1099 - Das Kollektiv der Porleyter
Ärger schwand. Der Freund war in Gefahr. Gesil würde warten müssen. Mit der rechten Hand fuhr er zum linken Arm und fühlte unter dem Tuch der Montur den Ring der Kosmokraten, den er seit kurzem ständig trug.
„Ich komme", erklärte er knapp.
Eine Transmitterverbindung beförderte ihn zeitverlustfrei in die Kommandozentrale des Hauptquartiers Hanse. In einem Einsatzraum, der sich hoch unter der Kuppel des großen Kommunikationssaals befand und diesen durch eine große Glassitwand überblickte, fand er Reginald Bull mit den beiden Mutanten. Lloyd und der Ilt sahen mitgenommen aus. Sie wiederholten mit knappen Worten ihre Schilderung.
„Man kann die Sache nicht anders deuten", ächzte Fellmer Lloyd, dem das Sprechen Schwierigkeiten bereitete, „als daß Atlan dem verrückten Mongolen in die Hände gefallen ist. Baator steuerte den Gleiter bis unmittelbar vor die Energiewand der Aura, die damals schon ziemlich heftig pulsierte. Gucky und ich empfingen keinerlei Mentalimpulse aus Atlans Bewußtsein."
Perry preßte die Lippen gegeneinander, bis sie nur noch einen dünnen Strich bildeten.
Es gab mehrere Möglichkeiten, die Beobachtung des Mutanten zu deuten. Eine, die sich förmlich aufdrängte, trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn: Der Arkonide lebte nicht mehr.
„Welche Gegenmaßnahmen sind getroffen worden?" fragte er mit flacher, tonloser Stimme.
„Spezialtruppen sind auf dem Weg zum Platz. Ein Robotkommando begleitet sie. Wir wollen an den Gleiter heran, in dem Atlan sitzt. Die Schwierigkeit ist, daß es keine Kommunikation mit dem Gelände in unmittelbarer Nähe des Platzes mehr gibt. Die Aura erzeugt eine Funkbarriere mit einem Radius von mehr als einem Kilometer. Das Einsatzkommando handelt auf eigene Faust."
„Wer führt es?"
„Jen Salik."
Perry nickte zufrieden. Er hatte nichts anderes erwartet. Der Ritter der Tiefe war am ehesten dazu geeignet, mit den Schwierigkeiten fertig zu werden, die von der Aura der Porleyter ausgingen.
„Ich mache mich sofort auf den Weg", erklärte er. „Ich brauche einen leistungsfähigen Gleiter vor der Transmitterstation ..." Sein Blick fiel auf die leuchtende, flächenhafte Darstellung der Stadt Terrania an der rückwärtigen Wand des Einsatzraums. „... Bai Gaxun."
Ein mattes Grinsen huschte über Bulls Gesicht.
„Steht schon dort", sagte er. „Ich dachte mir, daß du diesen Weg wählen würdest."
Das Gefühl intensiver Dankbarkeit für die Umsicht des alten Freundes wärmte Perry das Herz. Aber er hatte keine Zeit zu verlieren, auch nicht für Worte des Dankes. Er schritt in Richtung der kleinen Transmitterstation. Bullys aufgeregte Stimme erreichte ihn, bevor er durch das flimmernde Energiefeld trat.
„Warte! Marek Hussan meldet sich."
Perry wandte sich um. Aus dem Empfänger drang, untermalt vom Geknatter der Störungen, die die Aura verursachte, die Stimme des Wissenschaftlers: „... haben den Platz verlassen. Evakuierung in vollem Gang. Atlan bleibt als einziger zurück. Er will..."
„Er lebt also!" brüllte Bull.
„Lebt?" echote Marek Hussan verständnislos. „Wer lebt? Atlan? Ja, natürlich. Er ist in Ordnung. Vorläufig. Man weiß nicht, wie die Sache sich weiter anläßt. Das Pulsieren der Aura wird von Minute zu Minute intensiver ..."
„Ich gehe", sagte Perry mit scharfer Stimme.
Im nächsten Augenblick war er verschwunden.
*
Langsam glitt er durch die Traube seiner Mitkämpfer, die ihn schützten, in die Tiefe.
Qumran-Fayed-Poghs Angriff war infolge der klugen Taktik der Verteidiger vorübergehend ins Stocken geraten. Lafsater-Koro-Soths Porleyter hatten begriffen, daß sie nur im Verband sicher waren.
Fayed jedoch ließ in der Intensität seiner Bemühungen nicht nach. Er mußte wenigstens zweihundert von Koros Anhängern unschädlich machen, bevor er an die Ausführung des eigenen Planes denken konnte. Die fremde Kraft wirkte noch immer.
Koro spürte sie, als er durch das Gewimmel der porleytischen Aktionskörper nach unten schwebte. Sie bediente sich der Mentalkräfte seiner Artgenossen und versuchte mit unerbittlicher Hartnäckigkeit, sie in den Selbstmord zu treiben. Das Getümmel war nach wie vor in vollem Gang. Niemand achtete auf Koro, der sich bemühte, so unauffällig wie möglich den Boden zu erreichen.
Nur einer wurde auf ihn aufmerksam: Wikora-Nono-Ors. Er befand sich an der unteren Peripherie der schwebenden Porleyter-Traube, weil Fayeds Angriffe dort am heftigsten waren.
„Haltet die Stellung",
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