1094 - Der Mann aus Haiti
von der Zukunft?" fragte Eartha ungläubig.
„Mein Gehirn besitzt einen Anhang aus enzephalophilem Hyperplasma, das ein ndimensionales Feld aufbauen kann. Dieses Feld ist wie das Netz eines Fischers, nur fängt es keine Fische, sondern Gedanken aus Zukunft und Vergangenheit." Lussi lächelte rätselhaft. „Natürlich ließe sich mit einem wahllos zugänglich gemachten Gedankenwirrwarr nichts anfangen, deshalb programmiere ich das Feld so, daß es in der Art eines Zufallsgenerators wirkt, der auf die Rückführung deines Traumas in die Vorstellungen der Ursachen sorgt."
„Und was hat die Zukunft damit zu tun?"
„Da Vergangenheit und Zukunft gleichzeitig existieren, wirst du zwangsläufig auch mit Vorstellungen der Zukunft konfrontiert werden, die in irgendeiner Weise von den Ursachen deines Traumas abhängen. Du kannst immer noch umkehren."
Eartha schüttelte den Kopf.
„Nein, ich muß dieses Trauma loswerden - schon um des Kindes willen, das ich erwarte."
„Es ist gut, Bella. Wir können anfangen. Komm her!"
Eartha ging vertrauensvoll auf die kleine Hybridin zu, ließ sich von ihr in eine weiche grüne Mulde führen und legte sich hinein. Lussi streichelte sie, bis Eartha sich völlig entspannt hatte, dann fuhr sie hohle Krallen aus ihren Fingerspitzen und ritzte ihre Haut.
Eine Decke aus Dunkelheit breitete sich über ihr aus. Sie verlor allmählich das Gefühl ihrer physischen Existenz.
Dann, urplötzlich, saß sie wieder neben ihrem Partner Simoi Lurdeen vor den Kontrollen ihres Prospektorenschiffs - und sie sah mit kristallener Klarheit voraus, was in den nächsten Sekunden geschehen würde.
Simoi und sie waren seit Jahren zusammen und suchten nach seltenen Mineralen, die wertvoll genug waren, daß sich die Ausbeutung natürlicher Lagerstätten lohnte.
An diesem schicksalhaften Tag vor drei Jahren war es zu jenem Zwischenfall gekommen, den sie nun erlebte, als wäre sie in die Vergangenheit gereist, und von dem sie gleichzeitig wußte, daß es nur ein Nacherleben war, an dem sie nichts ändern konnte.
Sie schloß die Augen, als die schrecklichen Sekunden abliefen, in denen Simoi und sie erkannten, daß eine Fehlfunktion des Steuercomputers zur Kollision ihres Schiffes mit dem Kopf eines Kometen führen mußte.
Damals war sie drei Monate später gefunden worden, in einer Rettungskapsel schockgefroren. Sie hatte sich nach der Wiederbelebung nicht daran erinnern können, wie sie in die Kapsel gekommen war und was aus Simoi geworden war.
Deshalb öffnete sie dieses Mal die Augen weit, in der Hoffnung, die gedankliche Rekonstruktion möge ihr zeigen, wie ihre damalige Rettung zustande gekommen war, denn die Erinnerungslücke war die eigentliche Ursache ihres Traumas.
Und sie sah etwas!
Da waren die Hyaden, jener Sternenstrom, der sich mit gleichgerichteter und gleichschneller Bewegung seiner alten roten Sonnen in Richtung Beteigeuze im Orion bewegte und in dem sie die verhängnisvolle Begegnung mit dem Kometen ereilt hatte, in dessen Kopf sie fündig zu werden gehofft hatten.
Doch da war noch etwas! Ein leuchtender und funkelnder Strom von Meteoriten, der die Hyaden schräg durchquerte.
Doch wieso konnten Meteoriten im Vakuum des Alls leuchten und funkeln?
Und während ihr Schiff barst und sie dachte, daß das der Tod sei, glaubte sie einen fernen an- und abschwellenden Gesang zu hören. Plötzlich wußte sie, daß sie gerettet werden würde, aber ihrem Schicksal dennoch nicht entkommen konnte. Abwehrend hob sie die Hände vors Gesicht.
Etwas streifte sie und schleuderte sie auf ein unbekanntes Ziel zu. Sie schrie, als nur noch Dunkelheit um sie war.
Als die Dunkelheit von ihr weggezogen wurde, kniete Lussi neben ihr. Die Pupillen ihrer Katzenaugen waren weit geöffnet, und ihre schwarze Haut hatte sich mit einem ölig glänzenden Film bedeckt.
Eartha lag da und überlegte, ob ihr ein Teil ihrer Persönlichkeit fehlte. Doch sie vermochte keine Veränderung in ihrem Innern zu erkennen.
„Du bist der erste Patient, dessen Geist sich nicht an mich zu klammem versuchte", sagte Lussi.
Eartha war beruhigt - und beunruhigt zugleich. „Was bedeutet das?"
„Das müßt du selbst herausfinden, Bella."
„Ich weiß immer noch nicht, wie meine Rettung zustande kam und was aus Simoi geworden ist. Nein, jetzt bin ich sicher, daß er den Unfall nicht überlebt hat. Er kann es nicht gewesen sein, der mich in die Rettungskapsel steckte und die Schockgefrierautomatik einschaltete. Also hat jemand
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