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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welches ihm nicht abgenommen worden war.
    Sein Gesicht war nicht bemalt, so daß die drei roten Narben auf den Wangen deutlich gesehen werden konnten. Mit unbewegten Zügen saß er da und starrte in das Feuer, dem Weißen keinen Blick gönnend.
    „Tokvi-tey trägt nicht die Farben des Krieges“, begann Old Shatterhand. „Warum tritt er da gegen friedliche Leute feindlich auf?“
    Er erhielt keine Antwort und auch keinen Blick. Darum fuhr er fort:.
    „Der Häuptling der Schoschonen ist wohl vor Angst stumm geworden, da er mir kein Wort auf meine Frage entgegnen kann?“
    Der Jäger wußte recht gut, wie ein Indianer behandelt werden muß. Der Erfolg zeigte sich sogleich, denn der Gefangene warf ihm einen zornblitzenden Blick zu und antwortete:
    „Tokvi-tey weiß nicht, was Angst ist. Er fürchtet nicht den Feind und nicht den Tod!“
    „Und dennoch verhält er sich geradeso, als ob er sich fürchte. Ein mutiger Krieger malt sich die Farbe des Krieges in das Gesicht, bevor er zum Angriff schreitet. Das ist ehrlich, das ist mutig; denn da weiß der Gegner, daß er sich zu verteidigen hat. Die Krieger der Schoschonen aber sind ohne Farbe gewesen; sie haben die Gesichter des Friedens gehabt und dennoch die Weißen angegriffen. So handelt nur ein Feigling! Oder habe ich nicht recht? Findet der ‚Schwarze Hirsch‘ ein Wort zu seiner Verteidigung?“
    Der Indianer senkte den Blick und sagte:
    „Der ‚Schwarze Hirsch‘ war nicht bei ihnen, als sie den Bleichgesichtern nachjagten.“
    „Das ist keine Entschuldigung. Wäre er ein ehrlicher und mutiger Mann, so hätte er die Bleichgesichter sofort, als sie zu ihm gebracht worden, wieder freigelassen. Ich habe überhaupt noch gar nicht vernommen, daß die Krieger der Schoschonen den Tomahawk des Krieges ausgegraben haben. Sie weiden ihre Herden wie im tiefen Frieden an den Tongue- und Bighorngewässern; sie verkehren in den Wohnungen der Weißen, und doch fällt der ‚Schwarze Hirsch‘ Männer an, welche ihn niemals beleidigt haben. Kann er etwas dagegen sagen, wenn ein Tapferer meint, daß nur ein Feigling in dieser Weise handeln könne?“
    Es war nur ein halber Blick, welchen der Rote auf den Weißen warf; aber dieser Blick bewies, daß er grimmig erzürnt sei. Dennoch klang seine Stimme ruhig, als er antwortete:
    „Bist du vielleicht so ein Tapferer?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte gleichmütig, als ob dieses Selbstlob sich eben auch von selbst verstehe.
    „So mußt du einen Namen haben!“
    „Siehst du nicht, daß ich Waffen trage? So muß ich auch einen Namen haben.“
    „Die Bleichgesichter dürfen Waffen und Namen tragen, auch wenn sie Memmen sind. Die größten Feiglinge unter ihnen haben die längsten Namen. Den meinigen kennst du; also wirst du wissen, daß ich kein Feigling bin.“
    „So laß die beiden gefangenen Weißen frei und kämpfe nachher offen und ehrlich mit ihnen!“
    „Sie haben es gewagt, am See des Blutes zu erscheinen; sie werden sterben.“
    „Dann stirbst auch du!“
    „Der ‚Schwarze Hirsch‘ hat dir bereits gesagt, daß er den Tod nicht fürchte; er wünscht ihn sich sogar!“
    „Warum?“
    „Er ist gefangengenommen worden; er ist ergriffen worden von einem Weißen, geholt worden aus seinem eigenen Wigwam von einem Bleichgesicht; er hat seine Ehre verloren; er kann nicht leben. Er muß sterben, ohne den Kriegsgesang anstimmen zu können. Er wird nicht in seinem Grabe stolz und aufrecht sitzen auf seinem Streitrosse, behängt mit den Skalpen seiner Feinde, sondern er wird im Sand liegen und zerhackt von den Schnäbeln stinkender Aasgeier.“
    Er sagte das langsam und monoton, ohne daß ein Zug seines Gesichtes sich bewegte, und doch sprach aus jedem Wort ein Schmerz, welcher fast an Trostlosigkeit grenzte.
    Und nach seiner Anschauung hatte er vollkommen recht. Es war eine ungeheure Schande für ihn, aus seinem Zelt, aus der bewaffneten Umgebung seiner Krieger als Gefangener herausgeholt worden zu sein.
    Old Shatterhand fühlte eine warme Regung für den Mann, aber er ließ von diesem Mitleid nicht das Geringste merken; das wäre eine Beleidigung gewesen und hätte den Todesgedanken desselben nur noch tiefer Wurzel schlagen lassen. Darum sagte er:
    „Tokvi-tey hat sein Schicksal verdient; aber er kann leben bleiben, obgleich er mein Gefangener ist. Ich bin bereit, ihm seine Freiheit wiederzugeben, wenn er den Seinigen gebietet, für ihn die beiden Bleichgesichter freizugeben.“
    Es klang wie stolzer Hohn, als der Rote

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