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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eine Erklärung für das Feuer, und die beiden vermeintlichen Gespenster werden wir auch bald beim Kragen nehmen!“
    „Oho!“ fiel der Hobble-Frank ein. „Vermeintliche Geschpenster? Es waren wirkliche. Und wie kommen Sie off die Idee, daß es zwee Geister waren?“
    „Das ist aus den Gestalten zu ersehen. Das erste Gespenst, welches am Tage erschien, war vielleicht der sogenannte Dragoneroffizier in anderer Vermummung; nun, werden ja sehen. Wer das zweite gewesen ist, kann ich freilich noch nicht sagen. Ich kenne niemand, der ein weißes Büffelfell trägt.“
    „Jetzt lassen Sie mich mal in Ruhe, Old Shatterhand! Ich habe zwar gesagt, daß Sie der eenzige sind, von dem ich mir komponieren lasse, aber doch nur eenigermaßen. Keen Mensch kann da oben am Himmel hinreiten, und das is doch geschehen, wie wir fünf mit deutlichen Oogen gesehen haben.“
    „Ja, die Bilder haben sich in der Luft bewegt; die Originale aber sind unten auf der Erde geritten.“
    „Die Bilder? Na, jetzt hört alles und verschiedenes off! Ich hab' all meine Lebtage noch nich gehört, daß Bilder reiten können, noch dazu durch den sauern Stoff der Atmosphäre! Wie sollen denn diese Bilder eegentlich entschtanden sein?“
    „Durch mehrere verschieden erwärmte Luftströmungen, wie sie z.B. dort bei dem Feuer entstehen.“
    „So! Also Bilder entschtehen durch Schtrömungen der Luft! Das is mir was ganz Neues. Bisher gloobte ich, sie könnten nur mit Hilfe des Bleischtiftes, des Kontramarineblau oder der Photographie entschtehen?“
    „Nicht auch durch einen Spiegel?“
    „Ja, das hatte ich vergessen.“
    „Nun, die Luft wirkt unter Umständen gerade so wie ein Spiegel.“
    „So! Ja, das leuchtet mir eher ein, denn in der Lehre von den Luftspiegelungen bin ich der bedeutendste unter den Meestern.“
    „Schön! Dann werden Sie auch zugeben, daß Ihre Geister nur Luftspiegelungen waren, gerade so, wie – – –“
    Er hielt inne. Seine Aufmerksamkeit wurde jetzt auf das Feuer gelenkt, welches in dunkelroter Glut am Horizont stand und eine Decke durcheinander wogender Wolken über sich trug. Und höher noch als diese Wolken, aber diesseits des Feuers und frei schwebend im Luftraum entwickelte sich jetzt das verkehrte Bild einer ebenen, glühend rot erleuchteten Landschaft. Da, wo sie links begann, kam ein Reiter aus dem Dunkel hervor, ganz genau derselbe, welchen die Männer vorhin gesehen hatten, mit einem Büffelfell, aber eben in verkehrter Stellung, mit dem Kopf nach unten.
    „Gerade so, wie diese dort!“ fuhr Old Shatterhand fort, indem er auf die Spiegelung deutete.
    Er hatte noch nicht ausgesprochen, so ließ sich ein zweiter Reiter sehen, welcher dem ersten nachjagte.
    „Herrjemine!“ schrie der Hobble-Frank. „Das is doch der von heute nachmittag, der beim Tormenado offtauchte!“
    „So! Ist er es?“ antwortete Old Shatterhand. „Sie werden mir nun recht geben, daß es sich um zwei ganz verschiedene Erscheinungen handelte. Und da kommen auch noch mehrere!“
    Hinter der letzterwähnten Gestalt folgten jetzt noch fünf oder sechs Reiter, alle im Galopp, aber verkehrt, mit den Köpfen nach unten.
    „Jetzt wird mir's bald zu bunt!“ meinte der Hobble-Frank. „Befände ich mich alleene, so gloobe ich, ich ferchtete mich riesig. Ich danke och schöne für solche Ghostly-hours! Ich habe zwar von Geschpenstern gehört, welche durch die Nacht reiten und dabei ihren Kopp unterm Arm tragen; aber daß sie nun gleich gar alle off den Koppen reiten, das is mir denn doch zu bunt.“
    „Das ist gar nichts so Schreckhaftes. Die vorigen Bilder wurden mehrere Male, das jetzige aber nur einmal gebrochen. Übrigens werden wir sofort die Bekanntschaft dieser Geister machen. Schnell auf die Pferde, Mesch'schurs! Ganz gewiß ist der vorderste Reiter der sogenannte Geist des Llano estacado. Er wird von den anderen verfolgt, und da er ein braver Kerl ist, wollen wir uns seiner ein wenig annehmen.“
    „Sind Sie toll!“ rief Frank. „Das wäre die reene Versündigung an der Geisterwelt. Bedenken Sie doch nur, was der unschterbliche Goethe spricht:
    ‚Der Mensch versuche die Götter nich
Und begehre nimmer und nimmer zu schauen
Die Geister mit ihren Kindern und Frauen!‘“
    Aber die anderen hörten nicht auf ihn; sie gehorchten der Aufforderung Old Shatterhands. Ihr Vertrauen zu diesem Mann sagte ihnen, daß er weder etwas Gefährliches, noch etwas Lächerliches von ihnen verlangen werde.
    „Nehmen wir auch die Packpferde mit?“

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