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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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heute mit ihrer Bewährungshelferin gesprochen.«
    Aus der Beunruhigung wurde Furcht, die kalt Yasmins Rücken hinaufkroch. Aber sie wusste, wie die Bullen lügen konnten, wenn sie einen aus der Fassung bringen wollten, damit man sich vor Aufregung verplapperte und etwas sagte, woraus sie einem dann einen Strick drehen konnten. Verlier jetzt bloß nicht die Nerven, dumme Kuh, schalt sie sich selbst.
    Laut sagte sie: »Davon weiß ich nichts. Katja wohnt hier, das stimmt, aber sie geht ihre eigenen Wege. Ich habe mit Daniel genug zu tun.«
    Er schaute zum Schlafzimmer. Das große Doppelbett, die Haarbürste auf der Kommode und die Kleider im Schrank erzählten eine andere Geschichte. Und sie hätte am liebsten geschrien: Ja und? Was gibt's daran auszusetzen? Warst du vielleicht schon mal im Knast, du selbstgerechter Pinkel? Hast du auch nur 'ne Ahnung, wie es ist, wenn du da drinnen hockst und dir klar machst, dass du jetzt eine ganze Zeit lang, die dir wie eine Ewigkeit vorkommt, keinen Menschen hast, der an deinem Leben Anteil nimmt? Keinen Freund und keine Freundin, keinen Geliebten, keinen Partner! Weißt du, wie das ist?
    Aber sie sagte nichts, erwiderte nur trotzig seinen Blick. Und fünf Sekunden lang, die ihr vorkamen wie fünfzig, war in der Wohnung nichts zu hören als die gedämpfte Stimme Dans, der im Badezimmer vor sich hinsummte, während er die Perücken wusch.
    Dann brach ein anderes Geräusch in die Stille ein: das Knirschen eines Schlüssels, und die Wohnungstür wurde geöffnet.
    Katja war da.
    Sein letzter Termin an diesem Tag führte Lynley nach Chelsea. Nachdem er Richard Davies seine Karte in die Hand gedrückt und ihn gebeten hatte, sich zu melden, sollte er von Katja Wolff hören oder sonst etwas Neues zu berichten haben, lenkte er den silbernen Bentley mit viel Geduld durch das Verkehrsgetümmel rund um den South-Kensington-Bahnhof und fuhr dann die Sloane Street hinauf, wo das Licht der Straßenlampen auf die edlen Läden und Restaurants eines rundum edlen Viertels fiel. Er dachte über Verbindungen und Zufall nach und über die Frage, ob das Vorhandensein des einen die Möglichkeit des anderen ausschloss. Es schien sehr wahrscheinlich. Oft befanden sich Menschen zur falschen Zeit am falschen Ort, aber selten war dabei der Zufall im Spiel, wenn ihre Schritte von der Absicht gelenkt waren, jemanden aufzusuchen, der in ihrer Vergangenheit in ein Gewaltverbrechen verwickelt gewesen war. Solche »Zufälle« wollten genau unter die Lupe genommen werden.
    Er nutzte gleich die erste Parklücke in der Nähe des Hauses der St. James', das hoch und braun an der Ecke Lordship Place und Cheyne Row stand, und hievte aus dem Kofferraum des Wagens den Computer, den er aus Eugenie Davies' Arbeitszimmer mitgenommen hatte.
    Auf sein Klingeln an der Haustür der Freunde erscholl als Erstes Hundegebell. Es kam von links, aus der Richtung von St. James' Arbeitszimmer, wo, wie Lynley durch das Fenster erkennen konnte, Licht brannte, und näherte sich der Haustür.
    »Schluss jetzt, Peach!«, sagte drinnen eine Frau, aber der Hund, ein echter Dackel, beachtete den Befehl nicht. Ein Riegel wurde zurückgezogen, die Außenbeleuchtung angeschaltet, und die Tür wurde geöffnet.
    »Tommy! Hallo! Wie schön, dich zu sehen.« Deborah St. James war selbst an der Tür. In den Armen hielt sie ein kläffendes, ungebärdiges Bündel, den rot-braunen Langhaardackel, der unbedingt wieder auf den Boden wollte, um Lynley zu beschnuppern.
    »Peach!«, herrschte sie ihn streng an. »Jetzt hör endlich auf. Du weißt genau, wer das ist.« Sie trat von der Tür zurück. »Komm rein, Tommy. Helen ist leider schon gegangen. Sie war müde, sagte sie. Simon behauptet, sie mache die Nächte durch, weil sie keine Lust hätte, irgendwelche Daten zusammenzutragen, die er braucht - keine Ahnung, woran sie gerade arbeiten -, aber sie schwor Stein und Bein, sie sei nur deshalb so müde, weil du sie gezwungen hättest, bis in die frühen Morgenstunden aufzubleiben und sich alle vier Teile des Ring anzuhören. Ich weiß gar nicht, ob er wirklich vier Teile hat. Aber ist ja egal. Was hast du uns denn da mitgebracht?«
    Sobald die Tür geschlossen war, setzte sie den Hund ab. Er beschnupperte Lynley kurz und wedelte dann erfreut mit dem Schwanz. »Danke«, sagte Lynley höflich, und Peach trottete ins Arbeitszimmer, wo ein Gasfeuer brannte und die Lampe auf St. James' Schreibtisch, in deren Lichtschein mehrere Druckseiten verteilt lagen, manche

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