11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
aussetzen.«
Wie um Liane Lügen zu strafen, rief Baret plötzlich:
»Ich habe eine Idee! Was haltet Ihr davon, Saturnin zu besuchen?«
»Kennen Sie ihn?« fragte Lennet.
»Aber natürlich. Es hat mich schon mal bis zu seiner Insel getrieben.«
»Ist das lange her?«
»Vier oder fünf Monate vielleicht. Ich möchte doch gern wissen, was aus ihm geworden ist!«
»Halten Sie ihn für einen ernsthaften Wissenschaftler?«
»Junger Mann, Sie dürfen niemals einen Ozeanographen fragen, ob er einen Anthropologen für einen ernsthaften Wissenschaftler hält. Ich bin tief davon überzeugt, daß alle Wissenschaftler, die keine Ozeanographen sind, nur Spinner sein können. Und da er Wissenschaftler ist, aber kein Meeresforscher, ist Saturnin eben auch nicht dümmer als andere Leute, die sich Wissenschaftler nennen.«
»Meinen Sie, wir kommen rechtzeitig zurück?« fragte Liane.
»Aber natürlich. In weniger als zwei Stunden sind wir in Tupatu. Sie werden sehen.«
Baret übertrieb nicht. Ohne sich weiter um die fliegenden Fische zu kümmern, nahm er Kurs auf Tupatu, wo sie an einem Strand landeten, der auf der anderen Seite der Insel lag.
Professor Saturnin mußte das Boot bereits draußen erspäht haben, denn kaum waren sie gelandet, als seine hagere struppige Gestalt auftauchte.
»Oh, Robinson und Freitag«, rief er. »Und auch der liebe Baret, der sich für einen Wissenschaftler hält, obgleich er keine Ahnung von Anthropologie hat!« Er streckte den Ankömmlingen seine großen schmutzigen Hände entgegen. »Wollen Sie mich besuchen oder haben Sie beschlossen, sich auch dem Überleben in tropischen Breiten hinzugeben? In diesem Falle müßten Sie sich leider eine andere Insel suchen. Die Insel Saturnin ist nur für mich.«
»Bekannt! Bekannt!« meinte Baret. »Wir wollten bloß sehen, wie das mit dem Überleben weitergeht.«
»In diesem Falle danke ich Ihnen«, sagte Professor Saturnin und lächelte leicht. »Sie könnten mir aber auch noch einen Gefallen tun. Die Strömung scheint meine Insel für einen Mülleimer zu halten und wirft mir alle Trümmer vom Boot dieser jungen Leute an den Strand.
Sie könnten mir bescheinigen, daß alles noch am Strand liegt und daß ich mein Experiment ohne Hilfe von außen durchführe. Zwar zählt das Wort eines Ozeanographen in der Weltmeinung nicht viel, aber es ist besser als gar nichts.«
Baret schluckte die kleine Bosheit lächelnd hinunter. Sie gingen über die Insel zur anderen Seite. Als sie auf dem Gipfel waren, schien es Lennet, als lausche Liane auf etwas. Er spitzte ebenfalls die Ohren und vernahm eine Reihe ferner Explosionen.
»Was mag das sein?« fragte er sich.
Sie stiegen zum Strand hinab, wo verschiedene Teile der »Windsbraut« umherlagen.
»Das sind die Knochen deines Opfers, Robinson«, sagte Liane liebenswürdig.
Es schien, als sei auch nicht ein Teil an der Insel vorbeigetrieben.
»Ich stelle hiermit offiziell fest, daß die Trümmer und Gegenstände, die an diesen Strand geschwemmt wurden, weder von Menschen- noch von Anthropologenhand berührt wurden.
Und wenn Sie uns jetzt in Ihrer Höhle ein Gläschen anbieten würden, könnte ich auch noch kontrollieren, ob Sie etwas in Ihren Unterschlupf geschleppt haben.«
»Kontrollieren Sie, mein Lieber«, entgegnete Saturnin.
»Mit dem Gläschen ist das so eine Sache: Ich kann Ihnen nur Wasser anbieten. Sie wissen ja, daß ich ein überzeugter Antialkoholiker bin.«
Liane konnte nicht ahnen, daß an dieser Bemerkung etwas Komisches zu finden war, doch Lennet hätte sie leicht aufklären können, wenn er etwa den Einsiedler gefragt hätte, ob er den Wermut, den er lagerte, zum Füßewaschen benützte. Aber aus Höflichkeit sah er von dieser Frage ab.
In der Höhle hatte sich nichts verändert, und Baret konnte feierlich feststellen, daß kein Stück von der »Windsbraut« hierher geschafft worden war. Saturnin bot ihnen ausgezeichnete Mangofrüchte an; Baret frotzelte ihn ein wenig wegen seines Antialkoholismus, und als sich die Sonne bereits neigte, nahmen die drei Besucher Abschied.
Der Motor dröhnte, und das Boot nahm Kurs auf Paramotu.
Die vier Atropisten, die nicht an dem Ausflug teilgenommen hatten, standen an der Steilküste über der kleinen Bucht, in der das Boot festgemacht wurde.
Diesmal waren sie nicht bewaffnet, und ihre Bewegungen waren auch alles andere als feindlich. Ja, sie schienen lebhafte Freude auszudrücken.
»Haben sie vielleicht Sehnsucht nach uns?« fragte Liane so
Weitere Kostenlose Bücher