1098 - Der steinerne Bote
Orter-Videos wurde mit lautem Beifall belohnt. Seth-Apophis' Hilfstruppen zeigten sich nicht. Die Hälfte der als Ziele definierten Bremsmateriekonzentrationen war bereits beseitigt. Die Begeisterung im großen, halbdunklen Rund der Zentrale kannte keine Grenzen mehr.
Zwei Stunden noch, und die BASIS war auf dem Heimweg nach Terra!
Nur einer war da, der sich an der allgemeinen Euphorie nicht beteiligte: Perry Rhodan.
Er empfand eine innere Unruhe, die ihm zu schaffen machte. Die Sache ging zu glatt.
Die Erfahrung zweier Jahrtausende hatte ihn gelehrt, daß kein noch so simples Unternehmen ohne unerwartete Schwierigkeiten ablief - und dieses Projekt war alles andere als simpel. Mit wehmütigem Lächeln erinnerte er sich an Murphys Gesetz, jene Sammlung von Weis- und Wahrheiten aus dem Alltagsleben frustrierter Ingenieure, die in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts formuliert worden war: Was schief gehen kann, geht schief!
Die BASIS steuerte ihr zweitletztes Ziel an. Diesmal tauchte sie drei Lichtstunden von der Materieballung entfernt aus dem Hyperraum auf. Ein lauter, quäkender Warnton brachte das Stimmengewirr der Kommandozentrale abrupt zum Verstummen.
„Achtung, hier kommt Ärger!" brummte Waylon Javier und musterte bestürzt und voller Sorge das hektische Blinken der Kontrollanzeigen. „Triebwerksleistung sinkend, Gravitraf-Speicher hoher Leistungsausstoß ... irgend jemand saugt uns die Energie aus dem Leib!"
Perry Rhodans Blick glitt blitzschnell über den Text der Schadensmeldung. Weitere Fehleranzeigen erschienen auf dem Bildschirm. Der Orter dagegen war ruhig. Kein fremdes Schiff befand sich in unmittelbarer Nähe der BASIS.
„Ich empfehle Feldschirme", sagte Waylon Javier.
„Warte noch ein paar Sekunden", wies ihn Perry zurück.
So also wollte Gerrnuk ihn hereinlegen. Er hatte seine Standorte weisungsgemäß geräumt - aber in der Nähe einiger von ihnen waren ausgedehnte energetische Felder zurückgeblieben wie dieses hier, das sich im Zustand negativer Anregung befand und Energie in sich aufsog wie ein trockener Schwamm das Wasser. Perry konnte nicht anders: Er bewunderte den gegnerischen Strategen. Wer mochte wissen, wie viele solcher Saugfelder insgesamt angelegt worden waren, welche Ausdehnung sie besaßen und wie groß die Wahrscheinlichkeit war, daß sich die BASIS in einem von ihnen fing. Das Pech und der Zufall, wie er zu Beginn des Unternehmens gesagt hatte, waren gegen die Terraner gewesen.
Unter Myriaden flackernder Lichter, die in grellem Rot leuchteten, erschien die grüne Bereitschaftsmeldung des Selphyr-Fataro-Geräts. Das Ziel war erfaßt. Perry betätigte den Auslöser.
„Wir kommen hier nicht mehr weg, wenn wir nicht sofort Abwehrmaßnahmen ergreifen", sagte Waylon Javier, den ein Teil seiner sonst unerschütterlichen Ruhe verlassen hatte.
Ein Blitz auf dem Orterschirm deutete an, daß das Geschoß im Ziel explodiert und die vorletzte Materieballung jenseits der Grenzen dieses Universums verschwunden war.
Perry hieb mit der geballten Faust auf eine Kommandotaste und übertrug dem Autopiloten die Lenkung des Schiffes. Der Computer wußte am besten, welche Maßnahmen zu ergreifen waren, um die BASIS vor den Auswirkungen des Saugfelds zu schützen.
Die flimmernde Hülle des HÜ-Schirms erschien auf der großen Videofläche. Bunte Schlieren und Strömungen kennzeichneten die Bereiche, in denen das fremde Energiefeld am intensivsten mit dem Feldschirm interferierte.
„Leistungsabfall bleibt konstant", meldete Waylon Javier monoton. „Gravitraf-Speicher laufen allmählich leer. Perry, es sieht böse aus ..."
Perry erteilte dem Autopiloten den Befehl, die BASIS auf Fahrt zu bringen - gleichgültig wohin, nur hinaus aus diesem vermaledeiten Saugfeld. Eine fremde Stimme schwang plötzlich durch die Weite des Kommandozentrale. Perry horchte auf, sah auf - und erblickte die hohe, schlanke Gestalt eines avenoiden Geschöpfs, das von einem der Bildempfänger zu ihm herabblickte. Er erkannte die Physiognomie nicht wieder, aber an den Markierungen des füllig geschnittenen Raumanzugs sah er, daß er Gerrnuk vor sich hatte.
„Du hast mich betrogen, Terraner", drang es in einwandfreiem Interkosmo aus dem Lautsprecher. Gerrnuk hatte keine Zeit vergeudet, seine Maschinen die Sprache des Gegners erlernen zu lassen. „Als du die Hoffnung aussprachst, unsere Wege möchten sich niemals wieder kreuzen, da wußtest du genau, daß dein Auftrag dem unseren zuwiderlief. Du
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