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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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überlegen sich einmal, was ein derartiger Verlust für eine Ehe bedeuten kann. Eugenie brauchte mir keine langen Erklärungen darüber zu geben, warum sie ging. Manche Ehen überleben ein Trauma. Andere nicht.«
    »Sie haben nicht nach Ihrer geschiedenen Frau gesucht, nachdem sie gegangen war?«
    »Was hätte das für einen Sinn gehabt? Ich wollte Eugenie nicht mit Gewalt an mich binden, wenn sie nicht bleiben wollte. Und ich musste auch an meinen Sohn denken. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die der Auffassung sind, dass zwei Elternteile für ein Kind immer das Beste sind, ganz gleich, wie es in ihrer Ehe aussieht. Wenn eine Ehe misslingt, muss sie beendet werden. Das ist für Kinder gesünder, als in einer Familie zu leben, in der ständig Krieg herrscht.«
    »Sie haben sich nicht im Guten getrennt?«
    »Sie ziehen Schlussfolgerungen, Inspector.«
    »Das gehört zu meiner Arbeit.«
    »Aber es führt Sie auf den falschen Weg. Es tut mir Leid, Sie enttäuschen zu müssen, aber zwischen Eugenie und mir gab es kein böses Blut.«
    Richard war verärgert. Jill hörte es an seinem Ton und war ziemlich sicher, dass auch der Inspector es hörte. Besorgt versuchte sie mit ein paar scheinbar absichtslosen Gesten die Aufmerksamkeit Richards zu gewinnen, um ihn mit einem Blick zu warnen, der ihn hoffentlich veranlassen würde, wenn schon nicht den Inhalt seiner Antworten, so doch ihren Ton zu ändern. Sie kannte die Quelle seines Argers: Gideon, immer Gideon, was Gideon tat und nicht tat, was Gideon sagte und nicht sagte. Richard war verstimmt, weil Gideon nicht angerufen und den Besuch des Kriminalbeamten gemeldet hatte. Aber der Inspector würde es nicht so verstehen. Er würde den Ärger weit eher als Richards Reaktion auf die allzu direkten Fragen über Eugenie verstehen.
    »Entschuldige, Richard«, sagte sie. »Könntest du mir kurz helfen ...?« Und zu dem Kriminalbeamten gewandt, fügte sie mit einem ungeduldigen Lächeln hinzu: »Ich laufe in letzter Zeit jede Viertelstunde zur Toilette. - Oh, danke dir, Darling. Du lieber Gott, ich bin ganz wackelig.« Sie hielt Richards Arm umklammert und tat, als wäre ihr schwindlig, während sie auf sein Angebot wartete, sie zum Badezimmer zu begleiten. Damit würde er etwas Zeit gewinnen, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Aber zu ihrer Enttäuschung legte er ihr nur einen Moment stützend den Arm um die Taille und sagte, »sei vorsichtig«, ohne die geringsten Anstalten zu machen, sie aus dem Zimmer zu geleiten.
    Sie versuchte es mit Telepathie. Komm mit, beschwor sie ihn stumm. Aber er ignorierte die Botschaft, oder sie kam gar nicht bei ihm an. Sobald er den Eindruck hatte, dass sie wieder sicher auf den Füßen stand, ließ er sie los und richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf den Kriminalbeamten.
    Ihr blieb nichts anderes übrig als hinauszugehen, und sie tat es in Anbetracht ihres Körperumfangs bemerkenswert schnell. Sie musste sowieso pinkeln - sie musste jetzt dauernd pinkeln -, und während sie auf dem Klo saß, versuchte sie zu hören, was in dem Zimmer vorging, das sie soeben verlassen hatte.
    Als sie wieder zurückkam, sprach gerade Richard. Sie bemerkte erleichtert, dass es ihm gelungen war, seinen Jähzorn zu zügeln. Er war die Ruhe selbst, als er sagte, »Mein Sohn leidet, wie ich Ihnen bereits sagte, an starkem Lampenfieber, Inspector. Er kann diese Furcht nicht bezwingen. Wenn Sie bei ihm waren, werden Sie zweifellos bemerkt haben, dass es ihm sehr schlecht geht. Ich war bereit - und bin es immer noch -, alles zu versuchen, um ihm zu helfen. Und in der Hoffnung, meine geschiedene Frau könne irgendwie dazu beitragen, war ich sogar bereit, sie um Unterstützung zu bitten. Ich liebe meinen Sohn. Ich möchte nicht erleben müssen, dass sein Leben durch irrationale Ängste zerstört wird.«
    »Sie haben Ihre Frau also gebeten, sich mit Ihrem Sohn zu treffen?«
    »Ja.«
    »Warum erst so lange nach dem Ereignis?«
    »Dem Ereignis?«
    »Dem Konzert in der Wigmore Hall.«
    Richard bekam einen roten Kopf. Er hasste es, an jenen Abend erinnert zu werden. Jill hatte kaum Zweifel, dass er Gideon, sollte dieser je wieder Konzerte geben können, dieses Haus niemals betreten lassen würde. Es war der Schauplatz einer öffentlichen Demütigung, und am liebsten hätte Richard es in Schutt und Asche gelegt.
    Richard sagte: »Wir hatten zu diesem Zeitpunkt alles andere versucht, Inspector. Aromatherapie, Verhaltenstherapie, aufbauende Gespräche, Psychotherapie, wir

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