11 - Die Helden des Westens
ganz und gar nichts zu befehlen habe, und weil ich ihm nichts Unrechtes beweisen kann.“
„So sagt mir wenigstens, in welcher Absicht er zu mir gekommen ist.“
„Ihr scheint mich für allwissend zu halten. Ich kann eben auch nichts anderes als nur Vermutungen hegen. Für mich steht so viel fest, daß er hierher gekommen ist, um sich über irgend etwas zu unterrichten, um irgend etwas zu erfahren. Was kann das sein? Euer Home ist für viele der Ausgangspunkt der Reise durch den Llano. Ich vermute, daß er hat nachschauen wollen, ob es gegenwärtig hier bei Euch Leute gibt, welche die Reise unternehmen wollen. Er muß ein Interesse für solche Leute haben, einen Nutzen von ihnen erwarten. Nun sagt einmal, welcher Art dieses Interesse, dieser Nutzen sein könnte.“
„Hm!“ brummte Helmers. „Ich weiß, Ihr haltet den Mann für einen Savannengeier.“
„Allerdings tue ich das.“
„So hätten wir ihn nicht fortlassen, sondern unschädlich machen sollen. Aber freilich war das ohne Beweise gegen ihn unmöglich. Er hat erfahren, daß Juggle-Fred die Diamond-Boys erwartet. Vielleicht ist er jetzt fort, um die Vorbereitungen zum Überfall derselben zu treffen.“
„Das erscheint mir nicht nur als wahrscheinlich, sondern als gewiß. Dieser Mann befindet sich nicht allein in dieser Gegend. Er hat jedenfalls noch andere bei sich, welche irgendwo auf seine Rückkehr warten. Wir haben ihm nichts tun dürfen; ich durfte ihn nicht halten, obgleich ich wußte, daß er sich fortschleichen werde. Nun er aber fort ist, werde ich mich wenigstens überzeugen, ob ich richtig oder falsch vermute. Ich werde jetzt einmal seiner Spur folgen. Seit wann ist er fort?“
„Es sein eine Stunde und eine halbe vielleicht“, antwortete der Neger, an welchen diese Frage gerichtet war.
„So muß man sich sputen. Hat jemand Lust, mitzureiten?“
Sie meldeten sich alle. Old Shatterhand wählte sich den Juggle-Fred aus, jedenfalls um ihn besser kennenzulernen. Während eines solchen Rittes mußte es Gelegenheit geben, ihn einer kleinen Prüfung zu unterwerfen. Mit dieser Entscheidung war Frank sehr unzufrieden. Er sagte zu dem berühmten Westmann:
„Aber, Verehrtester, eenen anderen mitzunehmen, das is keene große Offmerksamkeet für eenen Mann von meinen Meriten! Oder haben Sie etwa die Ansicht, daß ich mich bei der Beurteelung eener Schpur nich ooch nützlich machen könnte? Wenn ich mitreiten dürfte, so würde ich das als eene ganz besondere geographische Gratifikation betrachten.“
„So?“ fragte Old Shatterhand lächelnd. „Womit haben Sie sich denn diese Gratifikation wohl verdient*?“
„Zunächst im allgemeinen durch meine irdische Existenz überhaupt. Zweetens durch den Umschtand, daß ich nich weniger neugierig bin als andere. Und drittens dadurch, daß ich vielleicht doch noch etwas lernen könnte, wenn Sie die Gewogenheet haben wollten, mich mitzunehmen.“
„Meinen Sie wirklich, noch etwas lernen zu können? Das ist eine Bescheidenheit, welche belohnt werden muß. Sie sollen also mit.“
„Schön!“ nickte Frank. „Ich widme Ihnen hiermit meinen geneigtesten ‚Merci, Monsieur!‘ Mit meiner anerkennenswerten Bescheidenheet habe ich den anderen een leuchtendes Beischpiel zur geduldigen Nachahmung geben wollen, quod Eduard demonschtrandus!“
Er stieg mit stolzen Schritten davon, um sich nach dem Stall zu seinem Pferd zu begeben. Helmers machte Old Shatterhand darauf aufmerksam, daß er ihm zu diesem Ritt einige gute und ausgeruhte Pferde zur Verfügung stellen könne, und der letztere nahm das Anerbieten gern an. Die beiden Schwarzen mußten drei Tiere von der Weide holen, um sie zu satteln, und dann ritten Old Shatterhand, Fred und Frank davon, gleich vom Stall aus der Spur des Offiziers folgend.
Diese führte allerdings nach Norden, aber nur eine kurze Strecke; dann bog sie über Osten nach Süden um und nahm endlich gar eine südwestliche Richtung an. Auf diese Weise war Stewart fast drei Vierteile eines Kreises geritten, und zwar hatte dieser Kreis einen auffällig kleinen Durchmesser.
Old Shatterhand ritt davon, weit nach vorn gebeugt, um die Spuren fest im Auge zu haben. Als er sich überzeugt hatte, daß dieselben nicht mehr aus der Richtung wichen, sondern von nun an eine schnurgerade Linie bildeten, hielt er sein Pferd an und fragte:
„Master Fred, was sagt Ihr zu dieser Fährte? Werden wir ihr trauen dürfen?“
„Jedenfalls, Sir“, antwortete der Gefragte, welcher wohl merkte, daß
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