof und auch durch die Dunstschleier ging, hatte sie auf einmal das Gefühl, dazuzugehören. Sie und der Friedhof bildeten eine Einheit. Die Furcht war gewichen und hatte einer selten erlebten Spannung Platz geschaffen.
    Nichts bewegte sich im Gesicht der jungen Frau. Die Haut blieb glatt wie ein polierter Stein. Die Luft saugte sie nur durch die Nase ein. Sie hatte auch vergessen, daß ein Mann an ihrer Seite war.
    Es zählten nur die Umgebung und der Boden, über den sie zu gleiten schien. So leicht fühlte sich Mandy. Sie wäre immer weitergelaufen, hätte sie nicht die Hand auf ihrer Schulter gespürt, die sie mit einem kräftigen Griff zurückhielt.
    »He, was ist los mit dir?«
    »Warum fragst du?«
    »Du hast dich verändert. Du siehst wirklich aus wie ein lebende Leiche, die durch den Nebel geht.«
    »Tatsächlich?«
    »Und ob.«
    »Ich fühle mich gut, Ruben!«
    »Ach.« Moreno konnte nur staunen. »Auf einmal.«
    »Ja, das kann an der Umgebung liegen, am Kleid. Irgendwie ist es anders geworden. Ich habe das Gefühl, daß wir nicht mehr allein hier sind, verstehst du?«
    »Nein. Oder doch. Mike wartet.«
    »Quatsch, das hat mit Mike Warner nichts zu tun. Hier geht es um etwas anderes.«
    »Worum denn?«
    »Spürst du ihn nicht?« Sie drehte den Kopf, um den coolen Knaben anzuschauen.
    Moreno war irritiert. »Scheiße, wen soll ich denn spüren? Einen Geist?«
    »Nein und ja. Hier schwebt was. Kann ein Geist sein, muß aber nicht, wenn du verstehst.«
    Ruben schüttelte den Kopf. »Lassen wir das. Wichtig ist, daß uns Mike nicht hört und erst mal nicht sieht. Zumindest mich nicht. Ich bleibe zurück, und du schleichst dich heran. Klar?«
    »Keine Sorge.«
    »Gut, dann trennen wir uns.« Bevor er hinter einem hohen Grabstein verschwand, warf er ihr noch einmal einen Blick zu, in dem alle Skepsis dieser Welt lag.
    Beim Weggehen schüttelte er den Kopf. Er sah auch nicht das Lächeln auf Mandys Gesicht. Im Gegensatz zu ihm fühlte sie sich in dieser Umgebung ungewöhnlich wohl. Die Angst war verschwunden. Alles kam ihr so locker vor.
    Die alten, denkmalähnlichen Grabsteine standen zwar überall auf dem Friedhof, doch sie verteilten sich nicht, so, wie es normal gewesen wäre. Sie bildeten kleine Inseln, wo sie zusammengehäuft aus dem dunklen Boden ragten. Dazwischen lag das freie Gelände. Ein brachliegender Boden, hin und wieder mit Laub oder alten, kleinen Zweigen bedeckt. Das Grab sah sperrig aus. Im Nebel wirkte es wie eingepackt. Die grauen, dunklen Schleier zogen lautlos darüber hinweg, und Mandy Mannox fürchtete sich auch nicht davor. Für sie war die Umgebung nicht mehr schlimm. Sie fand sich zurecht, und sie tat etwas, das Ruben ärgern mußte. Sie versteckte sich nicht, sondern ging offen auf das Ziel zu. Auf diesen hohen und kantigen Grabstein, dessen Material im Laufe der Zeit angefressen worden war. So wirkte dieses Denkmal

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