11 - Die Helden des Westens
warne. Also kommt.“
Er schritt voran, gerade in der Richtung des bisher zurückgelegten Rittes; die anderen folgten, und am Ende schritt Tim, das Gewehr schußbereit im Arm und die Augen scharf auf jede Bewegung der fünf gerichtet.
Nach kurzer Zeit blieb Jim stehen, deutete zur Erde und fragte:
„Master Stewart, was seht Ihr hier!“
Der Genannte bückte sich, um die bezeichnete Stelle zu betrachten, und antwortete:
„Hier hat ein Steinchen auf dem Fels gelegen und ist unter einem Pferdetritt zermahlen worden.“
„Nein. Dieses Pferd ist barfuß gewesen.“
„Also ein Indianerpferd.“
„Kommt weiter!“
Die Erscheinung eines zerriebenen Steinchens wiederholte sich in ganz derselben Weise.
„Das ist natürlich die Spur“, sagte Jim. „Die gerade Linie zwischen den beiden Steinchen zeigt nach West. Dorthin ist also der Indianer geritten.“
„Indianer? Wie könnt Ihr wissen, daß es ein Indianer war?“ fragte Stewart in sehr anzüglichem Tone.
„Pshaw!“ antwortete Jim. „Die albernen Diamond-Boys werden euch sicher gesagt haben, daß ich euch vollständig durchschaue. Wir brauchen also nicht länger Komödie zu spielen. Ihr seid Llano-Raben, und wir sind ehrliche Jäger, denen ihr weder etwas weismachen noch etwas anhaben könnt. Wodurch ihr es so weit gebracht habt, daß die Boys euch ihr Vertrauen schenken, das will ich nicht fragen. Jedenfalls habt ihr sie riesig angelogen. Was ihr weiter mit ihnen vorhabt, das ist uns sehr gleichgültig. Wir werden auch nicht nach Süden reiten, um sie abermals zu warnen. Sich in den Llano locken und dort töten zu lassen, das scheint für sie das höchste der Gefühle zu sein, und es kann uns nicht einfallen, ihnen dieses Vergnügen zu rauben. Wir haben unsere Pflicht getan und müssen nun für uns selbst sorgen. Hier an dieser Stelle gehen euer Weg und der unserige auseinander. Ihr werdet eher aufbrechen als wir, und zwar sofort! Reitet eurem Indianer nach; aber hütet euch, einen Gewehrlauf auf uns zu richten! Wir verstehen es sehr wohl, mit Männern eures Schlages umzugehen. Wir haben die Mündungen oben. Noch ein Wort von euch oder gar eine verdächtige Bewegung, so schießen wir! Dreht euch ab von uns; hängt die Gewehre an die Sattelknöpfe und steigt auf! Lebt wohl und hütet euch, uns wieder vor die Augen zu kommen!“
Er hatte sich neben Tim gestellt, und beide legten ihre Gewehre an.
„Master Jim!“ rief Stewart in höchstem Zorn. „So bringt ihr uns nicht fort! Wir sind – – –“
„Schurken seid ihr!“ unterbrach ihn Tim mit starker Stimme. „Wir haben vier Schüsse und ihr seid fünf; den letzten schlagen wir mit dem Kolben nieder. Und nun sage auch ich euch: Demjenigen, der nur noch ein einziges, ein allereinziges Wort sagt, jage ich eine Kugel in den Kopf! Schlängelt euch von außen herum also nur schleunigst weiter! Sehen wir euch in einer Minute noch hier, so ist's um euch geschehen!“
Das war in einem Ton gesprochen, welcher gar keinen Zweifel zuließ, daß es den beiden ernst sei und daß sie schießen würden. Die fünf sahen ein, daß ein jeder von ihnen bei der kleinsten Bewegung, welche auf die Absicht des Widerstandes schließen lasse, eine Leiche sein werde. Sie gehorchten in ohnmächtigem Grimm dem an sie ergangenen Befehl, indem sie sich umdrehten, die Flinten an die Sattelknöpfe hingen, aufstiegen und dann, ohne ein weiteres Wort gesagt zu haben, davonritten. Einer von ihnen hatte sich das mehrfach erwähnte Zaum- und Sattelzeug aufgeschnallt.
Erst als sie ihre Pferde eine ganze Strecke weit im scharfen Trab fortgetrieben hatten, ließen sie die Tiere im Schritt gehen und drehten sich um. Sie sahen Jim und Tim noch an derselben Stelle stehen, jedoch mit jetzt abgenommenen Gewehren.
„S' death“, knirschte Stewart. „So etwas ist mir noch nicht passiert! Müssen fünf Männer, welche sich vor dem Teufel nicht fürchten, vor diesen beiden langnasigen Affen ausreißen! Aber ich setzte meinen Kopf zum Pfand, daß diese Hunde beim nächsten Wort auf uns geschossen hätten! Meint ihr nicht?“
Sie stimmten ihm bei.
„Es war wirklich ganz genauso, als ob sie allwissend seien. Sogar aus meinen Handbewegungen errieten die Halunken das Richtige! Wenn man nur wüßte, was sie nun beginnen werden.“
„Das ist doch sehr leicht zu erraten“, sagte einer.
„Nun, was?“
„Sie werden den Boys nachreiten, um sie abermals zu warnen.“
„Das bezweifle ich sehr. Ihre Warnung wurde bereits einmal in den
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