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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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können, ob er am Abend von Eugenie Davies' Ermordung da gewesen war.
    »Oh, mein Gott, ja, der Herr hat großen Erfolg bei den Damen.« Der Nachtportier hatte sich das Foto von Pitchley angesehen, während hinter ihm in einem Video einer uralten Episode von »Das Haus am Eaton Place« Major Bellamy und seine Frau sich in kultivierten Tönen stritten. Er hatte sich einen Moment lang von den dramatischen Entwicklungen auf dem Bildschirm fesseln lassen und seufzend gesagt: »Die Ehe hält bestimmt nicht«, ehe er sich Barbara zugewandt und ihr das Bild zurückgereicht hatte. »Er kommt oft mit seinen Damen hierher«, sagte er. »Er bezahlt immer bar, und die Dame wartet inzwischen da drüben im Salon. Er möchte nicht, dass ich sie sehe oder auf die Idee komme, dass sie das Zimmer nur ein paar Stunden benutzen wollen, zum Geschlechtsverkehr. Ja, der Mann kommt sehr oft hierher.«
    Im Valley of Kings war es ähnlich. J.W. Pitchley hatte sich die Speisekarte hinauf und hinunter gegessen, und die Kellner konnten die Gerichte aufzählen, die er in den letzten fünf Monaten bestellt hatte. Aber was seine Begleiterinnen anging ... Blonde, Brünette, Rothaarige und Grauhaarige. Natürlich immer Engländerinnen. Was war in so einer dekadenten Gesellschaft anderes zu erwarten!
    Barbara hatte Eugenie Davies' Foto zusammen mit dem von J. W. Pitchley gezeigt, aber das hatte überhaupt nichts gebracht. Ah ja, auch eine Engländerin, nicht wahr?, hatten die beiden Kellner und ebenso der Nachtportier gefragt. Ja, möglich, dass sie einen Abend mit dem Herrn zusammen hier gewesen war. Vielleicht aber auch nicht. Wissen Sie, der Herr ist interessant: Wie bringt es ein so durchschnittlicher Mensch zu so außergewöhnlichen Erfolgen bei den Damen?
    »In der Not frisst der Teufel Fliegen«, hatte Barbara gemurmelt. »Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Sie hatten es nicht verstanden, und sie hatte es nicht erklärt. Sie war unverrichteter Dinge nach Hause gefahren und hatte beschlossen, sich bis zum Morgen zu gedulden, um dann in aller Frühe das Standesamt im St. Catherine's House aufzusuchen.
    Dahin wollte sie, das wurde ihr klar, während sie, an ihrem kleinen Tisch sitzend, rauchte und hoffte, dass das Nikotin ihre Gehirnzellen anregen würde. Bei diesem J.W. Pitchley stimmte was nicht; wenn ihr das nicht schon die Tatsache gesagt hätte, dass man seine Adresse in der Handtasche der Toten gefunden hatte, dann war es auf jeden Fall klar gewesen, als sie die beiden Typen bei ihm aus dem Küchenfenster hatte springen sehen, und den Scheck, den er ausgeschrieben hatte - garantiert für einen der Kerle.
    Superintendent Webberly konnte sie nicht helfen. Aber sie konnte auf dem geplanten Weg weitergehen und versuchen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, das J.W. Pitchley alias James Pitchford so dringend für sich behalten wollte. Leicht möglich, dass etwas dahinter steckte, was ihn eines Mordes und der heimtückischen Attacke auf Webberly überführte. Und wenn das zutraf, dann wollte sie diejenige sein, die das Schwein festnagelte. Das wenigstens war sie dem Superintendent schuldig, dem sie so unendlich viel verdankte.
    Ruhig geworden, holte sie ihre voluminöse marineblaue Jacke aus dem Schrank und wickelte sich einen karierten Schal um den Hals. Besser gerüstet für die Novemberkälte, ging sie ein zweites Mal in den klammen, grauen Morgen hinaus.
    Das St. Catherine's House war noch nicht geöffnet, als sie ankam, und sie nutzte die Wartezeit, um in einem der altmodischen kleinen Cafes, die es in London bald nicht mehr geben würde, ein Sandwich mit Schinken und Pilzen zu verdrücken. Danach telefonierte sie mit dem Charing Cross Hospital und erfuhr, dass Webberlys Zustand unverändert war. Lynley erreichte sie auf seinem Handy auf der Fahrt ins Yard. Er berichtete ihr, dass er bis sechs Uhr im Krankenhaus gewesen war und aufgegeben hatte, als ihm klar geworden war, dass die Warterei auf der Intensivstation nur seine Nerven strapazierte und Webberly nicht im Geringsten half.
    »Hillier ist dort«, sagte er abrupt, und die drei Worte waren Erklärung genug. AC Hillier war nicht einmal in seinen besten Momenten ein angenehmer Zeitgenosse.
    »Was ist mit dem Rest der Familie?«, fragte Barbara.
    »Miranda ist aus Cambridge hergefahren.«
    »Und Frances?«
    »Laura Hillier ist bei ihr. Zu Hause, in Stamford Brook.«
    »Zu Hause?« Barbara runzelte die Stirn. »Schon ein bisschen seltsam, finden Sie nicht, Sir?«
    Woraufhin Lynley

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