11 - Die Helden des Westens
Upsarokas werden sich nicht eher in den Paß wagen, als bis sie sich durch Kundschafter überzeugt haben, daß das vor ihnen liegende Terrain sicher ist. Ich vermute, daß diese Kundschafter an einen Hinterhalt denken und also äußerst vorsichtig sein werden. Wir lassen unsere Gegenwart nicht merken, stellen auch kein Hindernis, welches nicht ganz notwendig ist, in den Weg, und warten dann das übrige ruhig ab.“
„Und was tun wir jetzt?“
„Jetzt kehren wir zum Ausgange des Cañons zurück, natürlich aber nicht auf dieser Fährte, sondern wir biegen hier zur Seite in den Wald hinein. Folgt mir nur!“
Die Seitenwände des Passes bildeten hier eine nicht sehr steile Böschung, welche von den Pferden unschwer erklommen werden konnte. Old Shatterhand ritt den Seinigen voran, ein gutes Stück der Stellung hinan, und dann bog er nach dem Ausgang des Cañons zurück. Als er sein Pferd anhielt, befand sich seine Schar parallel mit dem Ende der Schlucht auf halber Höhe oben. Von hier aus konnte man selbst zu Pferde in wenigen Sekunden hinunter gelangen und den Ausgang besetzen.
Die Reiter stiegen von den Pferden und banden dieselben an die Bäume. Sie selbst nahmen in Gruppen, wie die Personen sich beliebig zusammenfanden, in dem weichen Moose Platz. Natürlich waren es die Weißen, welche zunächst beieinander saßen. Nur Wohkadeh hatte sich ihnen angeschlossen; von den Schoschonen wagte sich keiner in die unmittelbare Nähe.
„Ob wir lange werden warten müssen?“ meinte Jemmy.
„Das können wir uns so ziemlich sicher ausrechnen“, antwortete der Anführer. „Die Upsarokas werden bei Anbruch des Tages nach ihren beiden Kundschaftern geforscht haben. Bis sie entdeckten, was am Lager geschehen ist, können sie wohl zwei Stunden zubringen. Da angekommen, wo wir die beiden Grabhügel errichtet haben, werden sie dieselben öffnen und untersuchen. Nehmen wir an, sie brauchen dazu und zur Beratung, die sie dann sicher halten werden, eine Stunde, so haben wir in Summa drei Stunden. Wir haben von dem Lagerplatz bis hierher fünf Stunden gebraucht. Wenn die Feinde ebenso schnell oder ebenso langsam reiten wie wir, werden sie also acht Stunden nach Tagesanbruch hier sein. Wir haben also von jetzt an noch ungefähr fünf Stunden Zeit.“
„O weh! Was fangen wir während dieser kleinen Ewigkeit nur an?“
„Da brauchen Sie gar nich erst zu fragen!“ antwortete der Hobble-Frank. „Wir schsprechen een bißchen von der Kunst und von den Wissenschaften. Das is das beste, was man tun kann. Das bildet den Kopf, veredelt das Herz, macht das Temperamente sanft und gibt dem natürlichen Charakter diejenige Festigkeet, welche notwendig is, wenn man in den Schtürmen des Lebens nich mit allen Winden davonfliegen will. Off die Kunst und off die Wissenschaft lasse ich eemal nichts kommen. Diese beeden sind mein tägliches Brot, mein Anfang und mein Ende, mein – brrr! Was is denn das hier eegentlich für een infamer Geruch? Das riecht doch noch viel schlimmer, als ob hier eene geschtorbene Leiche nich richtig eingescharrt worden wäre. Oder – hm!“
Er blickte sich um und gewahrte den Schwarzen, welcher hinter dem Baume lehnte, unter welchem der Sachse saß.
„Willst du gleich fort, du Sakkerment!“ schrie er ihn an. „Wie kannst du dich da an meinen Boom randrücken! Denkst du etwa, ich habe meine Nase vom Maskenverleiher geborgt? Geh fort, Zuave, und konzentriere dich nach Afrika! Unsere Nerven aber sind zu sehre kultiviert für dich. Nelken, Reseda und Blümelein Vergißmeinnicht, das lass' ich mir gefallen. Aber Skunk mag ich selbst der feinsten Dame nich ins smelling-bottle raten!“
„Masser Bob riechen gut, sehr gut!“ verteidigte sich der Neger. „Masser Bob nicht stinken. Masser Bob haben sich waschen in Wasser, mit Asche und Fett vom Bären. Masser Bob sein ein fein, nobel Gentleman!“
„Was? Du willst een Mann von hoher, wohlriechender Geburt sein! Wart, Bursche, meine Atmosphäre sollst du mir nich verrealinjurieren!“
Er ergriff seine Büsche, legte auf Bob an und drohte:
„Wenn du nich gleich verschwindest, so schieße ich dir beede Kugeln fünfmal um den schwarzen Leib herum!“
„Jessus, Jessus! Nicht schießen, nicht schießen!“ schrie der Schwarze. „Masser Bob gehen bereits fort. Masser Bob setzen sich weit fort!“
Er zog sich schleunigst nach einem entfernten Ort zurück, wo er sich schmollend und leise räsonierend niedersetzte.
Der kleine Sachse brachte seinen Vorschlag,
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