109 - Via Diavolo - Straße des Bösen
nie alle seine Fähigkeiten ausgespielt.
Er verlangte von einem der Gladiatoren: »Gib mir dein Schwert.«
Der Mann übergab es ihm wortlos, mit dem Griff voran.
»Du hast also dazugelernt«, sagte Clessius grollend.
»Ja, Herr.«
»Das will ich sehen«, sagte der Echsendämon und streckte dem Kämpfer sein Schwert entgegen. Es blitzte gefährlich in Clessius’ Augen. »Zeig mir, was du kannst!« verlangte er. »Ich hoffe für dich, daß es mir genügt, sonst ist dies dein letzter Kampf!«
Der Gladiator erschrak.
Clessius lachte. »Ja, du kämpft um dein Leben«, sagte er, und dann griff er den Mann an.
Der Kämpfer parierte den Schlag erschrocken. Er begriff, daß er alles in die Waagschale werfen mußte. Clessius meinte ernst, was er sagte.
Der Gladiator nahm sich zusammen. Er rief sich ins Gedächtnis, was ihm Clessius beigebracht hatte, und zu Beginn des Kampfes hatte er auch einige gute Momente, doch er konnte das kräfteraubende Tempo nicht halten.
Er wurde zu schnell müde und oberflächlich. Erst als Clessius ihn mit dem Schwert geringfügig verletzte, erschrak er und nahm sich wieder etwas mehr zusammen.
Doch bald stellten sich neue Fehler ein, und Clessius wurde immer ärgerlicher.
»Du kannst nichts!« fauchte der Dämon. »Du bist eine Schande für meine Gladiatorenschule. Ich kann dich nicht gebrauchen. Dies ist dein letzter Kampf!«
Immer wilder drang Clessius auf den Kämpfer ein. Der Mann wehrte sich verzweifelt, doch er geriet mehr und mehr ins Hintertreffen.
Die Schwerthiebe vermochte er nur noch mit Mühe und Not zu parieren, und schließlich kam der Hieb, der nicht ausbleiben konnte.
Der Gladiator war zurückgewichen, war mit den Sandalen an einer Bodenunebenheit hängengeblieben und gestürzt. Verzweifelt hatte er versucht, das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
Beide Arme hatte er hochgerissen, und Clessius’ Klinge sauste auf seinen Schwertarm zu. Der getroffene Kämpfer brüllte auf. Sein Schwert fiel in den Sand.
Aber nicht nur sein Schwert.
Auch sein Arm!
***
Mr. Silver mußte sich geschlagen geben. Er hätte es mit sämtlichen Gladiatoren aufnehmen können, wenn sie mich nicht in ihre Gewalt gebracht hätten.
Es ist ein scheußliches Gefühl, einen Dolch am Hals zu spüren. Wenn ich nicht wollte, daß der Gladiator durchzog, mußte ich so artig und folgsam wie selten sein.
Der Ex-Dämon warf mir einen kummervollen Blick zu.
»Vorläufig wird nichts geschehen«, sagte ich. »Vorausgesetzt wir tun, was man von uns verlangt.«
»Ich werde nichts unternehmen, was dein Leben gefährden könnte, Tony«, sagte Mr. Silver ernst.
»Vorwärts!« kommandierten die Gladiatoren. Ein Stoß traf meine Schulter, und ich setzte mich in Bewegung.
Mir fiel auf, daß Mr. Silver sehr angespannt war. Er hätte mich gern aus meiner unangenehmen Lage befreit, aber der Kämpfer mit dem Dolch schien zu wissen, da der Ex-Dämon ein äußerst gefährlicher Gegner war, und er war deshalb ganz besonders auf der Hut.
Sie führten uns zu einem großen, breiten Tor. Über die Mauer flog Kampflärm, und dann hörte ich den Todesschrei eines Mannes.
Mein Magen wurde zu einem Klumpen. Mein Herz schlug immer schneller. Einer der Gladiatoren trat vor und hämmerte mit seinem Schwertgriff gegen das Tor.
Allmählich wurde mir die Kehle eng. Ich kam mir vor wie ein Delinquent, der zur Hinrichtung geführt wird.
***
Der Gladiator starrte entsetzt auf seinen Armstumpf. Clessius stieß das Schwert gleichgültig in den Boden.
Dämonen kennen kein Mitleid.
»Warum, Herr?« jammerte der Kämpfer. »Warum hast du das getan? Ich wollte lernen…«
»Du hast nichts angenommen. Du taugst nichts. Ich habe keine Verwendung für dich!« sagte Clessius hart. Auf seinen Wink eilten zwei Kämpfer herbei. Schweiß glänzte auf ihrer sonnengebräunten Haut.
»Bringt ihn fort!« befahl ihnen Clessius.
Sie packten den Verletzten. »Wohin?« wollte dieser erschrocken wissen. »Wohin sollen sie mich bringen?«
»Zu den Löwen!« sagte der Dämon ungerührt.
»Neiiin!« schrie der verletzte Gladiator. »Gnade, Herr, Gnade!«
»Schafft ihn mir aus den Augen!« verlangte Clessius, und die beiden Männer schleiften den Verurteilten fort.
Er wehrte sich verzweifelt. Er schrie und jammerte, wollte sich losreißen, doch die kräftigen Kerle hielten ihn sicher im Griff. Über eine Freitreppe führten sie ihn zu einer steinernen Plattform.
Er machte keinen Schritt mehr, und er machte sich so schwer wie möglich. Die
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