109 - Kastell des Dämons
provozieren. Er kniff ihr in den Po.
Die Schwedin
zuckte kaum merklich zusammen. „Na warte“, zischte sie. „Das zahl’ ich dir
heim.“
„Wie bitte?“
Dorotyh Freely hob den wohlfrisierten Kopf, und ihre dunklen Augen blitzten.
„Sie haben etwas gesagt, May?“
„Ja, Madam.
Ich fragte den Herrn, ob er noch eine Tasse Tee möchte.“
„Ja, gern“,
lächelte Larry. „Der Tee ist ausgezeichnet und wunderbar heiß.“ „Dieses
Kompliment gilt Ihnen, May“, sagte William Freely.
„Danke, Sir!
Ich weiß das zu schätzen.“ Der Blick, den sie dabei ihrem Freund und Kollegen
Larry zuwarf, sprach Bände, wurde aber von Freely offensichtlich nicht
registriert. X-RAY-3 kannte diesen Blick, und ihm schwante nichts Gutes.
●
Larry nutzte
die einmalige Gelegenheit, hier Gast zu sein und fragte auch nach dem
Nachbargrundstück. Er ließ durchblicken, daß er einiges über das Kastell und
den Dämon, der dort hausen sollte, gehört hätte.
William
Freely winkte ab. „Dummes Geschwätz! Wir leben seit einem halben Menschenalter
hier. Uns haben die Gespenster noch nichts getan.“
Larry fühlte
Mornas Blick. Er sah sie an und erkannte, daß hier etwas nicht stimmte.
●
Es dämmerte,
als er das große Haus verließ. Morna begleitete ihn zur Tür.
„Er hat
gelogen“, raunte sie, züchtig neben ihm hergehend. „Jenifer hat mir erzählt,
daß ihre Tochter im Geisterhaus drüben gewesen ist. Sie kehrte zurück und wurde
todkrank. Und jetzt tun sie so, als gäbe es dort überhaupt keine Gefahr. Mit
Freely ist etwas oberfaul!“
„Was hast du
für einen Eindruck von ihm?“
„Er scheint
ein geselliger und umgänglicher Typ zu sein, mehr als seine Frau. Zumindest ist
er interessiert daran, Gäste im Haus zu haben. Und dazu bietet sich ihm wenig
Gelegenheit. Daß er die seltene Pflanze fand, war sicher eine Wohltat für ihn.
Kurz: ein bißchen steif, wie sie auch. Militärisch, konservativ. Ich kann ihn
mir gut mit Regenschirm und Melone vorstellen.“
„Gut
beobachtet, Schwedenfee!“
„Und nun
mach’s gut!“
Er blieb kurz
stehen, als warte er auf etwas.
„Was ist,
warum verschwindest du nicht?“
Er nieste und
griff nach seinem Taschentuch, um sich die Nase zu putzen. „Ich habe erwartet,
du würdest dich rächen.“
„Für den
Kneifer? Darauf kannst du Gift nehmen! Aber nicht hier und nicht jetzt, das
passiert zu einem Zeitpunkt, wo du garantiert nicht mehr daran denkst.“
„Du hast ja
direkt eine sadistische Ader.“
Er ging, sich
mit einem höflichen Nicken verabschiedend. Morna schloß das Tor.
Vom Haus aus
wurden sie beobachtet. In seinem Zimmer hinter dem Vorhang stand Amos, der
Butler, und blickte auf sie herab.
●
Er gab es
auf.
Seit drei
Stunden grub er. Dies war die dritte Grube, die er aushob, und er stieß nicht
auf den Gegenstand, den er suchte.
Douglas
Learmy kehrte ins Haus zurück.
Es war dunkel
und kühl geworden. Im Kamin knisterten die Buchenscheite. Einen Ofen gab es
auch, und auch in dem brannte bereits seit einer guten Stunde Feuer, Er machte
sich eine Konserve warm, die er mitgebracht hatte, und löffelte den Inhalt aus
der Dose.
Der Mann
starrte ins Feuer und hing seinen Gedanken nach. Draußen wurde es dunkler.
Es war
unheimlich, wie ruhig die Welt ohne Maschinen, Autos und Vergnügungsstätten
sein konnte, in denen die Menschen verkehren zu müssen glauben.
Um acht Uhr
war es stockfinster.
Der warme,
tanzende Schein des Feuers tauchte das Zimmer in anheimelndes Licht und die
Gegenstände > wurden im Wechselspiel zwischen hell und dunkel lebendig.
Es gab etwas
Besonderes in diesem Haus. Das wußte er. Aber den anderen war es offenbar
entfallen. Ihnen kam es nur auf die Gespenstergeschichte an, die diesem Haus
anhaftete.
Learmy
lächelte verloren vor sich hin. Er würde ’ne tolle Story daraus machen. Was er
hier ausgrub - im wahrsten Sinn des Wortes, würde ein Geheimnis freilegen,
worüber die vergangene Generation sich schon Gedanken gemacht hatte.
Wie war Doña Carmen
gestorben? Warum war sie gestorben? In der Geschichte des Hauses Dunnerdon war
darüber kein Wort zu finden. Es gab nur Andeutungen. Er hatte versucht, aus
diesen Andeutungen zu lesen. Halbe Hinweise führten ihn hierher, und der Mord
an Conny Sallinger schien in das Bild zu passen, das er anfing sich zu machen.
Er hatte sich
gründlich auf seine Anwesenheit hier vorbereitet. Auch das Gespräch mit dem
Wirt in dem Gasthaus in Moorhead gehörte dazu.
Im
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