1098 - Der steinerne Bote
Fahrzeug aufzunehmen, war unternommen worden und ebenso wie die vorhergehenden gescheitert. Vania Letoq bediente sich dazu eines Hilfsaggregats, da das Komsystem noch nicht wieder voll betriebsfähig war. Es war denkbar, aber nicht wahrscheinlich, daß zwischen der terranischen Funktechnik und der des Fremden ein wesentlicher Unterschied bestand, der eine Verständigung unmöglich machte. Tedr Kosmas glaubte nicht daran. Das geschoßförmige Raumschiff näherte sich in feindlicher Absicht. Es hatte die Funksprüche der NARDU wohl empfangen, aber der gegnerische Kommandant legte keinen Wert auf den Austausch von Funksignalen. Tedr war es recht. Er hatte getan, was die Vorschriften der Kosmischen Hanse forderten. Wenn dem anderen an einer Verständigung nichts lag, dann war es seine Schuld.
Als der Abstand der beiden Schiffe sich verringerte, gelang es den Tastern, die Ausmaße des fremden Fahrzeugs zu bestimmen. Der Rumpf hatte eine Länge von 300 Metern und war im Mittelteil, wo sein Querschnitt über eine Strecke von 100 Metern konstant blieb, 75 Meter dick. Es war ein mächtiges Schiff, wesentlich beeindruckender in seinen Dimensionen als die kompakte, kugelförmige NARDU. Man konnte es verstehen, daß der Gegner sich überlegen fühlte. Die Art, wie er mit unverminderter Geschwindigkeit auf den Terraner zuhielt, ließ erkennen, daß er keinen ernstzunehmenden Widerstand erwartete.
Der Angriff begann ohne jede Vorwarnung. Auf der Orterbildfläche schien der Reflex des gegnerischen Fahrzeugs sich für den Bruchteil einer Sekunde aufzublähen. Im selben Augenblick begannen die Schutzschirme der NARDU zu flackern. Der Fremde hatte seinen ersten Schuß aus einer Entfernung von mehr als einhundert Lichtsekunden abgefeuert.
Tief drunten im Leib der NARDU heulten die Schirmfeldgeneratoren auf, während der Angreifer das terranische Schiff mit einem mörderischen Feuerhagel überschüttete. Die Feldschirme flammten und lohten in allen Farben des Spektrums. Die Kugelzelle der NARDU zitterte, als an einigen Stellen Durchschläge erfolgten. Der Gegner setzte kompromißlos sein gesamtes Arsenal ein. Seine Waffen waren ähnlich der terranischen Transformkanone. Projektile wurden durch überlichtschnelle Transportfelder praktisch zeitverlustfrei ans Ziel und zur Detonation gebracht. Die Sensoren auf der Außenhülle der NARDU registrierten massive Ströme ultraschneller Neutronen, die sich in den Feldschirmen fingen und zu Tode liefen. Die Gesamtenergie des Feuerüberfalls hätte ausgereicht, einen Planeten herkömmlicher Größe und mittlerer Siedlungsdichte zu entvölkern.
Das hyperenergetische Gewitter erstarb so plötzlich, wie es entstanden war. Die lodernden Flammen, die durch die Feldschirmhülle tobten, sanken in sich zusammen.
Drunten ging das aufgeregte Jaulen der Generatoren in langsam ausklingendes Brummen über. Der Fremde war knapp einen Mondbahnradius entfernt. Er hatte scharf abgebremst, um nicht über den Standort der NARDU hinaus vorzuprellen. Tedr Kosmas versuchte sich vorzustellen, welche Gedanken in diesem Augenblick durch das Bewußtsein des fremden Kommandanten gehen mochten. Ohne Zweifel hatte er erwartet, anstelle des terranischen Schiffes nur noch ein ausgeglühtes Wrack zu sehen.
„Er schleust Bordfahrzeuge aus!" rief Vania Letoq.
Tedr beugte sich über die Bildfläche des Orters. Drei winzige Reflexe hatten sich aus dem Ortungsschatten des geschoßförmigen Raumschiffs gelöst. Sie beschleunigten mit hohen Werten und hielten geradewegs auf die NARDU zu.
„Er will uns entern!" stieß Tedr hervor. Seine Überraschung war nicht von langer Dauer. Ein fröhliches Grinsen huschte über sein Gesicht. „Er will uns entern", wiederholte er. „Ah, aber das soll ihm schlecht bekommen!"
*
Als es weit im Hintergrund des Orterfelds von unerwartet auftauchenden Reflexen zu wimmeln begann, wußte Waylon Javier, was die Stunde geschlagen hatte. Im Lauf weniger Minuten wuchs die Zahl der fremden Raumschiffe auf über sechzig. Die neu hinzugekommenen Einheiten nahmen mit hoher Geschwindigkeit Kurs auf die BASIS.
Der Augenblick der Entscheidung war gekommen. Jetzt mußten die Terraner zeigen, was sie zu leisten vermochten.
Javier erteilte gelassen seine Befehle. Die Feldschirme der BASIS wurden aktiviert.
Die Autopiloten der Bordfahrzeuge, die noch auf die Einschleusung warteten, erhielten die Anweisung, nach Strukturlücken in den energetischen Schirmhüllen Ausschau zu halten. Fünf Schiffe
Weitere Kostenlose Bücher