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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ihrem Sohn einmal erzählt, als sie beide zufällig beobachteten, wie Eugenie mit einer Erwachsenenwindel über dem Arm ein Zimmer betreten hatte.
    »Sie hat keinen Angehörigen hier, Ted, und das Heim zahlt ihr keinen Penny.«
    Warum sie diese Arbeit dann übernommen habe, hatte Ted damals wissen wollen.
    Geheimnisse, dachte er jetzt. Stille Wasser und Geheimnisse.
    Er sah zu PB hinunter, die sich gegen sein Bein hatte sinken lassen und hier, vom Regen geschützt, ein Nickerchen hielt.
    »Komm, gehen wir«, sagte er. »Es ist nicht mehr weit.« Er blickte zwischen den kahlen Ästen der Bäume hindurch zur anderen Straßenseite und sah, dass auch nicht mehr viel Zeit war.
    Eben traten die Mitglieder des Festausschusses aus dem Haus, in dem der Sixty Plus Club seine Räume hatte. Mit aufgespannten Schirmen über Pfützen springend, riefen sie einander Gutenachtwünsche zu, und dem vergnügten Klang ihrer Stimmen war zu entnehmen, dass sie endlich eine Einigung über die Zusammenstellung des Silvestermenüs erzielt hatten. Eugenie würde erfreut sein. Und erfreut würde sie gewiss aufgeschlossener Stimmung und bereit sein, mit ihm zu sprechen.
    Die widerspenstige Hündin im Schlepptau, eilte Ted über die Straße, um Eugenie nicht zu verpassen. Er erreichte das niedrige Mäuerchen zwischen Bürgersteig und Parkplatz, als die letzten Ausschussmitglieder davonfuhren. Im Sixty Plus Club gingen die Lichter aus, die Haustür unter dem Vordach versank im Schatten. Einen Augenblick später trat, mit einem schwarzen Schirm ausgerüstet, Eugenie in das dunstige Halbdunkel zwischen Haus und Parkplatz. Ted hob den Arm, um ihr zu winken, öffnete den Mund, um ihr zu rufen und anzubieten, sie nach Hause zu begleiten. An einem solchen Abend sollte eine hübsche Frau nicht allein unterwegs sein. Gestattest du, dass ein heißer Verehrer dich nach Hause bringt? Leider mit Hund. PB und ich machen gerade unseren Abendspaziergang.
    All dies hätte er sagen können und wollte in der Tat schon zum Sprechen ansetzen, als er plötzlich eine Männerstimme Eugenies Namen rufen hörte. Eugenie wandte sich ruckartig nach links, und Teds Blick flog an ihr vorbei zu einer schattenhaften Gestalt, die soeben einer dunklen Limousine entstieg. Es war nicht viel zu erkennen, da keine der auf dem Parkplatz verteilten Straßenlampen die Gestalt direkt beleuchtete, aber an der Kopfform und der gebogenen Nase, die wie ein Möwenschnabel hervorsprang, sah Ted, dass Eugenies nächtlicher Besucher von neulich wieder da war.
    Der Fremde ging ihr entgegen. Sie blieb, wo sie war. In der veränderten Beleuchtung konnte Ted etwas mehr erkennen: ein älterer Mann - vielleicht in seinem eigenen Alter - mit vollem weißen Haar, das er glatt aus der Stirn gestrichen und so lang trug, dass es an den hochgeschlagenen Kragen seines Burberry stieß.
    Sie begannen miteinander zu sprechen. Er nahm ihr den Schirm ab und hielt ihn über beide, während er drängend auf sie einredete. Er war gut zwanzig Zentimeter größer als Eugenie und stand daher leicht gebeugt, während sie mit erhobenem Kopf zu ihm hinaufsah. Ted versuchte zu hören, worum es bei dem Gespräch ging, aber er fing nur einige Wortfetzen auf: »Du musst ...« und »... auf die Knie fallen, Eugenie?« und schließlich, laut und heftig: »Warum willst du nicht einsehen -« An dieser Stelle unterbrach Eugenie den Fremden mit einem Schwall gedämpft gesprochener Worte und legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Das sagst du mir?«, war das Letzte, was Ted hörte, bevor der Mann Eugenies Hand abschüttelte, ihr zornig den Schirm zurückgab und zu seinem Wagen lief. Ted sandte einen Stoßseufzer der Erleichterung zum Abendhimmel.
    Seine Freude jedoch war von kurzer Dauer. Eugenie lief dem Fremden nach und holte ihn ein, als er die Tür zu seinem Wagen aufriss. Durch die Tür von ihm getrennt, begann sie von neuem zu sprechen. Doch der Mann wandte sich ab. »Nein! Nein!«, rief er, und da hob sie den Arm, um ihm die Hand an die Wange zu legen. Der Autotür zum Trotz, die wie eine Schranke zwischen ihnen stand, schien sie ihn zu sich ziehen zu wollen.
    Aber die Schranke wirkte, der Fremde entzog sich der Liebkosung, die Eugenie ihm zugedacht hatte. Er tauchte in seinen Wagen hinunter, knallte die Tür zu und ließ den Motor an, dessen Aufheulen sich an den Häuserfassaden rund um den Parkplatz brach.
    Eugenie trat zurück. Der Wagen wendete. Die Gangschaltung krachte. Die Reifen drehten auf dem nassen

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