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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gefunden, die er ihr im Laden hinterlassen hatte.
    Sie starrte auf den Namen: Winston Nkata. Das war afrikanisch. Aber er redete, als wäre er westindischer Herkunft, außer er bemühte sich, amtlich zu sein. Links unten auf der Karte stand eine Telefonnummer, eine Nummer der Metropolitan Police, die sie bestimmt nicht anrufen würde, und gegenüber, auf der rechten Seite, war eine Piepser-Nummer. »Sie können mich jederzeit anpiepsen«, hatte er gesagt. »Rund um die Uhr.«
    Hatte er das wirklich gesagt? Ach was, es spielte sowieso keine Rolle, weil es ihr nicht einfallen würde, einem Bullen ihr Herz auszuschütten. Nie im Leben. So blöd war sie nicht.
    Sie hatte die Karte wieder in ihre Jackentasche geschoben, und da spürte sie sie jetzt, schwer wie ein Stück Blei, das heiß zu werden begann und immer schwerer wog, ihre rechte Schulter nach unten zog mit ihrem Gewicht und sie dazu trieb, etwas zu tun, was sie ganz bestimmt nicht tun wollte.
    Sie trat von dem Haus zurück und ging auf dem Fußweg durch den Garten. Die Hände nach hinten ausgestreckt, ertastete sie die Pforte und manövrierte sich rückwärts hinaus auf die Straße. Wenn jemand auf die Idee kam, hinter diesen Vorhängen heimlich rauszuschauen, dann wollte sie sehen, wer es war. Aber nichts dergleichen geschah. Das Haus war leer.
    Sie fasste einen Entschluss, als ratternd ein Lieferwagen eines Zustellungsdiensts in die Galveston Road einbog. Langsam tuckerte er durch die Straße, während der Fahrer nach der Hausnummer Ausschau hielt, die sein Ziel war. Als die richtige Adresse gefunden war, sprang der Fahrer aus dem Wagen und lief, ohne den Motor auszuschalten, zur Haustür, um das Paket abzugeben. Yasmin, die drei Häuser entfernt dastand, wartete. Er klingelte. Nach etwa zehn Sekunden wurde die Tür geöffnet. Ein kurzer höflicher Austausch, eine Unterschrift, und der Mann joggte zu seinem Fahrzeug zurück. Im Vorbeifahren streifte er Yasmin mit einem kurzen Blick, der nicht mehr registrierte als: weiblich, schwarz, kaputtes Gesicht, klasse Körper, okay für eine schnelle Nummer, Dann war er mit seinem Lieferwagen fort.
    Yasmin ging auf das Haus zu, wo er sein Paket abgegeben hatte. Sie übte ihren Text. Außer Sichtweite des Fensters, das dem von Nummer fünfundfünfzig aufs Haar glich, blieb sie stehen und kritzelte die Adresse - Galveston Road 55, Wandsworth - auf die Rückseite der Karte des Bullen. Dann zog sie den Schal von ihrem Haar und schlang ihn sich wie einen Turban um den Kopf. Sie nahm ihre bunten Ohrringe ab und öffnete den obersten Knopf ihrer Jacke, um auch ihre Halskette abzulegen, die sie zusammen mit den Ohrringen in ihrer Umhängetasche verschwinden ließ. Dann knöpfte sie die Jacke wieder zu und klappte brav und bieder den Kragen herunter.
    So verkleidet für die Rolle, die sie zu spielen gedachte, trat sie in den Garten des Hauses, wo kurz zuvor der Bote sein Paket abgeliefert hatte, und klopfte zaghaft an. Die Tür hatte einen Spion, und sie senkte den Kopf, zog ihre Tasche von der Schulter und hielt sie vor sich wie eine Handtasche. Sie bemühte sich, ihrem Gesicht einen Ausdruck zu verleihen, der zugleich Unterwürfigkeit, Ängstlichkeit, Nervosität und das eifrige Bestreben zu gefallen zeigte.
    Gleich darauf hörte sie die Stimme einer Frau. »Ja? Was ist denn?« Die Frau öffnete die Tür nicht, aber die Tatsache, dass sie überhaupt auf ihr Klopfen reagiert hatte, sagte Yasmin, dass sie die erste Hürde genommen hatte.
    Sie hob den Kopf. »Ach, bitte, können Sie mir vielleicht helfen?«, fragte sie. »Ich sollte bei Ihrer Nachbarin putzen, aber sie ist anscheinend nicht zu Hause. Nummer fünfundfünzig.«
    »Tagsüber arbeitet sie«, rief die Frau durch die Tür.
    »Aber ich versteh das nicht ...« Yasmin hielt die Karte des Polizisten hoch. »Sehen Sie ...?«, sagte sie. »Ihr Mann hat es mir genau aufgeschrieben.«
    »Ihr Mann?« Die Frau sperrte endlich auf und öffnete. Sie war mittleren Alters und hielt eine Schere in der Hand. »Oh! Entschuldigung«, sagte sie, als sie bemerkte, dass Yasmins Blick zu der Schere huschte. »Ich habe gerade ein Paket aufgemacht. So. Lassen Sie mich doch mal sehen.«
    Yasmin reichte ihr bereitwillig die Karte. Die Frau las die Adresse.
    »Ja, stimmt. Hier steht tatsächlich ... Aber Sie sprachen von ihrem Mann?« Und als Yasmin nickte, drehte die Frau die Karte um und las, so wie Yasmin am vergangenen Abend gelesen hatte: Winston Nkata, Detective Constable, Metropolitan

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