1087 - Wolke im All
Orientierungspause eingelegt, schlich in Unterlichtgeschwindigkeit durch das All und ortete nach allen Seiten, um einen Ansatzpunkt für die Fortführung der zermürbenden Suche zu finden. Das Objekt, das zur Auslösung des Alarms geführt hatte, war in der Tat dem riesigen Raumschiff bereits sehr nahe gekommen. Daß man es nicht schon viel früher entdeckt hatte, ließ sich eigentlich nur mit den in der Nähe des galaktischen Kerns herrschenden Bedingungen erklären, vor denen ein so kleines Objekt regelrecht unsichtbar werden konnte.
Es war mittlerweile so nahe, daß man seine Form zu erkennen vermochte. Es ähnelte entfernt einem Seeigel mit zahlreichen kurzen Stacheln, die streng in Reihen geordnet nach allen Seiten abstanden. Der „Körper" hatte einen Durchmesser von etwa einhundert Metern, die Stacheln dagegen waren durchschnittlich dreißig Meter lang, wobei sie an den leicht abgeflachten Polen des kugelförmigen Körpers am kürzesten waren, am Äquator dagegen am längsten.
„Was um alles in der Welt soll das sein?" fragte Miztel, der Bordingenieur.
„Ein Weltraumigel", spottete Les Zeron, der gerade den Raum betreten hatte.
„Es ist ein Raumschiff", stellte die nüchterne Sandra Bougeaklis tadelnd fest, und da sie gerade dabei war, streifte sie Javier mit dem längst fälligen Seitenblick, der der nachlässigen Kleidung des Kommandanten galt. „Wir haben inzwischen festgestellt, daß dieses Ding sendet."
„Auf welcher Frequenz?" fragte Javier ruhig.
„Auf gar keiner", mischte Deneide Horwikow, die Cheffunkerin, sich ein. „Das fremde Schiff strahlt psionische Impulse ab."
Unwillkürlich mußte der Kommandant an die mysteriösen Träume denken, auch wenn ihm ein solcher Zusammenhang vorerst noch als zu weit hergeholt erschien.
„Läßt sich auch feststellen, welchen Inhalt diese psionischen Impulse haben?" fragte er Deneide.
Die Cheffunkerin schüttelte den Kopf.
„Bis jetzt nicht", erklärte sie. „Aber wenn wir näher herangehen, werden wir es womöglich auf eine Weise erfahren, die uns gar nicht gefällt. Das Schiff strahlt seine Botschaft mit ziemlicher Intensität ab. Wenn wir einen Mutanten an Bord hätten, wüßten wir längst Bescheid."
„Wir haben aber keinen", bemerkte Javier nüchtern.
Er beugte sich vor und berührte einen Sensorpunkt. Ein Bildschirm erhellte sich, und Mehldau Sarko, der Hangarmeister der BASIS, blickte fragend auf Javier hinab.
„Eines der Beiboote muß raus", erläuterte der Kommandant. „Wir haben ein psionisch strahlendes Objekt vor uns. Was wir jetzt brauchen, das ist also ein kleines Boot mit minimaler Besatzung, das sich notfalls per Fernsteuerung zurückholen läßt."
„Das geht schon in Ordnung", versicherte Sarko, und seine grauen Augen blitzten.
Die BASIS hatte unterdessen ihren Flug abgebremst, so daß sie in gleichbleibender Entfernung zu dem „Weltraumigel" dahintrieb. Das schien eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme zu sein, denn noch spürte niemand an Bord etwas, das darauf hindeutete, daß dieses seltsame kleine Schiff eine Gefahr für irgend jemanden darstellte.
Aber etwas, das möglicherweise von der schimmernden Wolke kam und dabei psionische Impulse versendete, war immerhin so verdächtig, daß man lieber etwas zu vorsichtig als zu forsch war.
*
Ganz ähnliche Gedanken bewegten Janine Hare, als sie Moribunth und Henry Horth an Bord jener Space-Jet traf, die Sarko Mehldau für den Erkundungsflug ausgesucht hatte. Das fremde kleine Schiff war optisch noch nicht auszumachen, aber die Bildschirme zeigten es als ein abweisendes Gebilde, das jedem Eindringling demonstrativ seine spitzen Stacheln entgegenreckte. Janine glaubte, eine Bedrohung zu spüren, die von dem „Igel" ausging, und bei dem Gedanken, daß sie dorthin fliegen sollte, fühlte sie sich alles andere als wohl.
Dennoch verschwendete sie keinen Gedanken an die Idee, Mehldau anzurufen und ihn zu bitten, sie gegen ein anderes Besatzungsmitglied auszutauschen.
Janine Hare war eine zartgebaute, dunkelhäutige Terranerin von knapp zwanzig Jahren. Sie hatte eine raumfahrttechnische Grundausbildung absolviert und gerade vor der Frage gestanden, welchem speziellen Gebiet sie sich widmen sollte, als es hieß, daß an Bord der BASIS wegen der bevorstehenden Reise nach Norgan-Tur einige Plätze neu besetzt werden sollten. Ohne große Hoffnung hatte Janine sich gemeldet. Zu ihrer Überraschung hatte man ihre Bewerbung akzeptiert und sie dem Beibootpersonal
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