109 - Kastell des Dämons

gekommen sei. Lady
Carmen of Dunnerdon sei von ihrem Mann, der plötzlich den Verstand verloren
habe, ermordet worden.
    An sechs
verschiedenen Stellen im Park hat er ihre zerstückelte Leiche vergraben.
Unbekannter Historiker.
    Diesem
unbekannten Historiker, der wie die Brüder Grimm durch die Lande gezogen und
die Erzählungen der alten Leute in den abgelegenen Dörfern zum ersten Mal
schriftlich festgehalten hatte, glaubte Learmy mehr als allen anderen
Hypothesen.
    Deshalb also
das Graben im Park!
    Drei Gruben
hatte er aufgeworfen, aber es sah nicht so aus, als ob er Erfolg gehabt und das
gefunden hätte, was er suchte.
    Auf der
letzten Seite seines Tagebuches schrieb Learmy: Es muß die Gräber geben.
Aufgrund der Hinweise in dem Bericht des Unbekannten habe ich den Meßstab
gefunden, den George Earl of Dunnerdon aus einem alten Spazierstock seines
Großvaters angefertigt hat. Danach beträgt die Tiefe der Grube zweimal die Höhe
des veränderten Spazierstockes. Aber es gibt sechs Gräber. Sie liegen nicht wie
die Glieder einer Kette nebeneinander. Sie liegen in einem bestimmten Winkel
zueinander und bilden einen Drudenfuß. Mittelpunkt dieses imaginären
Drudenfußes ist ein Baum, der inmitten einer Lichtung steht Das muß die Stelle
sein. Ein Drudenfuß aber hat fünf Zacken. Das entspräche fünf Gräbern. Wie paßt
das sechste dann in dieses Bild? Hat sich der Schreiber geirrt - und es gibt
statt der vermutlichen sechs nur fünf Stellen? Alles dreht sich um den Baum
inmitten der Lichtung, unmittelbar hinter der Terrasse des Hauses. In diesem
Zusammenhang scheint auch ein alter Reim von Bedeutung zu sein, den die Kinder
vor fünfzig und sechzig Jahren hier in der Umgebung sangen und dessen Sinn
heute kein Mensch mehr versteht. Die meisten Alten sind tot, weggezogen oder
können sich nicht mehr erinnern. Der Reim lautet etwa folgendermaßen:
    Komm und sieh
die junge Buche. Inmitten von Grün. Komm, nimm den Stab der Ahnen und du wirst
schon seh'n. Zweimal die Länge nach Süden, dann geh - und seh!
    Was kann man
sehen: Grab Nummer eins? Ich hab's versucht. Nichts hab‘ ich gefunden. Was hab’
ich falsch gemacht?
    Douglas
Learmy war überzeugt von den Hinweisen, aber er suchte den Fehler für den
Mißerfolg nicht etwa darin, daß alles nicht stimmen konnte, sondern ganz allein
bei sich selbst.
    Ich habe
einen Fehler gemacht! schrieb er.
    Doch der
junge Reporter hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, diesen Fehler zu suchen.
Der Tod war schneller gewesen.
    War er auf
dem richtigen Weg?
    Larry griff
nach dem Spazierstock, in den geheimnisvolle Kerben geschnitzt waren. Der
gekrümmte Griff war vor langer Zeit abgeschnitten und durch einen bronzenen
runden Knauf ersetzt worden.
    Zweimal die
Länge, ging es X-RAY-3 durch den Kopf. Das entsprach etwa einer Tiefe und einer
Entfernung von rund zwei Metern.
    Das mit dem
Stock war eine geheimnisvolle Geschichte. Stock und Reim aus dem Volk ergaben
einen Sinn - oder auch keinen.
    Brent erhob
sich. Er nahm außer dem Stock den Spaten mit, den Learmy mitgebracht hatte. Die
dunkle Erde am Blatt war verkrustet.
    Der PSA-Agent
verließ das Haus, stiefelte über die Terrasse und erreichte die Lichtung, auf
der Learmy gestern gegraben hatte.
    Die drei
Gruben, die er ausgehoben, lagen in einem bestimmten Winkel zueinander. So
gesehen, bildete die Buche inmitten des angedeuteten Kreises, den er mit seinem
Stab gezogen hatte, einen fünfzackigen Stern.
    Die Gruben
entsprachen genau der verlangten Tiefe. Larry Brent maß nach.
    Aber Learmy
war nicht auf Spuren gestoßen, die darauf schließen ließen, daß hier
menschliche Gliedmaßen verscharrt worden waren.
    Komm, such
die Buche, ging es ihm durch den Kopf. So ähnlich lautete der Reim. Nein: such
die junge Buche . . .
    Er dachte
darüber nach, während er gedankenverloren in der Grube stocherte. In der Nacht
hatte es geregnet. Die lockere, fast schwarze Erde hier im Park war an den
Seiten abgespült worden.
    Astwerk ragte
wie ein überdimensionales Spinnennetz aus dem Boden.
    Auch darin
stocherte X-RAY-3 herum, während er den Blick schweifen ließ, um festzustellen,
nach welchem System Learmy weiter vorgegangen war. Die Abstände zwischen den
einzelnen Gruben betrugen ebenfalls genau zwei Längen des geheimnisumwitterten
Stockes.
    Die Erde, in
der Larry stocherte, bröckelte und krümelte ab. Weißlich schimmerte etwas aus
der Wand.
    Im ersten
Moment nahm X-RAY-3 das gar nicht wahr.
    Als er den
Stock aus der Grube zog und sich