11 - Die Helden des Westens
Upsaroka wieder rückwärts kommen und fand gerade noch Zeit, sich hinter einem der daliegenden großen Felsbrocken niederzuducken. Der Mann kam im Trab an ihm vorübergeritten und verschwand hinter der Ecke des engen Cañons.
Old Shatterhand gab das verabredete Zeichen, und seine Leute kamen herbei. Sie brachten ihm seine beiden Gewehre und auch die grünen Zweige mit, welche er, um gegebenenfalls beim Lassowerfen nicht von ihnen gehindert zu sein, bei ihnen hatte liegen lassen müssen.
Er trat an die Ecke und lugte hinter derselben hervor. Der Upsaroka hatte das Ende des Cañons erreicht und verschwand dort. Eine Minute später nun war seine ganze Schar zu sehen, welche im Trab in die Enge einbog. Old Shatterhand ließ sie bis über die Hälfte der Schlucht herbei. Dann zog er den Revolver und feuerte den verabredeten Schuß in dieselbe hinein. Der Schall brach sich vielfältig an den engen, steilen Wänden und gelangte mit zehnfacher Stärke an die Ohren des Apachen und seiner Schar. Sie stürmten in die Schlucht hinein, hinter den Upsarokas her, von denen sie gar nicht bemerkt wurden. Die letzteren hatten, als sie den Schuß hörten, ihre Pferde sofort pariert. Nun sahen sie Old Shatterhand und seine Leute vorn hereindringen und die bereits beschriebene, schußfertige Stellung einnehmen.
Der Anführer der feindlichen Indianer war, wie Martin Baumann bereits berichtet hatte, eine wirklich herkulische Gestalt. Er saß wie ein Kriegsgott zu Pferde. Die weiten Lederhosen hingen an den Nähten voller Flechten, gefertigt aus dem Haar der von ihm erlegten Feinde. Die starkledernen Beinschützer, welche vom Sattel bis herab zu den Steigbügeln reichten, waren mit langen Streifen von Menschenhaut verziert. Auf der breiten Brust trug er über dem hirschledernen Jagdrock eine Art Panzer, welcher aus schuppenförmig übereinander befestigten Skalptellern bestand. Im Gürtel steckte neben allerlei notwendigen Gegenständen ein großes Jagdmesser und ein riesiger Tomahawk, welcher nur von der Faust eines so athletisch gebauten Menschen geschwungen werden konnte, und auf dem Kopf saß der Schädel eines Kuguar, von welchem das in lange, dicke Seile gedrehte Fell desselben herniederhing. Das Gesicht dieses Mannes war mit schwarzer, roter und gelber Farbe bemalt, und in der Rechten hielt er eine schwere Büchse, aus welcher er gar manchen tödlichen Schuß abgefeuert hatte.
Dieser Mann erkannte sofort, daß die ihm entgegenstarrenden Gewehrläufe den Waffen seiner Schar in diesem Augenblick überlegen seien.
„Zurück!“ rief er mit einer Stimme, deren Ton förmlich durch den Cañon donnerte.
Dabei riß er sein Pferd empor und warf es auf den Hacksen herum. Die Seinen taten dasselbe. Da aber erblickten sie nun Winnetous Schar, deren Gewehre ihnen gerade so entgegenstarrten wie die anderen am Ende des Cañons.
„Wakon schitscha – schlechte Medizin!“ schrie er erschrocken. „Kehrt abermals um! Dort steht ein Mann, welcher das Zeichen des Redners in der Hand hat. Unsere Ohren werden hören, was er uns sagen will.“
Er drehte sein Roß wieder herum und ritt langsam auf Old Shatterhand zu. Die Seinigen folgten ihm. Diesen Vorteil ließ der kluge Apache sich nicht entgehen. Er folgte ebenso und nahm so nahe hinter den Upsarokas Stellung, daß diese nun eng eingeschlossen waren.
Old Shatterhand tat keinen einzigen entgegenkommenden Schritt. Der Upsaroka musterte ihn mit furchtlosem Blick und fragte:
„Was will das Bleichgesicht hier? Warum stellt er sich mir und meinen Kriegern in den Weg?“
Old Shatterhand hielt den Blick mit lächelnder Miene aus und antwortete:
„Was will der rote Mann hier? Warum verfolgt er mich und meine Krieger?“
„Weil ihr zwei unserer Brüder getötet habt.“
„Sie kamen als Feinde zu uns, und Feinde macht man unschädlich.“
„Woher weißt du, daß wir deine Feinde sind?“
„Weil ihr eure Medizin verloren habt.“
Die Brauen des Riesen senkten sich tief herab.
„Wer hat es dir gesagt?“
„Ich weiß es, weil die beiden Krieger, welche an unseren Kugeln starben, ihre Medizinen nicht bei sich hatten.“
„Du hast recht geraten. Ich bin nicht mehr, der ich war. Ich habe mit der Medizin auch meinen Namen verloren. Jetzt heiße ich Oiht-e-keh-fa-wakon, der Tapfere, welcher Medizin sucht. Laß uns vorüber, sonst töten wir euch!“
„Ergebt euch, sonst seid ihr es, welche getötet werden!“
„Dein Mund spricht stolze Worte. Wie aber sind deine Taten?“
„Du
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