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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht. Er war seit sechzehn Jahren von Eugenie geschieden. Ihrer Meinung nach hätte die Identifizierung der Leiche seiner geschiedenen Frau für ihn nicht mehr bedeuten sollen als eine unangenehme Pflicht.
    Gladys, die Trainerin, die Jill mittlerweile als eine Mischung aus Sportkanone und Foltermeisterin kennen gelernt hatte, sagte:
    »Kommen Sie, Jill, noch zehn. Sie werden's mir danken, Kindchen, wenn Sie erst in den Wehen liegen.«
    »Ich kann nicht mehr«, ächzte Jill.
    »Unsinn. Denken Sie einfach nicht an die Anstrengung, denken Sie lieber an das Kleid. Sie werden's mir danken, glauben Sie mir. Nun kommen Sie schon, noch zehn Stück.«
    Das erwähnte Kleid war ein Hochzeitskleid, eine Kreation aus einem Salon in Knightsbridge, das ein kleines Vermögen gekostet hatte. Es schmückte die Wohnzimmertür, an der Jill es aufgehängt hatte, um sich anzuspornen, wenn sie gegen Heißhungeranfälle zu kämpfen hatte oder von ihrer unerbittlichen Foltermeisterin durch eine Serie anstrengender Übungen gejagt wurde.
    »Ich schicke dir Gladys Smiley«, hatte ihre Mutter sofort erklärt, als sie von dem zu erwartenden Nachwuchs erfuhr.
    »Sie ist die Beste, die du weit und breit für eine Schwangerschaftsvorbereitung bekommen kannst. Im Allgemeinen ist sie zwar voll ausgebucht, aber mir zuliebe wird sie dich sicher noch einschieben. Gymnastik ist das A und O. Und natürlich eine gesunde Ernährung.«
    Jill hatte sich ihrer Mutter gefügt, allerdings nicht aus töchterlichem Gehorsam, sondern weil Dora Forster im Lauf der Jahre bei Hausgeburten mindestens fünfhundert gesunden Säuglingen auf die Welt geholfen hatte, also wusste, wovon sie sprach.
    Gladys gab den Rhythmus an. Jill schwitzte wie ein Rennpferd und fühlte sich wie eine trächtige Sau, aber sie brachte ein strahlendes Lächeln für Richard zustande. Er war gegen die Schwangerschaftsvorbereitung gewesen, die er »absolut absurd« nannte, und von einer Entbindung Jills durch ihre Mutter in ihrem Elternhaus in Wiltshire wollte er ebenfalls nichts wissen. Aber da Jill seinen Wünschen bezüglich der Hochzeit entgegengekommen war - indem sie sich dem neueren Brauch, die Eheschließung erst nach Geburt eines Kindes durchzuführen, fügte, anstatt auf der traditionellen Abfolge von Verlobung, Verheiratung, Schwangerschaft zu bestehen, die ihr persönlich lieber gewesen wäre -, würde Richard nichts anderes übrig bleiben, als sich nach ihren Vorstellungen zu richten. Schließlich war sie diejenige, die das Kind zur Welt brachte. Und wenn sie wünschte, dass ihre Mutter - die immerhin über dreißig Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet verfügte - sie entband, dann würde es auch so gemacht werden.
    »Du bist noch nicht mein Ehemann, Schatz«, sagte sie jedes Mal freundlich, wenn er protestierte. »Ich habe noch nicht versprochen, dich zu lieben, zu ehren und dir zu gehorchen.«
    Das war der Trumpf, der immer stach, und darum würde sie am Ende ihren Willen durchsetzen.
    »... vier ... drei ... zwei ... eins ... Ja!«, rief Gladys. »Hervorragend, Jill. Machen Sie so weiter, dann wird die Kleine nur so rausflutschen. Warten Sie nur ab.« Sie reichte Jill ein Handtuch und nickte Richard zu, der, grau im Gesicht, an der Tür stehen geblieben war. »Haben Sie sich schon auf einen Namen geeinigt?«
    »Catherine Ann«, sagte Jill entschieden, und Richard sagte ebenso entschieden: »Cara Ann.«
    Gladys blickte kurz von einem zu anderen und meinte dann:
    »Na, wunderbar. Machen Sie so weiter, Jill, Kindchen. Wir sehen uns übermorgen, ja? Um dieselbe Zeit?«
    »Hm.« Jill blieb auf dem Boden liegen, während Richard Gladys hinausbegleitete. Jill lag immer noch dort - sie kam sich vor wie ein gestrandeter Wal -, als er ins Wohnzimmer zurückkehrte.
    »Schatz«, sagte sie, »nie im Leben wird mein Kind Cara heißen. Ich mache mich doch nicht zum Gespött aller meiner Freunde und Bekannten. Cara! Also wirklich, Richard. Unsere Tochter ist ein Kind und keine Figur aus einem Kitschroman.«
    Unter normalen Umständen hätte er widersprochen und gesagt: »Aber der Name Catherine ist viel zu gewöhnlich. Wenn dir Cara nicht passt, müssen wir uns etwas ganz anderes einfallen lassen und uns auf einen Kompromiss einigen.«
    So war das zwischen ihnen seit dem Tag ihrer ersten Begegnung, als sie bei den Dreharbeiten zu einer Dokumentation über seinen Sohn mit Richard aneinander geraten war. »Sie können sich mit Gideon über Musik unterhalten«, hatte er ihr bei den

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