1098 - Das brennende Gesicht
darum.
Er wollte zu Wazlaw und ebenso wie Ole mitten in die Flammen hineinlaufen. Die Rache des Piraten war noch längst nicht gestillt.
Zu lange hatte das Böse in ihm warten müssen.
Schwankend lief Jan los.
Auf mich achtete er nicht mehr. Er sah auch nicht, wie ich von der Seite her auf ihn zulief und ihm ein Bein stellte.
Fast sah der Bocksprung des jungen Mannes schon lächerlich aus.
Ich hatte mein erstes Ziel erreicht. Jan schaffte es nicht mehr, auf den Beinen zu bleiben. Er griff noch haltsuchend um sich und landete auf dem Bauch.
Das Feuer hatte den Schnee in der Umgebung weggetaut. Der Boden war nur noch naß. Auf ihm rutschte Jan Michels ein Stück weiter auf die Flammen zu, die ihn bereits erwischten und ihr Spiel aus Licht und Schatten über seinen Körper gleiten ließ.
Jan Michels war nicht lange irritiert. Er wußte genau, was er wollte. Wie eine Katze sprang er auf. Sein Mund klaffte weit auf, und mit ebenfalls weit aufgerissenen Augen stierte er in das Feuer.
Als er startete, war ich bei ihm.
Diesmal erwischte ich ihn härter. Mein Schlag fegte ihn zur Seite.
Er rollte auf den Rücken, sah mich vor sich stehen und auch, wie ich den Kopf schüttelte.
In seiner Wut trat er nach mir, ohne mich zu treffen, und ich schüttelte wieder den Kopf.
Jan sprang hoch.
Darauf hatte ich gewartet. Diesmal war ich schneller, griff zu und holte mit der freien Hand aus.
Die nach unten rasende Handkante war wie ein Hammer. Sie erwischte den Nacken des Jungen genau an der richtigen Stelle.
Der Junge hatte sich an meiner Jacke festgeklammert. Jetzt, als ihn der Schlag erwischt hatte, wurde der Ausdruck in seinen Augen plötzlich leer, und der in seinem Gesicht ebenfalls. Er war von Wazlaws Geist noch nicht so stark vereinnahmt worden. So reagierte er wie jeder andere Mensch auch.
Vor meinen Füßen brach er zusammen und blieb bewußtlos liegen. Ich wußte, daß dies noch eine Weile anhalten würde, und konnte mich endlich um das brennende Gesicht kümmern.
Es blieb beim Vorsatz, weil mir ein anderer zuvorkam und schneller war.
Die Magie des Piraten mußte auch den Pfarrer erwischt haben.
Peter Michels war zu einer schwankenden Gestalt geworden, als er auf das flammende Ziel zuging.
Er sprach dabei. Er rief seine Worte laut, und sie klangen abgehackt. »Ich weiß, daß wir dich in der Vergangenheit hintergangen haben. Wir, die Menschen von Sylt. Aber ich will nicht, daß jemand anderer darunter zu leiden hat. Die Menschen von heute haben nichts damit zu tun. Mein Vorgänger ist es gewesen, der sie aufgehetzt hat, und deshalb werde ich für ihn die Buße und deine Rache annehmen…«
Ich hatte die Worte gehört und fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen. Was Peter Michels da vorhatte, war der reine Wahnsinn.
Das konnte ich nicht zulassen.
»Bleiben Sie stehen!« brüllte ich gegen seinen Rücken.
Er lachte nur. »Nein, diesmal nicht. Ich trage die Schuld ab. Ich bin nicht mehr feige. Ich habe mich entschlossen!«
Verdammt noch mal. Ich hatte zwei Menschen verbrennen gesehen. Einen in London, den anderen hier, und ich wollte nicht noch ein drittes Opfer haben.
Auch wenn der Pastor das Feuer schon fast erreicht hatte, ich wollte ihn noch haben. Ein zweites Mal zu rufen, hatte keinen Sinn.
Es galt zu handeln.
Ich nahm auch keine Rücksicht auf mich. Mit langen Schritten hetzte ich hinter Peter Michels her. Er war schon verdammt nahe am Rand der Flammen, und er hatte dabei seine Arme ausgebreitet, wie jemand, der vor einem Altar steht und betet. Aber er blieb nicht stehen, sondern ging. Sein Blick war dem brennenden Gesicht ebenso entgegengerichtet wie der meine.
Es tanzte im Feuer. Es hatte sich verzerrt. Einen größeren Triumph konnte niemand zeigen. Der Ausdruck wiederum bewies mir, daß der Pirat das Opfer angenommen hatte.
Höchstens drei Schritte mußte Michels noch gehen, dann konnte er sich in die Flammen werfen.
Ich spürte ihre Hitze. Sie waren einerseits normal, andererseits hatten sie einen dämonischen Antrieb. Mir war es schon öfter gelungen, Feuer mit dem Kreuz zu löschen, wenn die Magie darin größer war als die Normalität.
Aus der Bewegung heraus warf ich mich gegen den Rücken des Pastors. Ich hatte versucht, ihn zurückzureißen. Noch im allerletzten Moment weg vom Feuer, aber das war nicht mehr gelungen. Im Gegenteil. Mein Anprall hatte wie ein Stoß gewirkt und ihn noch weiter nach vorn gedrückt.
Er fiel in das Feuer.
Und ich ebenfalls…
***
In solchen
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