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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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angesprochen hatte.
    Und trotzdem konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass manche Paare es schafften, beieinander zu bleiben, ganz gleich, was aus ihren Gefühlen füreinander geworden war. Ja, manche Paare behaupteten im Brustton der Überzeugung, sie wollten »unter allen Umständen zusammenwachsen«, wenn in Wirklichkeit nichts weiter sie zusammenhielt als ein Bankkonto, eine Immobilie, gemeinsame Kinder und eine Aversion, die Möbel und den Christbaumschmuck zu teilen. Leach kannte Kollegen, die mit Frauen verheiratet waren, die sie seit Ewigkeiten nicht mehr mochten. Aber der Gedanke daran, womöglich ihre Kinder und ihren Besitz - ganz zu schweigen von der Pension - aufs Spiel zu setzen, hielt sie seit Jahren bei der Stange.
    Und damit war Leach in seinen Überlegungen bei Malcolm Webberly angelangt.
    Er hatte damals gemerkt, dass etwas im Gange war, an den Telefongesprächen, den hastig gekritzelten Briefchen, die in einen Umschlag geschoben und abgeschickt wurden, an Webberlys häufiger Zerstreutheit bei Gesprächen. Er hatte seinen Verdacht gehabt, aber die Bestätigung hatte er erst sieben Jahre nach dem Fall Davies erhalten, als er sie rein zufällig zusammen sah, bei einem Ausflug, den er mit Bridget und den Kindern zur Regatta in Henley unternommen hatte, weil Curtis, sein Sohn, einen Schulaufsatz zu dem Thema Kultur und Traditionen unserer Heimat schreiben musste - du meine Güte, er erinnerte sich sogar noch wörtlich an den Titel! Ja, da hatte er sie gesehen, die beiden, Arm in Arm auf der Themsebrücke, die nach Henley hineinführte, mitten im Sonnenlicht. Er erkannte sie nicht gleich, er hatte sie nicht mehr in Erinnerung, bemerkte nur, dass sie gut aussah und die beiden offensichtlich ein Liebespaar waren.
    Seltsam, dachte Leach jetzt, sich zu erinnern, was er damals beim Anblick Webberlys und seiner Freundin empfunden hatte. Ihm war schlagartig klar geworden, dass sein Vorgesetzter bis zu diesem Moment für ihn nie ein Mensch wie jeder andere gewesen war. Ihm war klar geworden, dass er Webberly etwa so gesehen hatte, wie ein Kind einen weit älteren Erwachsenen sieht. Und die plötzliche Erkenntnis, dass Webberly ein geheimes Leben hatte, traf ihn so heftig, wie es einen Achtjährigen getroffen hätte, seinen Papa mit einer Frau aus der Nachbarschaft im Bett zu überraschen.
    Und so sah sie auch aus, die Frau auf der Brücke, irgendwie vertraut, wie jemand aus der Nachbarschaft. Sie schien Leach sogar so vertraut, dass er eine Zeitlang erwartete, ihr in der Dienststelle zu begegnen - vielleicht eine Sekretärin, die ihm noch nicht vorgestellt worden war? - oder sie aus einem der Bürohäuser in der Earl's Court Road kommen zu sehen. Er hatte geglaubt, Webberly hätte sie rein zufällig kennen gelernt, hätte rein zufällig ein Gespräch mit ihr angefangen, gemerkt, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte, und sich gesagt: Warum nicht, Male? Was ist denn schon dabei?
    Leach konnte sich nicht erinnern, wann oder wie er dahinter gekommen war, dass Webberlys Geliebte Eugenie Davies war. Aber als er es wusste, konnte er den Mund nicht mehr halten. Er musste seiner Entrüstung Luft machen, und er verhielt sich keineswegs wie der kleine Junge, der fürchtet, dass Papa von zu Hause fortgeht, sondern wie ein Erwachsener, der Recht und Unrecht unterscheiden kann. Mein Gott, wie konnte ein Beamter der Mordkommission - sein Partner! - die Grenzen so verletzen? Wie konnte er sich dazu hinreißen lassen, so schamlos die Situation einer Frau auszunützen, die das verletzte und geschundene Opfer tragischer Ereignisse und ihrer Nachwirkungen war ... Es war unvorstellbar.
    Webberly war immerhin bereit gewesen, sich seine Vorhaltungen anzuhören. Einen Kommentar dazu hatte er erst abgegeben, als Leach das Ende seines Vortrags über Webberlys unprofessionelles Verhalten erreicht hatte. Da hatte er gesagt: »Wofür, zum Teufel, halten Sie mich, Eric? So war es nicht. Das hat nicht während der Ermittlungen angefangen. Ich hatte sie mehrere Jahre nicht gesehen, als wir ... Erst als ... Es war am Paddington Bahnhof. Ganz zufällig. Wir haben vielleicht zehn Minuten miteinander gesprochen, dann mussten wir zu unseren Zügen. Später ... Herrgott noch mal, wieso gebe ich hier eigentlich Erklärungen ab? Wenn Sie der Meinung sind, dass mein Verhalten nicht in Ordnung ist, dann reichen Sie doch Ihre Versetzung ein.«
    Aber das hatte er nicht gewollt.
    Und warum nicht?, fragte er sich.
    Weil Malcolm Webberly einen

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