11 Kicker und ein falsches Spiel
auch wirklich ins Viertelfinale einziehen. Ich hab nämlich keine Lust zu verzichten, wenn das Turnier dann sowieso für uns gelaufen ist.«
»Ist doch Ehrensache!«, versichert Benno.
»Ganz deiner Meinung, Danny« sagt Basti. »Ich will übrigens nicht nur ins Viertelfinale, sondern nach Südafrika. Bedingung Nummer zwei ist natürlich, dass sich Speckmann grün und blau ärgert!«
»Worauf du dich verlassen kannst«, entgegne ich.
Auch Michi und Philipp sind einverstanden, fragen sich aber, womit sie ihr Fernbleiben erklären sollen.
»Einer von euch könnte heute Nachmittag ja eine Verletzung vortäuschen«, schlage ich vor.
»Super Idee, ich melde mich freiwillig«, sagt Philipp. »Spätestens in der fünften Trainingsminute wälze ich mich auf dem Boden und markiere den sterbenden Schwan.« Philipp lässt sich auf den Schulhof sinken und gibt eine kleine Kostprobe seines schauspielerischen Könnens: Mit schmerzverzerrtem Gesicht hält er sich das Knie und stöÃt grässliche Laute aus. Er wirft gepeinigt den Kopf hin und her, dann schlägt er sich theatralisch eine Hand vor die Augen, als sei ihm in diesem Moment das ganze Ausmaà seiner Verletzung bewusst geworden. Ein achtfacher Kreuzbandriss hat ihn ereilt - mindestens!
Wir sind schwer beeindruckt von Philipps Darbietung und malen uns den Rest der Geschichte aus: Philipps hoffnungsvolle Karriere nimmt ein jähes Ende; der Junge ist Sportinvalide und muss den Rest seines Lebens im Rollstuhl verbringen. Speckmann wird dazu verurteilt, ihm jeden Monat 10.000 Euro zu überweisen, als Strafe für seine unverantwortlichen Trainingsmethoden.
Wir krümmen uns vor Lachen und klatschen begeistert in die Hände.
»Und ich werde heute Nachmittag spontan von der Grippe gepackt!«, ruft Michi und simuliert einen täuschend echten Hustenanfall. Er hustet, röchelt und würgt, bis sein Gesicht knallrot ist und ihm die Augen aus den Höhlen treten.
Als es zur nächsten Stunde klingelt, machen wir High five und kehren bestens gelaunt in unsere Klassenzimmer zurück. Die Sache ist entschieden: Philipp verletzt, Michi krank, und für die anderen beiden fällt uns auch noch was ein.
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Die Trainingsbedingungen auf der Alten Weide sind übrigens noch schlimmer, als wir sie uns vorgestellt haben. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle hinzufügen, dass die Alte Weide der Schandfleck von ganz Vellbach ist. Ein hässliches, ödes Stück Land, eingezwängt zwischen Friedhof, Autobahnzubringer und der städtischen Mülldeponie. Eine Beleidigung für jede Kuh, die hier grasen müsste, aber ein Paradies für durchgeknallte FuÃballtrainer.
Als Speckmann um 16 Uhr in seine Trillerpfeife bläst, stehen wir bis zu den Knöcheln im Matsch, denn es hat heute Nacht geregnet. Der dicke Wilfried stemmt untätig seine Patschhändchen in die weichen Hüften. Das heutige Training ist natürlich Chefsache.
»Und los!«, kommandiert Speckmann, worauf wir gehorsam in die Knie gehen und im Entengang durch den Morast watscheln. Bei jedem Schritt entsteht ein schmatzendes Geräusch unter den FüÃen, während uns das hohe
Gras am Kinn kitzelt. »Schneller, schneller!«, ruft Speckmann ungeduldig, als er sieht, dass wir nach einer Minute erst drei Meter zurückgelegt haben. Aber das »Schneller« kann er sich in die Haare schmieren. Zum einen weil wir im Schlamm kaum vorankommen, zum anderen weil wir Andis Ratschlag beherzigen: immer schön langsam machen.
Als nächste Ãbung steht - wer hätte das gedacht? - Froschhüpfen auf dem Programm. Und zwar immer um die Maulwurfshügel herum, die wie schwarze Inseln im gelblichen Sumpf liegen. Für Philipp eine willkommene Gelegenheit, der Welt zu zeigen, was hohe Schauspielkunst ist. Während uns Speckmanns »Hopp, hopp, hopp!« in den Ohren gellt, kippt Philipp plötzlich mit einem herzzerreiÃenden Schrei zur Seite und hält sich mit beiden Händen den Knöchel. Wir anderen Frösche hüpfen ihm sogleich zur Hilfe. Philipp zwinkert mir kurz zu, bevor er ein lang gezogenes »Aaaaaaaaaaaaaaahhhhhhh!« ausstöÃt und mit einer Hand mehrmals auf den Boden schlägt, sodass der Matsch aufspritzt. »Lass das!«, brummt Benno mit gesprenkeltem Gesicht.
Speckmann stapft missmutig herbei. »Was ist los, Philipp?«
Doch Philipps Antwort ist
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