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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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die Tür. Noch ehe sie ein Bein aus dem Wagen geschwungen hatte, war der Bulle da.
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte er verärgert. »Glauben Sie vielleicht, eine Morduntersuchung wäre ein Jux, Mrs. Edwards?«
    »Sie haben doch gesagt, dass sie nicht wissen, wie lange -« Yasmin brach ab. Wie kam sie dazu, sich vor ihm zu rechtfertigen?
    »Ich hatte einen Termin. Wollen Sie mir jetzt tragen helfen, oder macht's Ihnen mehr Spaß, mich fertig zu machen?« Trotzig sah sie ihm ins Gesicht - eine Frau, so groß wie er - und wartete auf eine Beleidigung oder auf Spott.
    Aber es kam nichts dergleichen. Er ging wortlos zum Kofferraum des Fiesta und wartete darauf, dass sie aufsperren würde.
    Sie tat es, hob ihm den Karton mit ihren Frisiersachen in die Arme und stellte noch den Koffer mit dem Schminkzeug, den Cremes und den Bürsten obenauf. Dann knallte sie die Kofferraumklappe zu und ging zum Laden, wo sie die Eisengitter aufsperrte und nach oben schob und mit der Schulter nachhalf, wie immer, wenn es auf halbem Weg klemmte.
    »Moment mal«, sagte er und stellte seine Last zu Boden.
    Bevor sie es verhindern konnte, drückte er seine Hände - breit und flach und schwarz mit hellen ovalen Nägeln, die kurz geschnitten und gepflegt waren - rechts und links unter das Gitter und stieß es hinauf, während sie schob. Mit einem Knirschen von Metall auf Metall hob sich das Gitter. Der Bulle blieb, wo er war, direkt hinter ihr, viel zu nahe, und sagte: »Da muss mal was gemacht werden. Der wird sich bald überhaupt nicht mehr hochschieben lassen.«
    »Ich komm schon zurecht«, sagte sie und ergriff den Metallkoffer mit den Schminksachen, weil sie etwas tun und ihm zu verstehen geben wollte, dass sie keine Hilfe nötig hatte.
    Aber drinnen im Laden war es wie zuvor. Er schien den Raum zu füllen, er schien von ihm Besitz zu ergreifen. Und das ärgerte sie, zumal er überhaupt nichts tat, woraus man hätte schließen können, dass er es darauf anlegte, den starken Mann zu markieren. Er stellte den Karton auf den Tresen und sagte in ernsthaftem Ton: »Ich habe fast eine Stunde auf Sie gewartet, Mrs. Edwards. Ich hoffe, es hat sich gelohnt.«
    »Von mir brauchen Sie sich überhaupt nichts -« Sie fuhr zornig herum. Sie war gerade dabei gewesen, ihren Schminkkoffer zu verstauen, als er sprach, und ihre Reaktion war reiner Reflex, zack!, genau wie bei den Pawlowschen Hunden und ihrer Glocke.
    Mensch, komm, jetzt zier dich nicht so, Yas. Wenn eine so 'nen Körper hat wie du, sollte sie ihn auch gebrauchen.
    Darum hätte sie jetzt dem Bullen beinahe ins Gesicht geschrien: Von mir brauchen Sie sich überhaupt nichts zu erhoffen! Nichts da von wegen Knutscherei in der Wäschekammer, geilem Gegrapsche beim Essen unterm Tisch, großer Entkleidungsszene mit anschließenden wütenden Versuchen, widerwillige Beine auseinander zu zwingen. Mensch, jetzt stell dich doch nicht so an, Yas!
    Sie spürte, wie ihr Gesicht erstarrte. Er beobachtete sie. Sie nahm wahr, wie sein Blick von ihrem Mund zu ihrer Nase wanderte. Sie war gezeichnet von dem, was ein Mann Liebe genannt hatte, und er las diese Zeichen, und sie würde es niemals vergessen können.
    Er sagte: »Mrs. Edwards«, und sie fragte sich, wieso sie diesen Namen, dessen Klang ihr so verhasst war, beibehalten hatte. Sie hatte sich einzureden versucht, sie hätte es Daniels wegen getan, damit Mutter und Sohn wenigstens durch den Namen verbunden wären, wenn es schon keine andere Verbindung zwischen ihnen geben konnte. Jetzt aber fragte sie sich, ob sie es getan hatte, um sich selbst zu strafen; nicht als ständige Erinnerung daran, dass sie ihren Mann getötet hatte, sondern gewissermaßen als Buße dafür, dass sie sich überhaupt mit ihm eingelassen hatte.
    Sie hatte ihn geliebt, ja. Aber sie hatte sehr bald begriffen, dass es einem nicht gut tat, zu lieben. Nur hatte sie die Lektion nicht wirklich gelernt. Sie hatte von Neuem geliebt, und was war dabei herausgekommen? Dass sie jetzt einem Bullen gegenüber stand, der diesmal dieselbe Mörderin, aber eine ganz andere Art von Leiche erleben würde.
    »Sie wollten mir etwas mitteilen.« Constable Winston Nkata griff in die Tasche seines wie angegossen sitzenden Jacketts und zog ein Notizbuch heraus; das, welches sie schon kannte, an dem der Drehbleistift festgeklemmt war.
    Yasmin musste an die Lügen denken, die er bereits aufgeschrieben hatte, und wie schlecht sie dastehen würde, wenn sie jetzt plötzlich beschloss, reinen Tisch zu machen.

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