1102 - Assungas Blutfalle
Sie zitterte. Die Worten hallten in ihrem Kopf nach, und sie konnte nicht fassen, daß ihrer Tochter Cathy das Blut ihrer Katze geschmeckt hatte. Das war menschlich nicht zu vertreten. Da gab es einen Riegel, der vor ihrem Kopf stand. Oder ein Brett, das sie nicht durchschauen konnte.
»Du hast deine Katzen getötet.«
»Ja.«
»Aber du hast sie lieb gehabt.«
»Ich weiß.«
»Du hast sie dir gewünscht.«
»Ich wollte ihr Blut!«
Es war eine Antwort, die von Sharon nicht akzeptiert werden konnte. Für sie war es unmöglich, das gab es einfach nicht, und sie wollte es auch nicht akzeptieren, deshalb schüttelte sie den Kopf.
»Nein, Cathy, nein, so einfach ist das nicht. So kannst du mir nicht kommen. Du hast dich von einem Tag auf den anderen verändert. Du hast deine Katzen nicht mehr geliebt, du hast sie sogar so stark gehaßt, daß es dir nichts ausgemacht hat, sie zu töten und ihr Blut abzulecken.«
Cathy hatte ihre Mutter zwar sprechen lassen, sich jedoch kaum um die Worte gekümmert. Sie war damit beschäftigt, die Umgebung des Mundes zu säubern. Dazu diente der Handrücken, mit dem sie über die Lippen strich und die roten Reste schließlich von ihrer Haut leckte, als wären sie eine Delikatesse.
Sharon Ambler hielt es nicht mehr aus. »Warum?« schrie sie Cathy an. »Warum hast du es getan?«
Cathy grinste. Ihre dunklen Augen waren weit geöffnet und funkelten. »Hör auf, Mutter, hör ja auf!«
»Nein, ich höre nicht auf, verdammt! Ich habe das Recht, von dir eine Antwort zu verlangen.«
»Es waren nur Katzen.«
»Ja, das habe ich gesehen. Zwei Katzen, die du mal sehr liebgehabt hast. Aber was sollte die Antwort? Warum hast du so etwas nur gesagt, Cathy?«
»Ich mag Blut.«
»Unsinn, das ist…«
Cathy riß den Mund auf und schrie ihre Mutter an. Es waren schrille Schreie, die das Trommelfell der Frau malträtierten. Sie verstummten, und Cathy beugte ihren Oberkörper vor. »Sei froh, daß es nur Katzen waren, Mum.«
»Was hätte es denn sonst sein können?«
»Ich mag das Blut.«
»Ja, das habe ich gesehen.«
»Das von Menschen, Mum. Dein Blut, dein Blut!« Cathy fing wieder an zu lachen, und es hörte sich an wie Schreie. Sie hatte ihren Spaß, während Sharon ihr Entsetzen nicht unter Kontrolle halten konnte und kaum reagierte.
Cathy kroch über das Bett hinweg, stand davor, schaute sich um, bevor sie auf ihre Mutter zuschritt und ihr ins Gesicht starrte. »Du kannst mich nicht mehr aufhalten, Mum. Nein, das kannst du nicht. Blut ist wichtig für mich. Ich will es haben, verstehst du? Ich brauche es auch. Ich mag es. Es gehört zu mir. Ich will Blut trinken, und ich werde es auch tun.«
»Nein, Cathy, das geht nicht. Bitte, höre mir zu. Du bist meine Tochter, ich bin deine Mutter.« Sharon sprach schnell und verhaspelte sich auch, doch das war ihr egal. »Mutter und Tochter, wir gehören zusammen, wir sind auch normale Menschen und keine Bluttrinker wie Vampire.«
»Bist du sicher?«
»Ja, das bin ich!«
»Du irrst, Mutter, du irrst dich. Nichts ist mehr so, wie es mal war. Ich bin noch deine Tochter, aber ich bin trotzdem eine andere geworden. Du wirst mich davon nicht mehr abbringen können, so leid es mir für dich tut.«
»Was heißt das?«
»Ich werde auch weiterhin Blut trinken.« Cathy öffnete die Lippen und präsentierte ihrer Mutter die gefletschten Zähne, auf denen sich ebenfalls Blut abmalte. Es hatte dort einen rosigen Film hinterlassen. »Ich bin auf dem besten Weg. Der Drang ist da. Ich kann es nicht mehr anders, Mutter.«
»Nein, nein, das lasse ich nicht zu. Das werde ich auf keinen Fall akzeptieren. Du bist ein Mensch und kein Tier. Du wirst dich normal ernähren wie wir alle. Du wirst jetzt ins Bad gehen, dich waschen, und anschließend reden wir weiter. Ich werde versuchen, dein Zimmer so gut wie möglich zu reinigen. Danach erzählst du mir alles. Ich glaube einfach nicht, daß sich ein Mensch von einem auf den anderen Moment so verändern kann.«
»Du hast mir nichts mehr zu sagen.«
»O doch, meine Liebe. Ich habe…«
»Neinnnn!« schrie sie.
Sharon erschreckte sich und wich zurück. Darauf hatte Cathy gewartet. Sie schlug mit beiden Händen zu und traf ihre Mutter zwischen Hals und Brust. Die Frau kippte nach hinten. Sie ruderte mit den Armen und hatte dabei Glück, gegen die Flurwand zu prallen und nicht hinzufallen. Aber Cathy hatte freie Bahn. Sie kümmerte sich nicht mehr um Sharon und rannte an ihr vorbei.
»Cathy!«
Auch den
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