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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein; aber sein Zorn war noch nicht vollständig verraucht. Er sprach kein Wort und streckte sich auch nicht neben den anderen, sondern in gewisser Entfernung von ihnen nieder, lauschte aber sehr aufmerksam auf ihre Reden. Sie hörten es seinen Bewegungen an, daß er zuweilen auffuhr, um einen Einwand loszulassen, wenn einer etwas geäußert hatte, was er besser zu wissen und zu verstehen vermeinte; aber er legte sich doch immer wieder nieder. Die Lust, zu schmollen, war bei ihm doch noch größer als der Hang, mit seinen eingebildeten Kenntnissen zu prahlen.
    Die Luft war mittlerweile rein geworden und ließ sich leichter atmen als vorher. Eine leichte Brise hatte sich aus Südwest erhoben und war nach der Hitze des Tages von sehr angenehmer Wirkung. Einige Sterne standen am Himmel, welche den an der Erde Liegenden die Zeit andeuteten.
    Sie sprachen nicht mehr miteinander. Sie gaben sich Mühe, einzuschlafen. Eine Störung durch irgendein feindliches Wesen war nicht wahrscheinlich, und Old Shatterhand konnte jetzt noch nicht erwartet werden. Die Weißen schliefen auch wirklich ein; aber der Comanche starrte mit offenen Augen gegen den Himmel, obgleich er während der letzten Nacht keine Minute lang geschlafen hatte. Der Tod oder vielmehr die Ermordung seines Vaters beschäftigte seine junge, nach Rache lechzende Seele.
    So verging Viertelstunde um Viertelstunde. Da plötzlich wurden die Schlafenden durch einen lauten Ausruf des Indianers geweckt. Sie fuhren in sitzende Stellung empor.
    „Mava tuhschta – seht dorthin!“ sagte er, nach Süden deutend.
    Sie sahen trotz der Dunkelheit seinen ausgestreckten Arm und blickten in die angegebene Richtung. Dort, wo der Himmel am Horizont auflag, zeigte sich in Gestalt eines schmalen, langen Kreisabschnittes eine dämmernde helle Stelle. Sie machte gar nicht den Eindruck von etwas Außergewöhnlichem, erregte aber doch die volle Aufmerksamkeit der Männer.
    „Hm!“ brummte Jim. „Wenn das im Osten wäre, so würde ich glauben, wir hätten so lange geschlafen, daß dort der Tag zu grauen beginne.“
    „Nein“, meinte sein Bruder Tim. „Das Tagesgrauen ist ganz anders. Die Grenzlinien dieser hellen Stelle sind zu scharf.“
    „Eben weil es dunkle Nacht ist.“
    „Aber eben weil es dunkle Nacht ist, kann der Morgen noch nicht grauen. Tag und Nacht fließen ineinander; dort aber gibt es feste Konturen.“
    „Es müßte ein Feuer sein?“
    „Ein Feuer in dem Llano, in welchem es kein Holz gibt? Hm! Was sollte da brennen? Der Sand etwa? Das wäre etwas mir ganz Neues.“
    „Das ist freilich wahr. Wenn nun gar noch der Sand zu brennen anfangen wollte, das wäre für uns freilich das höchste der Gefühle. Da könnten wir uns nur schleunigst aufsetzen und davonreiten. Aber wie willst du dir die Sache sonst erklären?“
    „Weiß es auch nicht. Übrigens wird die helle Stelle immer größer. Und dabei dreht sich der Wind. Er kam aus Südwest. Jetzt kommt er gerade aus West und wird stärker und kälter. Was hat das zu bedeuten?“
    „Ein Nordlicht ist's auf keinen Fall“, sagte Fred. „Und von Südlichtern hat man hier ja wohl noch nichts wahrgenommen.“
    Frank hatte bisher geschwiegen; nun aber mußte er reden, sonst hätte es ihm das Herz abgedrückt.
    „Diese lichte Schtelle des Horizontes hat was zu bedeuten“, sagte er. „Sie hängt jedenfalls mit dem Avenging-ghost zusammen. Vorhin is er nach Süden geritten. Vielleicht hat er dort sein Wigwam und sitzt bei seinem Lagerfeuer.“
    Die anderen hätten am liebsten wieder gelacht; sie bezwangen aber den Reiz dazu. Fred antwortete:
    „Meinst du, daß ein Geist sich ein Lagerfeuer anbrennt?“
    „Warum nich? Bei so eenem kalten Winde, wie er jetzt weht?“
    Die Luft wurde allerdings schärfer. Sie folgte der Windrose immer weiter nach Norden. Und da unten im Süden stieg die Helligkeit höher und immer höher. Es war, als ob dort die Scheibe eines mächtig großen Gestirnes aufgehe. Sie bildete jetzt beinahe einen Halbkreis, welcher im Innern einen blutigroten Kern hatte, der sich nach außen hell und heller färbte und dann von einer Bogenlinie eingeschlossen wurde, an welcher sich dunkle Wolkenmassen und sprühende Feuerballen durcheinanderzuwälzen schienen.
    Das Ganze gewährte einen schaurig-prachtvollen Anblick. Die fünf Männer standen staunend. Sie wagten kaum zu sprechen.
    Der Wind kam jetzt genau aus Norden. Er hatte sich in der Zeit von einer Viertelstunde um den halben Horizont gedreht. Doch gab

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