11 - Die Helden des Westens
nur eine ererbte nicht.“
„Hat jemals ein Indianer eine Pfeife geerbt? Sie wird doch stets mit dem Besitzer begraben.“
„Es gibt Stämme, bei denen das leider nicht mehr so genau genommen wird. Der beglückende Einfluß der lieben, gutherzigen Bleichgesichter macht sich auch in dieser Beziehung geltend. Übrigens dem Totem nach, welches dem Kopf eingeschnitten ist, scheint der Besitzer ein Comanche, und zwar ein Häuptling zu sein. Gut, daß wir den Dialekt dieser Nation deutlich verstehen. Wir können die beiden anrufen, sonst müßten wir gewärtig sein, bei unserem Nahen von einigen Kugeln begrüßt zu werden, und das ist keineswegs das höchste der Gefühle.“
Der Felsen begann jetzt anzusteigen. Die beiden hatten links die Bergeswand und rechts eine weithin reichende Menge von Felstrümmern, zwischen denen kaum ein Mensch, viel weniger aber ein Pferd fortkommen konnte. Da, wo sie schritten, war die einzige passierbare Stelle, und so konnten sie mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die Indianer hier geritten seien.
Dann standen sie vor einer hohen, finsteren Halde klaren Gesteins. Es war der Schutt, welchen man aus der Mine geschafft und vor derselben aufgeworfen hatte. Wie hoch diese Halde sei, konnte man nicht erkennen, da es indessen dunkel geworden war.
Sie schnallten die Zügel lang und befestigten dieselben um zwei schwere, am Boden liegende Steine. Dann begannen sie langsam an der Halde emporzuklettern. Sie gaben sich dabei keine Mühe, Geräusch zu vermeiden, sondern sie sorgten ganz im Gegenteil dafür, daß das Knirschen des Schuttes unter ihren Füßen gehört werde. Aber nach jedem Schritte blieben sie halten, um zu lauschen. Es galt ja zu erfahren, ob jemand oben sei, der angerufen werden mußte, bevor er sich seines Gewehres bediente.
Während einer solchen Pause des Lauschens vernehmen sie das Geräusch eines Steinchens, welches von oben herabgerollt kam.
„Horch!“ flüsterte Jim. „Es war also ganz richtig, die Indianer da oben zu vermuten. Sie sind auf ihrer Hut. Der Verwundete wird, wenn er überhaupt noch lebt, im Inneren der Mine liegen; der junge Indsman aber hält auf der Halde Wache. Rede ihn an, Tim!“
Tim folgte dieser Weisung, indem er mit vernehmlicher, aber nicht allzu lauter Stimme nach oben rief:
„Tuquoil, omi gay nina; tau umi tsah!“ – (Junger Krieger, schieße nicht. Wir sind deine Freunde!)
Jetzt warteten sie auf Antwort. Es verging eine Weile, dann hörten sie die Frage:
„Haki bit“ – (Wer kommt?)
Das waren nur drei kurze Silben, aber sie reichten vollständig aus, wissen zu lassen, wer da oben stand, denn die beiden Worte waren dem Idiom entnommen, dessen sich die mit ihren früheren Feinden und jetzigen Verbündeten, den Kiowas, wild umherschweifenden Comanchen bedienen.
„Gia ati masslok akona“ – (Zwei gute, weiße Männer) antwortete Tim.
„Bite uma yepe!“ (Kommt herauf!) ertönte es nach einer Pause des Überlegens von oben herab.
Sie stiegen vollends empor. Als sie den oberen Rand der Halde erreichten, sahen sie trotz der Dunkelheit eine menschliche Gestalt, welche aufgerichtet vor ihnen stand und das Gewehr auf sie im Anschlag hielt.
„Naba, o nu neshuano!“ (Steht, sonst schieße ich!) gebot der Comanche.
Die beiden erkannten an der Gestalt, daß sie wirklich, wie sie erwartet hatten, einen jungen Indianer vor sich sahen. Tim beruhigte ihn:
„Mein junger, roter Bruder braucht nicht zu schießen. Wir sind gekommen, ihm zu helfen.“
„Sind meine weißen Brüder allein?“
„Ja.“
„Haben sie die Fährte meines Pferdes verfolgt?“
„Wir sind zufälligerweise an den Ort des Kampfes gekommen und haben aus den Spuren gelesen, was geschehen ist. Wir folgten dann deiner Fährte und derjenigen eurer Feinde, um euch gegen sie zu beschützen. Ihr seid tapfere rote Krieger, sie aber sind feige Räuber, welche beschämt vor uns fliehen mußten, obgleich sie mehr Personen waren als wir.“
„Mein Bruder sagt die Wahrheit?“
„Ich lüge nicht. Zum Zeichen, daß wir als deine Freunde kommen, werden wir jetzt alle unsere Waffen vor dir niederlegen, und du magst dann bestimmen, ob wir sie wieder zu uns nehmen sollen oder nicht.“
Sie legten die Messer und Büchsen ab. Er hielt das Gewehr noch immer auf sie gerichtet und sagte:
„Die Bleichgesichter haben Honig auf den Lippen, aber Galle im Herzen. Sie legen die Waffen fort, um Vertrauen zu erwecken; dann aber kommen ihre drei Gefährten nach, um den Tod
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