1082 - Wer im Höllenfeuer schmort
Schatten hineinführte.
Dort begann wieder ein Waldstück, aber es verteilte sich an beiden Straßenseiten. Noch besaßen die Bäume ihre Blätter, und es waren nur einige wenige abgefallen, die auf der Straße lagen.
»Vor dem Wald mußt du nach rechts einbiegen. Das ist der Weg, der direkt zum Ziel führt.«
»Schafft es mein Auto auch?«
»Bestimmt.«
Der Weg war schlecht zu erkennen. Bill war schon mit dem Tempo heruntergegangen. Im letzten Augenblick drehte er das Lenkrad nach rechts, dann rollte er in das Waldstück und zugleich in eine graue Düsternis hinein.
Sehr bald schon lichtete sich der Wald, und plötzlich wurden Bills Augen groß, als er oberhalb der Baumwipfel den kantigen Bau sah, der sich dort abzeichnete.
Zugleich kicherte der Killer. »Das ist der Turm, Conolly. Das ist mein Zuhause. Du kannst vor ihm halten.«
Nach nicht einmal zwei Minuten waren sie da. Bill stellte den Motor ab, schloß für einen Moment die Augen und spürte, daß sich sein Herzschlag verändert hatte. Er schwitzte auch. Es war die Aufregung, vermischt mit der Furcht vor dem, was noch auf ihn zukam, die ihm so zusetzte. Er mußte noch im Porsche sitzen bleiben, denn zuerst verließ Barton den Wagen.
Er ging um ihn herum, wie er es auch auf dem Grundstück der Conollys getan hatte. Bill fragte sich, warum er auf der Fahrt keinen Versuch unternommen hatte, den anderen zu stoppen. Bei einem normalen Gangster hätte er es sicherlich getan, aber Wild Dean Barton war nicht normal. Er war ein von einer dämonischen Kraft beeinflußter Mensch. Ein Mörder der besonderen Art, dem nichts heilig war. Er dachte nur an seinen eigenen Vorteil, und er war jemand, der überlebte. Vielleicht sogar alles überlebte, auch Bill.
Barton ruckte mit der Waffe.
Bill verstand das Zeichen und stieg aus. Seine Glieder waren vom langen Sitzen ziemlich steif geworden, und Barton ließ es auch zu, daß er sich reckte.
Vor dem Porsche blieb Bill stehen. Ihm wurde auch ein Blick auf das Haus und den dazugehörigen Turm gestattet, dessen Faszination sich Bill nicht entziehen konnte.
Er wirkte deplaziert im Vergleich zu der normalen Größe des Hauses. Er war viel zu hoch und kam ihm vor wie ein falsch angesetzter Schornstein. Der an ihm klebende Bau besaß nur die Höhe von zwei Etagen. Ein mickriges Haus mit einer durch Wind und Wetter gezeichneten Fassade, an die sich auch grüne Pflanzen mit fleischigen Blättern und langen Stielen entlangrankten.
Barton bedrohte Bill noch immer mit der Beretta. »Gefällt dir meine Wohnstatt?«
»Das ist Geschmacksache.«
»Mir ist sie heilig. Und auch im Sinne der Hölle. Los, geh vor. Geh in den Turm. Die Tür ist nicht verschlossen.«
Es blieb dem Reporter nichts anderes übrig, als der Aufforderung nachzukommen. Er verfluchte wieder einmal seinen Leichtsinn und versuchte, sich auszurechnen, ob John und Suko ebenfalls eintreffen würden. Auch sie suchten nach Bartons Versteck.
Er dachte an das letzte Abenteuer auf der Balearen-Insel Mallorca. Da hatte ebenfalls ein Turm eine große Rolle gespielt. Der aber war anders als dieser hier. Kleiner, nicht so kahl, denn Bill kam sich vor wie in einer kleinen Halle, die nur eines aufwies: Die Treppe nach oben!
Schnurgerade, als sollte sie in den Himmel führen. Stufe für Stufe reihte sich aneinander. Breit, hoch, zudem unterschiedlich. Es würde schwer sein, die Treppe bis zum Ziel in die Höhe zu steigen, aber er wußte auch, daß er es tun mußte.
Die nahe Umgebung war leer. Kein einziges Möbelstück stand hier unten. Es war kalt. Das alte Mauerwerk hatte die Feuchtigkeit in sich aufgenommen, und die wenigen Fenster an der Turmmauer ließen kaum Licht durch, denn sie glichen mehr Schießscharten.
Wild Dean Barton stand dicht hinter Bill. Der Geruch des Mannes hatte sich verstärkt. Er war aufgeregt, denn er stand dicht vor seinem Ziel. Bill spielte mit dem Gedanken, einen Überraschungsangriff zu starten, doch das war aussichtslos. Barton wurde nicht müde. Er war immer konzentriert und aufmerksam wie ein Wachhund.
»Du kannst gehen, Conolly.«
»Was soll ich dort oben?«
»Sterben!«
Bill schluckte. »Das kann ich auch hier.«
Der Schlag mit dem Waffenlauf traf seinen Hinterkopf. »Geh jetzt, verdammt!«
Der Reporter schwankte, schaffte es aber, sich wieder zu fangen. Er ging auf die erste Stufe zu.
Davor blieb er noch einmal kurz stehen.
Der Blick in die Höhe.
Die Treppe schien endlos zu sein. Und auch dunkel. Nur ab und zu wurde sie von
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