1104 - Die Spur des irren Köpfers
nicht töten.
»Ich habe es dir gesagt, John. Verdammt noch mal, ich habe es dir gesagt…«
»Schon gut, Abe!«
Dobbs sprang vor. Er hob zugleich die rechte Hand an, um einen Schlag ansetzen zu können. Zum Glück war das Zimmer groß genug, so daß ich ausweichen konnte.
Ich hatte mich nach rechts gedreht, und die verdammte Klinge wischte an meiner linken Seite entlang. Aber er war schon wieder da. Wie auf der Straße. Er brauchte nicht normal zu gehen wie wir Menschen. Er konnte sich praktisch im Nu von einem Ort zum anderen transportieren, und ich spürte ihn hinter meinem Rücken.
»Johnnn…!«
Ich fegte herum. Dabei riß ich beide Arme hoch. In der rechten Hand hielt ich die Beretta fest, aber mit der linken gelang der Abwehrversuch.
Die Handkante jagte gegen das herabsausende Gelenk und schleuderte es zurück. Die Klinge streifte mich nicht einmal, und ich sprang aus der Gefahrenzone.
Für einen Moment dachte ich daran, auf den Kopf zu schießen, aber der Körper war wichtiger.
Er stand jetzt dicht am Bett. Das wies darauf hin, daß er sich um Abe Douglas kümmern wollte, der längst nicht mehr lag und seine Decke in die Höhe schleuderte.
Der Schlag mit der Axt war einen Moment zu spät geführt worden. Die Schneide jagte in die Decke hinein. Sie riß dort einen breiten Schlitz, und Abe rollte sich trotz seiner Verletzung aus dem Bett, so daß er hart zu Boden fiel.
Diese mehr als simple Abwehrbewegung hatte den Kopflosen etwas durcheinandergebracht. Er reagierte nicht mehr sofort, und diese Chance nutzte ich aus.
Ich war mit einem langen Schritt bei ihm und stand auch hinter seinem Rücken. Unter der dünnen Decke malte er sich ziemlich deutlich ab. Ich wußte deshalb, wo sich der rechte Arm mit dem verdammten Beil befand, und es gelang mir, das Gelenk mit beiden Händen zu umschlingen. Ich drückte den Arm hart nach vorn. Er fühlte sich an wie ein Stück Holz. Dann rammte ich ihn wieder zurück, wobei ich ihn gleichzeitig drehte. Er konnte dem Treffer nicht entweichen. Ich hörte das dumpfe Geräusch, mit dem die Klinge der Axt in seine Brust hineinschlug.
Ein Körper konnte nicht schreien. Dafür hörte ich den Kopf. Von der Tür her klang das Gurgeln an meine Ohren. Ich wuchtete der Gestalt mein Knie in den Rücken, so daß sie nach vorn taumelte, aber auf den Füßen blieb, wobei der Torso noch immer von der dünnen Bettdecke bedeckt wurde.
War das eine Chance? Konnte ich ihn mit seinem eigenen Beil töten und ihn so vernichten, wie er es mit seinen Opfern getan hatte?
Es war eine Möglichkeit, die mir durch den Kopf schoß, und die ich auch in die Tat umsetzen wollte.
Abe Douglas hatte sich wieder aufgerichtet. Er wollte auch eingreifen, was mir überhaupt nicht paßte. »Verdammt, Abe, kriech unter dein Bett. Mach schon!«
Ob er es tat, sah ich nicht. Ich stürmte bereits auf den Kopflosen zu, der dabei war, sich von der Decke zu befreien. Es lief alles so schnell ab, daß man es kaum erzählen konnte.
Und noch etwas trat ein, womit ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gerechnet hatte.
Plötzlich fegte der Kopf über den Boden hinweg durch das Krankenzimmer. Und das nur, weil jemand die Tür aufgestoßen hatte. Es war Una, die wie ein fremder Geist erschien und beinahe auch so aussah…
***
Ich hatte mich schon über ihre blauen Augen gewundert. Auch jetzt waren sie noch vorhanden, aber sie hatten sich stark verändert. Das Blau kam mir wie eine Flamme vor, die brannte und loderte. Sie strahlte dabei ein sehr kaltes Licht ab. Ich fragte nicht, wie Una dies fertig gebracht hatte, aber ich wußte, daß sie auf meiner Seite stand. Sie hatte plötzlich das Kommando übernommen, und so zögerte ich auch damit, mich weiter um den Torso zu kümmern.
Una rannte vor.
Ihr Ziel war der Kopf, der ungefähr in der Mitte des Zimmers zur Ruhe gekommen war. Aus dem Maul drangen Laute, die man kaum beschreiben konnte. Die Augen waren noch weiter aufgerissen und auch stark verdreht. Da war das Menschliche einfach verschwunden, aber das kümmerte mich nicht.
Una war unglaublich schnell. Bevor der Kopf irgend etwas unternehmen konnte, war sie bei ihm.
Mit beiden Händen packte sie zu und riß ihn in die Höhe. Dabei löste sich aus ihrem Mund ein schriller Schrei, der sich wie ein Triumph anhörte. Endlich hatte sie es geschafft, an den Kopf heranzukommen.
Sie hielt ihn fest. Die kleine Frau hatte die Arme vorgestreckt und sie etwas erhoben. Ihre Hände hatten sich dabei in den Kopf von den
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