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1086 - Der Vampir und der Engel

1086 - Der Vampir und der Engel

Titel: 1086 - Der Vampir und der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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anderen Welt komme. Ich gehörte zum Reich der Schatten, das schon immer existiert hat und auch immer existieren wird. Ich bin euch Menschen über, obwohl ich aussehe wie ein Mensch.« Nach diesen Worten trat er noch dichter an Estelle heran, und er drückte sie mit seinem Körper gegen die Wand. Sein Gewicht war jetzt zu spüren. Der Druck des Körpers gegen den ihren, und sie hatte den Eindruck, daß er nicht mehr aus Fleisch und Blut bestand, sondern aus Metall.
    Sie stellte fest, daß der Zug noch langsamer geworden war. Wenig später stoppte er mit einem leichten Ruck.
    Estelle wußte nicht, welcher Bahnhof erreicht war. Sie hatte andere Sorgen, denn sein Gesicht befand sich nicht mehr weit von ihr entfernt. Sie konnte nichts anderes sehen als diese Gesichtszüge, und sie erlebte, wie er den Mund öffnete.
    Weit, so weit wie möglich.
    Vom Bahnhof her hörte sie Stimmen. Irgendwo rief ein Mann barsche Worte, doch das alles war so weit weg. Der Vampir hatte zugegriffen und hielt sie jetzt mit der linken Hand umfangen. Er hatte sie zur Seite gedrückt, so daß sie gegen ihn fallen mußte. Sein Arm hielt sie fest, und der Kopf war so nach links gebeugt, daß sein Gesicht über ihrem schwebte. Obwohl Estelle vor Angst eigentlich hätte vergehen müssen, kam ihr etwas anderes in den Sinn.
    Sie dachte an die klassische Haltung. Wie im Kino und nicht anders.
    »Du wirst in meine Welt eintauchen. Du wirst etwas Neues erleben, den Biß, das Saugen, du wirst…« Er verstummte. In seinen Augen funkelte es plötzlich, als wollten die Pupillen zerspringen.
    Dann biß er zu.
    Seine Lippen legten sich auf die straffe Haut des Halses. Sie spürte für einen Moment noch die Kälte, dann drangen die beiden Zähne durch die Haut in den Hals ein.
    Wunden entstanden. Blut sprudelte. Es wurde in den Mund des Vampirs gepreßt, der seine Lippen jetzt fest um die Haut schließen wollte, es aber nicht tat und sich blitzartig zurückzog.
    Er schüttelte den Kopf.
    Der Mund blieb offen.
    Ein Laut löste sich aus der Kehle und klang wie ein gieriges Schmatzen. Sein Gesicht war von einer Überraschung gezeichnet, wie man sie auch bei Menschen fand. Er prallte gegen die Wand und ließ sein Opfer zwangsläufig los.
    Estelle Crighton wurde nicht mehr gestützt. Sie verlor den Halt und landete auf dem Boden. Mit dem Rücken prallte sie dabei gegen die Kante des Waschbeckens. Sie spürte den Schmerz und ignorierte ihn, denn der Vampir war wichtiger.
    Noch stand er nicht weit entfernt und glotzte auf sie nieder. Sie sah das Blut an seinen Lippen, ihr Blut. Es hatte sich an den Rändern zu zwei Tropfen gesammelt und rann dem Kinn entgegen. Bisher hatte sie seine Augen für tot gehalten, das war nun vorbei, weil sie sah, daß sich plötzlich Leben darin abzeichnete.
    Ein besonderes Leben, denn die Augen zeigten Gefühle. Und die waren alles andere als freundlich, auch nicht mehr gierig. Er war nur in der Lage, sie erstaunt anzuschauen.
    Luft brauchte er nicht zu holen, doch es sah so aus, als wäre er dabei. Sein Mund verzog sich, und die Zunge zuckte vor und zurück.
    »Wer bist du?« keuchte er. »Wer, zum Henker bist du? Wo bin ich hier hineingeraten?«
    Estelle lag noch immer am Boden. Sie war nicht in der Lage, dies alles zu begreifen. Was sich hier in der engen Kabine abspielte, konnte sie nicht fassen.
    Da war die normale Welt wieder zurechtgerückt worden, aber trotzdem war sie eine andere, und damit kam sie nicht zurecht. Sie war aus der Opferrolle herausgerutscht, und damit kam sie nicht zurecht. Keine leichte Beute mehr für einen Vampir, dem ihr Blut nicht geschmeckt zuhaben schien, denn es passierte etwas, das sie in noch größeres Staunen versetzte. Ezra spie das Blut, das er ihr bereits ausgesaugt hatte, wieder aus. Es klatschte auf den Boden, und er schüttelte dabei den Kopf.
    Das Mannequin dachte nicht mehr über sich selbst nach. Estelle wußte nur, daß ihr durch das Verhalten des Vampirs eine wahnsinnige Chance eröffnet worden war. Mit dem normalen Leben hatte sie schon abgeschlossen und sich abgefunden, als Untote durch die Gegend zu irren und die Dunkelheit zu lieben.
    Jetzt war alles anders gekommen, und das lag an ihr, weil ihr Blut Ezra York nicht geschmeckt hatte.
    Das mußte sie ausnutzen. Sie drückte sich langsam in die Höhe und behielt den Blutsauger immer im Auge, weil sie ihm einfach nicht traute.
    Er tat nichts. Seine Haltung kam ihr beinahe ängstlich vor, denn er hatte sich zurückgedrückt und ließ es zu,

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