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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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mit Schwarzweißfotografien, andere nur mit Schrift.
    »Stell das Ding irgendwo ab, Tommy«, sagte Deborah. »Es sieht grässlich schwer aus.«
    Lynley stellte den Computer auf einen niedrigen Tisch neben dem Sofa vor dem offenen Kamin. Peach konnte es nicht lassen, das Gerät kurz zu inspizieren, ehe er zu seinem Korb zurückkehrte, der direkt vor dem Feuer stand. Mit einem behaglichen Seufzer rollte er sich zusammen und legte den Kopf auf die Vorderpfoten, um den weiteren Verlauf des Abends zu beobachten, wobei ihm von Zeit zu Zeit die Augen zufielen.
    »Du willst sicher zu Simon«, sagte Deborah. »Er ist oben. Ich geh rauf und sag ihm Bescheid.«
    »Gleich«, sagte Lynley, ohne zu überlegen und so prompt, dass Deborah, die schon auf dem Weg hinaus war, abrupt stehen blieb und ihn fragend anlächelte.
    Mit einer kurzen Handbewegung schob sie ihr schweres Haar hinter das Ohr, sagte: »Na gut«, und ging zu dem altmodischen Barwagen, der am Fenster stand. Sie war ziemlich groß und hatte einen sehr weiblichen Körper, nicht dick, aber wohl gerundet. Zu schwarzen Jeans trug sie einen olivgrünen Pulli, der ihr kupferrotes Haar gut zur Geltung brachte.
    Überall an den Wänden des Zimmers und auf dem untersten Bord der Bücherregale waren Dutzende gerahmter Fotografien gestapelt, einige von ihnen in Plastikfolie verpackt, und das erinnerte ihn daran, dass die Eröffnung von Deborahs Ausstellung in einer Galerie in der Great Newport Street kurz bevorstand.
    »Magst du einen Sherry?«, fragte sie. »Oder lieber einen Whisky? Wir haben einen neuen Lagavulin, von dem Simon behauptet, er wäre der absolute Göttertrank.«
    »Na, wenn Simon, der Wissenschaftler, zu Metaphern greift, muss er wirklich gut sein. Ich nehm gern einen. Und du bist bei den Vorbereitungen für deine Ausstellung?«
    »Ich bin beinahe fertig. Nur der Katalog gefällt mir noch nicht ganz.« Sie reichte ihm den Whisky und sagte mit einer Handbewegung zum Schreibtisch: »Ich seh mir gerade die Fahnen an. Die Bilder, die sie ausgewählt haben, sind in Ordnung, aber sie haben einen Teil meiner fulminanten Prosa gestrichen -« Sie lachte und zog dabei ihre sommersprossige Nase kraus, sodass sie plötzlich wie ein Teenager aussah und nicht wie eine sechsundzwanzigjährige verheiratete Frau. »Und das ärgert mich. Da hast du's. Kaum nähern sich meine fünfzehn Minuten, schon gebärde ich mich als grande artiste!«
    Er lächelte. »Das glaube ich nicht.«
    »Was?«
    »Das mit den fünfzehn Minuten.«
    »Du bist heute Abend sehr fix.«
    »Ich sage nur die Wahrheit.«
    Sie sah ihn mit einem liebevollen Lächeln an, dann wandte sie sich um und goß sich Sherry ein. Sie nahm das Glas und hob es hoch. »Auf - hm - ich weiß nicht«, sagte sie. »Worauf wollen wir trinken?«
    Helen hatte also Wort gehalten und nichts von dem Kind gesagt. Er war erleichtert. Gleichzeitig fühlte er sich unbehaglich. Irgendwann würde Deborah es erfahren müssen, und er wusste, dass er selbst es ihr sagen sollte. Er hätte es gern jetzt, in diesem Moment, getan, aber er wusste nicht, wie er anfangen sollte, wenn er nicht rundheraus sagen wollte: Trinken wir auf Helen. Trinken wir auf das Kind, das meine Frau und ich gemacht haben. Aber das war natürlich völlig ausgeschlossen.
    So sagte er stattdessen: »Trinken wir darauf, dass du alle deine Fotos verkaufst, gleich am Eröffnungstag, und an Mitglieder der königlichen Familie, die damit endlich einmal beweisen würden, dass sie neben Pferden und der Hetzjagd auch anderes zu schätzen wissen.«
    »Du hast deine erste Fuchsjagd nie überwunden, hm?«
    »Schauderhaft!«
    »Das ist Standesverrat, mein Lieber!«
    »Ich hoffe, gerade das macht mich interessant.«
    Deborah lachte, sagte: »Na, dann prost!«, und nippte an ihrem Sherry.
    Lynley seinerseits trank einen großen Schluck von dem Lagavulin und sann darüber nach, was alles zwischen ihnen unausgesprochen war. Es war ein beklemmendes Gefühl, sich plötzlich mit der eigenen Feigheit und Unschlüssigkeit konfrontiert zu sehen.
    »Was hast du nach der Ausstellung vor?«, fragte er. »Hast du schon etwas Neues im Kopf?«
    Deborah betrachtete nachdenklich die reihenweise gestapelten Fotografien. »Ach weißt du, es ist ein bisschen abschreckend«, gestand sie. »Ich arbeite jetzt seit Januar an diesem Projekt. Elf Monate! Und was ich gern täte, wenn die Götter und mein Ehemann damit einverstanden sind ...« Sie hob den Kopf und blickte zur Zimmerdecke hinauf. »Ich würde gern

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