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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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titulieren. Sagen Sie ganz eenfach immer nur Herr Kollege! Da kommen wir beede gleich am besten weg. Ich habe die fürschtlich epidemische Hofetikette niemals nich recht leiden gekonnt. Ihr Bier is nich übel. Warum wollen wir uns also den Appetit oder den Trinketit mit überschpannten und off die Schpitze geschraubten Neujahrschgratulationen verderben. Meenen Sie nich ooch?“
    „Ganz recht!“ nickte Helmers lachend. „Sie sind der Mann, der mir gefallen kann.“
    „Natürlich! Etwas herablassend und liberal muß jeder sein, der den richtigen, intelligenten Verschtand sich eingebildet hat. Was mich betrifft, so is mir das bei meiner fachmännischen Begabung gar nich schwergefallen; aber wo haben denn Sie eegentlich schtudiert?“
    „In Tharandt!“
    „Hab' ich mir's gleich gedacht, denn Tharandt is der Alba Vater für die Forschtpraktikanten der ganzen Welt.“
    „Wollten Sie etwas sagen Alma mater?“
    „Nee, ganz und gar nich. Versuchen Sie es nich etwa, mir an meinem klassisch hebräischen Latein herumzumäkeln, wie früher der dicke Jemmy es zu seinem eegenen Schaden tat! Wenn Sie das tun, da könnte unser schönes, penetrantes Verhältnis sehr leicht eene schlimme Wendung nehmen. Unsereener is ja Koryphäe und darf also so etwas nich dulden. Wo schteckt denn eegentlich unser guter Bloody-Fox?“
    „Er ist zu einem Gast von mir gegangen, um eine Erkundigung einzuziehen. Wo haben Sie ihn getroffen?“
    „Draußen am Bach, ungefähr eene Schtunde von hier.“
    „Ich dachte, Sie wären längere Zeit beisammen gewesen.“
    „Das is nich im mindesten nötig. Ich habe so etwas anziehend Sympathetisches an mir, daß ich immer sehr schnell mit aller Welt befreundet werde. Der Psycholog nennt das die Sympolik des Geschmacks- und der Gefühlsorgane, was leider nich jedermann gegeben is. Der junge Mann hat mir bereits seinen ganzen Lebenslauf off das geheimnisvollste anvertraut. Ich widme ihm die ganze Teilnahme meines öffentlichen Herzens und hoffe, daß unsere junge Bekanntschaft für ihn eene wirkliche Kalospinthechromohelene des Glückes werde. Wissen Sie nichts Näheres über ihn?“
    „Wenn er Ihnen seinen ganzen Lebenslauf erzählt hat, nein.“
    „Wovon lebt er eegentlich?“
    „Hm! Er bringt mir zuweilen einige Nuggets. Daraus schließe ich, daß er irgendwo einen kleinen Goldfund gemacht habe.“
    „Das will ich ihm gönnen, zumal er een Deutscher zu sein scheint. Es muß schrecklich sein, nich zu wissen, unter dem wievielsten Äquator die erschte Lebenswiege der betreffenden Persönlichkeet geschtanden hat. Wir zwee beede, Sie und ich, kennen dieses hippokratische Leiden freilich nich. Wir wissen glücklicherweise, wohin sich unsere heimatsvolle Sehnsucht zu richten hat, nämlich nach Deutschland – ‚dahin, dahin‘, wie Galilei so schön in seinem Mignonliede singt.“
    „Sie meinen wohl Goethe?“
    „Nee, ganz und gar nich! Ich weeß gar wohl zwischen Goethe und Galilei zu unterscheiden. Goethe gehört eener ganz anderen höhern Volksschule an. Er hätte solche gefühlvolle Reime gar nicht fertiggebracht. Galilei aber mit seinem Fernrohre und seiner Sehnsucht nach elegischen Kometen hat das richtige Tirolerheimweh getroffen, indem der dichtete:
    ‚Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Ums Schindeldach die jungen Schtörche ziehn?
Der Loobfrosch flötet abends im Geschträuch,
Und Lunas Bild schtrahlt aus dem nahen Teich.
Dort ist's gemütlich, drum dorthin
Schteht mir die Nase und schteht mir der Sinn!‘“
    Er hatte sich von seinem Sitz erhoben, die Verse deklamiert und mit Gesten begleitet. Jetzt sah er den Farmer erwartungsvoll an. Dieser mußte sich die größte Mühe geben, um ernsthaft zu bleiben. Da er kein anerkennendes Wort sagte, fragte Frank verdrießlich:
    „Es scheint, daß die Poesie keenen Eindruck off Sie macht. Haben Sie denn gar so een nüchternes Temperament?“
    „Nein, nein! Ich schwieg nur aus Verwunderung darüber, daß Sie die Worte des Dichters so genau und so lange Zeit behalten können.“
    „Das is weiter nichts. Was ich lese, das merk' ich mir. Und habe ich's ja vergessen, so verbessere ich's. Off diese Weise kann der Applaus gar nich ausbleiben.“
    „So sind Sie ja ein geborener Dichter!“
    „Ja, viel wird nicht daran fehlen!“
    „So beneide ich Sie. Ich habe einmal zwei volle Tage lang meinen Kopf gemartert, um zwei Reime zu einem Geburtstagsgedicht fertigzubringen – vergebens; ich konnte nicht Heureka! rufen.“
    „Hören Sie,

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