1083 - Das Mondschein-Monster
geklungen hatte, lächelte ich. »Wir möchten zur Wald-Sauna.«
Auf seinen Lippen erschien ein bissiges Grinsen. »Hatte ich mir beinahe gedacht. Fast jeden Tag werden wir hier mit diesen verdammten Fragen belästigt.«
»Sorry, aber…«
»Okay, wer's braucht, der soll hin. Fahren Sie durch das Dorf. Dahinter führt ein Weg in den Wald. Sie können den Puff nicht verfehlen. Viel Vergnügen.« Er drehte uns seinen Rücken zu und beschäftigte sich wieder mit seiner Arbeit.
»Gehört?« fragte ich Suko.
»Klar.«
»Dann mal los.«
Sehr rasch hatten wir Longcross hinter uns gelassen und konzentrierten uns auf die linke Seite. Der Wald war zwar noch licht und bestand aus niedrigen Gehölzen, aber er wuchs immer näher an die Straße heran. Wir fuhren durch ein geheimnisvolles Zwielicht, in dem die Schatten zu leben schienen, und hatten Glück, daß wir die schmale Abbiegung nicht verfehlten, denn ein Schild wies nicht darauf hin.
Suko fuhr nach links, und damit verließen wir die normale Straße und auch den normalen Belag, denn dieser Feldweg erinnerte mehr an einer Versuchsstrecke für Testwagen, deren Stoßdämpfer belastet werden sollten. Daß dieser Weg oft befahren wurde, sahen wir auch anhand der Reifenspuren, die sich tief in das Erdreich hineingedrückt hatten und sicherlich erst an der Club-Sauna endeten.
Breit war der Weg ebenfalls nicht. Zwei entgegenfahrende Autos bekamen Schwierigkeiten, sich auszuweichen. Zudem wuchs die Gegend immer mehr zu. Das Buschwerk an den Seiten zeigte sich nicht nur dicht, es wuchs an manchen Stellen auch bis über die Ränder hinaus. Hinzu kam die Dunkelheit, denn der Abend war übergangslos in die Nacht hineingegangen. Zumindest, was das Äußere anging.
»Wer sich hier entspannen will, hat es wirklich nötig«, murmelte Suko, »das ist ja ein wahrer Horrortrip.«
Ich mußte grinsen. »Vor dem Vergnügen haben die Götter eben den Schweiß gesetzt.«
Eigentlich hatten wir damit gerechnet, etwas von der Wald-Sauna zu sehen. Ein Licht, eine leuchtende Lockung in Rot. Da war nichts, was die Dunkelheit durchbrach. Sie wetteiferte mit den Bäumen und Sträuchern. Die Natur hatte das Haus verschluckt. Vielleicht aus Scham, weil sie es nicht wollte.
Der Rover nahm alle Hindernisse. Daß hin und wieder Zweige gegen die Karosserie schlugen oder kratzten, das nahmen wir locker hin. Bei Sukos Wagen, dem »neuen« BMW, wäre es etwas anderes gewesen, da hätte er sich geärgert, so aber lenkte er den Rover weiter und beschwerte sich auch nicht über die Wellen im Boden. Wir hatten längst langsamer fahren müssen und krochen dem Ziel entgegen.
Sicherlich rollte jeder Wagen in der Dunkelheit mit dem normalen Scheinwerferlicht dahin. Darauf hatten wir verzichtet. Unser Rover schob sich mit dem Abblendlicht weiter, so daß er eine bleiche Spur vor sich herschob.
Aber es gab trotzdem ein Licht, und das sahen wir immer wieder, wenn wir zum Himmel schielten.
Dort stand der Mond!
Er war da. Er war ein Beobachter, der Begleiter. Bleich und voll. Versehen mit Schatten in seinem Innern, die grauviolett schimmerten. Der Mond war nicht kahl, es gab Berge und Täler wie auf der Erde auch, und sie bildeten eben die von unten zu sehenden Schatten.
Wir hatten unserer Erfahrungen mit dem Erdtrabanten sammeln können. Immer wieder hatten sich die alten Legenden bestätigt. In der Zeit des Vollmondes hatten wir oft genug gegen Vampire und Werwölfe gekämpft, da waren sie am stärksten gewesen, doch nun hatten wir es mit einem völlig anderen Wesen zu tun.
Ich wußte auch nicht, wie ich das Mondschein-Monster einschätzen sollte. Ich hatte es nicht gesehen. Ich konnte es nicht beschreiben. War es ein normaler Mensch? Was es ein Tier oder irgendeine Kreatur, die zwischen den beiden existierte?
Bei mir türmten sich die Fragen auf. Es brachte nichts, nach Antworten zu suchen. Es würde sich schon zeigen, wenn wir das Monster gefunden hatten.
Stockdunkel präsentierte sich die Umgebung. Kein Licht weiter vorn. Rechts und links der Strecke hocken die schwarzgrauen Schatten, und nur dort, wo das Licht gegen den Bewuchs floß, war es heller. Bis Mitternacht waren es noch Stunden hin. Dennoch kam es mir vor wie zur Tageswende.
Suko bremste.
Ich zuckte zusammen, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Trotz der geringen Geschwindigkeit wurde ich in den Gurt gepreßt und wunderte mich dann, als mein Freund den Motor ausstellte.
»He, was ist los?«
Ich hatte ihn recht locker gefragt, er
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