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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fast unmöglich gewesen, mit einer solchen Last in tiefer Dunkelheit den dicht bewaldeten Bergeshang zu ersteigen. Den beiden schien es ganz und gar nicht beschwerlich zu sein.
    Oben angekommen, fanden sie alles in Ordnung. Wohkadeh hatte seine Pflicht getan.
    Der lange Davy wand seinen Lasso los und sagte:
    „Gebt her die Kerls! Wir wollen sie bei den anderen anbinden.“
    „Nein!“ entgegnete Old Shatterhand. „Wir verlassen diese Stelle.“
    „Warum? Meint Ihr, daß wir hier nicht sicher sind.“
    „Ja, das meine ich.“
    „O, die Schoschonen werden uns gern in Ruhe lassen. Sie sind froh, wenn ihnen nichts geschieht.“
    „Das weiß ich ebensogut wie Ihr, Master Davy. Aber wir müssen mit dem Häuptling sprechen, vielleicht auch mit den anderen. Es ist also nötig, ihnen die Knebel abzunehmen, und wenn wir das hier tun, so können sie leicht auf den Gedanken kommen, durch irgendeinen Ruf den Ihrigen ein Signal zu geben, welches von hier aus ganz deutlich da unten gehört werden kann.“
    „Mein Bruder hat recht“, sagte der Apache. „Winnetou war heute hier, um die Schoschonen zu beobachten. Er kennt einen Ort, wo er mit seinen Brüdern und den Gefangenen lagern kann.“
    „Wir müssen ein Feuer haben“, bemerkte Old Shatterhand. „Ist das dort möglich?“
    „Ja. Man binde die Gefangenen auf die Pferde!“
    Dies geschah, und dann setzte sich der kleine Zug in Bewegung, bei Nacht, durch den dichten Wald, Winnetou als Führer voran.
    Es versteht sich ganz von selbst, daß dieser Marsch nur höchst langsam vorwärts ging, Schritt um Schritt. Nach einer halben Stunde war eine Strecke zurückgelegt, zu welcher am Tag wohl nur fünf Minuten nötig gewesen wären. Da hielt der Apache an. Die Gefangenen wußten natürlich nicht, in wessen Hände sie geraten seien, und waren auch über sich selbst im unklaren. Die beiden Kundschafter hatten wegen der Dunkelheit gar nicht sehen können, daß noch zwei Gefangene gemacht worden seien; hinwieder wußten die letzteren von den ersteren nichts, und der Häuptling hatte keine Ahnung, daß er mit seinem Sohn, und dieser vermutete nicht, daß er mit seinem Vater ergriffen worden sei. Aus diesem Grunde wurden sie, als jetzt gehalten wurde, voneinander getrennt, nachdem man sie wieder von den Pferden genommen hatte.
    Old Shatterhand befolgte die Politik, den ‚Schwarzen Hirsch‘ nicht merken zu lassen, wie stark der Feind sei, dem er in die Hände gefallen war. Darum traf er die Maßregel, mit dem Häuptling zunächst allein zu verhandeln.
    Die übrigen mußten sich zurückziehen. Dann raffte er das am Boden liegende dürre Geäst zusammen, um ein Feuer anzumachen.
    Er befand sich mit dem Schoschonen auf einer nur wenige Schritte breiten freien Stelle. Der Apache hatte heute am Tage gesehen, wie gut sie sich zu einem verborgenen Lagerplatz eigne, und sein Ortssinn war ein so außerordentlicher, daß es ihm selbst in dieser Dunkelheit gelungen war, sie aufzufinden.
    Sie war natürlich rings von Bäumen umgeben, unter denen Farnkräuter und Dorngesträuch eine ziemlich dichte Einfassung bildeten, welche den Schein des Feuers hinderte, weit zu dringen. Mit Hilfe seines Punks (Präriefeuerzeug) steckte Old Shatterhand das dürre Zeug leicht in Brand und hieb sich dann mit dem Tomahawk von den rundum stehenden Bäumen die unteren, dürr gewordenen Äste ab, um mit ihnen das Feuer zu unterhalten. Dasselbe hatte nur den Zweck, die Stelle zu beleuchten, und brauchte also nicht groß zu sein.
    Der Schoschone lag am Boden und beobachtete das Tun des fleißigen Jägers mit finsteren Blicken. Als Old Shatterhand mit seinen Vorbereitungen zu Ende war, zog er den Gefangenen an das Feuer, richtete ihn in sitzende Stellung empor und nahm ihm den Knebel ab. Der Indianer verriet mit keiner Miene und keinem Atemzug, daß er sich jetzt erleichtert fühle. Für einen indianischen Krieger wäre es eine Schande, äußerlich merken zu lassen, was er denkt und empfindet. Old Shatterhand setzte sich ihm an der anderen Seite des Feuers gegenüber und betrachtete sich zunächst seinen Feind.
    Dieser war sehr kräftig gebaut und trug einen Büffelanzug von indianischem Schnitt, ohne alle Verzierung. Nur die Nähte waren mit Skalphaaren versehen, und am Gürtel trug er wohl gegen zwanzig Skalpe, nicht etwa vollständige Kopfhäute, welche zuviel Platz beansprucht hätten, sondern nur die wie ein Fünfmarkstück großen, wohlpräparierten Wirbelstellen. In dem Gürtel steckte noch das Messer,

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