11 - Die Helden des Westens
Büffels auf dem Kopf, von welchem das zottige Fell weit über die Kruppe des Pferdes herunterhing. Sein Gesicht steckte so tief im Schädel, daß es nicht zu erkennen war.
Als er sich ungefähr noch zehn Schritt von der Vertiefung befand, erhob sich Old Shatterhand. Der Reiter sah ihn augenblicklich, konnte aber sein Pferd nicht schnell genug halten, so daß er erst stand, als er sich kurz vor Old Shatterhand befand.
„Halt! Wer bist du?“ fragte der letztere.
„Der Geist des Llano“, erklang es dumpf unter dem Büffelschädel hervor. „Und du?“
„Ich bin Old Shatterhand. Steige getrost ab. Wir beschützen dich!“
„Der Avenging-ghost bedarf keines Schutzes. Ich danke euch!“
Nach diesen Worten trieb er sein Pferd weiter. Das Wechseln der wenigen Worte hatte nur einige Augenblicke in Anspruch genommen. Dennoch war infolgedessen der zweite Reiter schon nahe herangekommen. Old Shatterhand stellte sich über den Leib seines am Boden liegenden Pferdes, den einen Fuß rechts und den anderen links vom Sattel, den Lasso in beiden Händen. Ein leichtes Schnalzen seiner Zunge und das vortrefflich dressierte Pferd sprang mit einem Ruck empor. So hielt er jetzt da, gerade wie aus der Erde gewachsen.
Der zweite Reiter erschrak vor der sich ihm so plötzlich in den Weg stellenden Gestalt. Auch er konnte sein Pferd nicht so schnell parieren, wie er wollte; er hatte es bedeutend weniger in der Gewalt, als der ‚Geist‘ das seinige. Es schoß bis nahe zu Old Shatterhand heran.
„Haltet an, Rothaut!“ gebot dieser. „Wer seid Ihr?“
„Thunder-storm! Old Shatterhand!“ entfuhr es dem Mann. „Hol Euch der Teufel!“
Er gab seinem Pferd die Sporen, um fortzueilen.
„Ihr bleibt, sage ich!“ gebot ihm der Jäger. „Ich möchte mir Euer Indianergesicht doch etwas näher ansehen, wer weiß, was dahintersteckt!“
„Später, wenn es mir besser paßt!“
Damit schoß er fort. Aber Old Shatterhand war sofort hinter ihm her.
Als der Reiter seine letzten Worte im Ton des Hohnes ausgesprochen hatte, war der junge Comanche von der Erde aufgesprungen.
„Uff!“ rief er aus. „Diese Stimme ist die eines Bleichgesichtes, und ich kenne es. Auch ‚Eisenherz‘ hat mit diesem Mann zu sprechen.“
Er erhob sein Gewehr, legte an und zielte, doch ließ er es sofort wieder sinken, indem er sagte:
„Old Shatterhand hat ihn schon!“
Der Flüchtige war kaum zehn Pferdesprünge weit gekommen, so wirbelte Old Shatterhand, der ihm auf der Ferse war, die Schleife des Lassos vier-, fünfmal um den Kopf und schleuderte sie dann nach dem Reiter. Der Riemen lief leicht von den Schlingen ab, welche Old Shatterhand locker in der linken Hand hielt, und die Schleife fiel dem Fliehenden genau um den Hals. Sofort hielt Old Shatterhand sein Pferd an. Da der Lasso am Sattel befestigt war, so lief der Riemen schnell ab, die Schlinge zog sich um den Reiter zusammen, und er wurde so vom Pferd gerissen.
Sofort sprang Old Shatterhand von dem seinigen und eilte hin zu ihm. Der am Boden Liegende machte vergebliche Anstrengungen, sich aus den Schlingen des Lassos zu befreien.
Inzwischen gab es hinter diesen beiden eine weitere Szene. Die übrigen sechs Reiter, sämtlich Bleichgesichter, waren nahe herbeigekommen, und darum hatten die Gefährten Old Shatterhands ihre Pferde aufspringen lassen und sich schnell aufgesetzt. Die sechs Männer staunten oder vielmehr erschraken nicht wenig, als sie so plötzlich eine so überlegene Anzahl von Reitern vor sich halten sahen. Sie bogen zur Seite ab, um an ihnen vorüberzukommen. Da aber sahen sie, daß der zweite Reiter, unzweifelhaft ihr Anführer, durch den Lasso vom Pferd gerissen wurde. Sie fühlten sich zu schwach, ihm zu helfen, und stoben sofort auseinander und in verschiedenen Richtungen davon.
Dieses letztere Manöver führten sie aus, um die Verfolgung zu erschweren; aber es fiel keinem ein, dieselbe aufzunehmen. Old Shatterhand hatte es ja nicht gewollt. Übrigens, daß sie flohen, anstatt halten zu bleiben, das war ein sicheres Zeichen, daß sie kein gutes Gewissen besaßen. Man ließ sie ungehindert fort und begab sich zu ihrem am Boden liegenden Anführer.
Dieser war inzwischen von Old Shatterhand entwaffnet worden. Nun sagte derselbe zu ihm:
„Ihr hättet klüger getan, meinem Befehl Folge zu leisten, Sir. Derjenige, dem ich zu halten gebiete, der hält unbedingt bei mir an, ob freiwillig oder gezwungen, eins von beiden. Wollt Ihr mir sagen, wer Ihr seid? Und wozu der
Weitere Kostenlose Bücher