1096 - Baphomets Henker
in meinem kleinen Tresor im Schlafzimmer. Mehr konnte ich nicht tun…«
Angela hatte stumm zugehört. Sie hatte auch kein Wort vergessen, und sie schaute ihren blaß gewordenen Mann aus bewegungslosen Augen an. Er saß auf seinem Stuhl wie ein Delinquent, der darauf wartet, zur Hinrichtung geführt zu werden.
Dann schüttelte sie den Kopf.
»Was meinst du damit?« fragte er.
»Ganz einfach, Basil, du wirst es nicht tun.«
»Keine Chance, Darling, ich habe mich einmal entschlossen. Es ist wirklich besser. Oder willst du, daß ich sterbe?«
»Noch leben wir.«
»Ja, noch. Aber die andere Seite wird keine Rücksicht darauf nehmen, ob sie eine Frau oder ein Kind umbringt. Das ist diesen Menschen, die dem Bösen verfallen sind, gleichgültig. Sie kennen nur ein Ziel. Die Macht des Dämonen Baphomet verbreiten. Sie sind es, die irgendwann einmal die Welt beherrschen wollen. Darauf arbeiten sie hin, und bisher hat sie noch niemand stoppen können.«
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es. Außerdem brauchst du nur an die verdammten Anrufe zu denken.«
»Sie werden aufhören, Basil. Sie müssen aufhören. Sie werden es nicht schaffen, uns auseinanderzubringen. Das mußt du mir glauben. Wir machen es gemeinsam…«
Basil hatte etwas sagen wollen, aber das Telefon war schneller. Es klingelte wieder.
Basil wollte aufspringen, doch Angela war schneller. »Wenn er das ist, dann…«
»Bitte, mach keinen Fehler.«
Sie hörte nicht und riß den Hörer hoch. »Ja, wer ist da?«
Zu sagen brauchte sie nichts mehr, denn Basil sah ihrem Gesicht an, wer der Anrufer war. Angela verlor den letzten Rest an Farbe, und sie begann auch zu zittern. Schlagartig war es mit ihrer Beherrschung vorbei. Diese Veränderung sorgte Basil. Wenn ein Mensch so reagiert, muß er etwas Schreckliches erfahren haben.
Angela sprach nicht normal. Sie stimmte hin und wieder mit einem knappen »ja, ja« zu und flüsterte schließlich. »Ich habe verstanden. Ja, ich warte, bis später…«
Als Angela aufgelegt hatte, ging sie mit steifen Bewegungen wieder zurück zum Tisch und setzte sich auf ihren Platz. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Der Mund zitterte. Die Handflächen bewegten sich fahrig über die Tischplatte hinweg.
»Was ist denn?« flüsterte Basil. »Er war es wieder.«
»Das dachte ich mir. Und…?«
»Er hat Amy!«
***
Das war der Schuß, der Treffer, der Schock und zugleich der Beweis dafür, wie ernst es dem Unbekannten war. Keiner der beiden war in der Lage, etwas zu sagen. Sie saßen stumm am Tisch und starrten sich nur an. Basil entdeckte die Tränen in den Augen seiner Frau, und das schlechte Gewissen brachte ihn fast um.
»Ich wollte es nicht«, flüsterte er.
Angela wischte mit den Fingern über ihre Augen. »Das weiß ich, Basil. Ich mache dir auch keinen Vorwurf, aber du hättest mich früher ins Vertrauen ziehen können. Dann wäre es möglicherweise anders gekommen. Ich weiß auch, daß es kein Bluff ist. Er hat Amy an der Schule abgefangen. Er hat mir genau beschrieben, was sie anhat, aber er hat mir nicht gesagt, wo sie jetzt ist. Er wird später noch einmal anrufen und uns dann fragen, ob du es dir überlegt hast, Basil.«
»Wann später?«
»Keine Ahnung. Vielleicht am Abend oder so.«
Basil senkte den Kopf. Er hätte so gern etwas Tröstliches gesagt. Er war blockiert. In einer Lage wie dieser war es einfach unmöglich, ein Wort hervorzubringen. So starrte er auf die Tischplatte. Gedanken huschten durch seinen Kopf, doch er konnte sie nicht ordnen. Sie waren nur Bruchstücke.
»Hat er noch etwas gesagt?«
»Nein, das hat er nicht. Und ich werde auch Joey nicht in die Schule gehen lassen. Nachdem ich Bescheid wußte, habe ich so etwas befürchtet, Basil. Ich traute mich nicht, es auszusprechen, aber wir müssen uns damit abfinden, daß er sie hat.«
Basil Bassett nickte sehr schwerfällig. Die Welt kam ihm auf einmal düster vor. Alles war eingepackt in ein finsteres Grau. In der Mitte jedoch sah er das Gesicht seiner neunjährigen Tochter Amy.
Ein Kind, das sehr auf seine Mutter herauskam. Es hatte die gleichen Haare wie sie, die gleichen Augen und… und… und…
Angela weinte nicht. Sie nickte noch immer wie eine Statue, doch ihr war anzusehen, daß sie nachdachte und schließlich auch zu einem Entschluß kam, denn sie sprach ihren Mann an.
»Wir werden etwas tun müssen, Basil. Wir können nicht untätig hier herumsitzen und warten. Ich weiß nicht, wann er wieder anrufen wird, doch wie ich
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