1112 - Elfenrache
auch Geräuschen kehrte allmählich wieder zurück.
Ich strich über meine Haare und ging bis zum Teich.
Mein Blick fiel auf das Wasser.
Der Wind war zu schwach, um die Fläche mit einem zittrigen Wellenmuster zu bedecken. Der Kreis lag dunkelgrün vor mir. Wasserlinsen schwammen an den Rändern. Aus den dort liegenden Ritzen zwischen den Steinen wuchs Gras, dessen Halme sich dem Wasser entgegenneigten. Es war bestimmt nicht tief, und der Teich war auch nicht groß, doch mir kam er vor wie der Einstieg in eine Unterwelt, an dessen Ende das rätselhafte Reich der Sirulinen begann.
Für mich gab es das Rätsel Caroline. Sie war einerseits ein normaler Mensch, andererseits auch ein Engel. Und genau diese Mischung machte es. Sie konnte zwischen zwei Existenzen wählen, so daß für mich beinahe unmöglich war, sie zu fassen. Denn sie konnte mir immer wieder entwischen.
Es hatte einen Toten gegeben und zwei Verletzte. Einer davon war schwerverletzt worden, und ich kannte auch jetzt diejenige Person, die für die Taten verantwortlich war.
Auch Jane hatte sie gesehen, nur war ich ebensowenig wie Jane Collins in der Lage gewesen, sie zu stoppen. Uns war eine Gegnerin entstanden, die wir auf keinen Fall unterschätzen durften. Die auf der einen Seite so harmlos wirkte und auf der anderen so verdammt gefährlich war.
Ich drehte mich vom Teich weg, dessen Oberfläche mir auch keine Antwort gegeben hatte. Meine Beine fühlten sich noch schwer an. Ich schleppte mich förmlich auf die kleine Gartenbank zu, auf der ich mich niederließ.
Mit einer müden Bewegung strich ich über mein Gesicht hinweg. Der Blick war in den Garten gerichtet, und meine Gedanken hatten sich noch nicht geklärt. Ich wollte über einiges nachdenken, aber das andere in mir wehrte sich dagegen. Es war schon seltsam, in meinem Kopf bewegten sich die Gedanken, ohne daß ich sie in eine logische Folge bringen konnte. Die andere Welt hatte eine gewisse Art von Kontrolle übernommen. Ich hörte im Kopf die ungewöhnlichen und auch fremden Geräusche. Es war kein direkter Gesang, der mir eine Melodie gebracht hätte. Nein, das war etwas ganz anderes, und ich hatte Mühe, mich damit abzufinden. Etwas Fremdes hatte mich übernommen.
Ein Rest von dem, in den sich Caroline verwandelt hatte. Immer stärker wurde mein Kopf mit fremden Klängen und Stimmen konfrontiert, und es waren bestimmt keine Menschen, die dort redeten. Ich hörte ein Summen, ein Kreischen, auch ein Lachen und schrilles Singen.
Das mußten die Stimmen der Island-Elfen sein. Die Sirulinen hatten mich entdeckt, und wahrscheinlich hatte ihnen Caroline Sheldon den Weg gewiesen. So freundlich sie sich mir gegenüber auch gezeigt hatte, doch jetzt, wo es um das Eingemachte ging, war ich für sie weder ein Verbündeter noch sah sie mich als einen Polizisten an. Ich war einfach nur jemand, der nicht auf ihrer Seite stand, und das bedeutete kalte Feindschaft.
Ich war froh, es bis zur Bank geschafft zu haben. Ich war nicht einmal in der Lage, aufzustehen. Die Schwäche breitete sich in meinem Körper aus und machte mich fertig.
Ich fühlte mich so matt wie ein Kranker, der nach einer schweren Operation erwacht und nicht in der Lage ist, von seinem Bett aufzustehen. Das bleierne Gefühl steckte in den Armen ebenso fest wie in meinem Beinen, und ich wurde von einer warmen und einer kühlen Strömung zugleich durchrieselt, als kämpften unterschiedliche Kräfte in mir.
So gut wie möglich lehnte ich mich zurück und spürte den Druck der Lehne an meinem Rücken. Ich schloß auch die Augen, weil mich das Sonnenlicht gestört hatte.
Dabei hoffte ich, daß die Gesänge und die Stimmen verschwinden würden, aber sie blieben. Die Sirulinen wollten einfach den Kontakt mit mir behalten, denn sie dachten nicht im Traum daran, irgend etwas aufzugeben. Ich war durch den Besuch bei Caroline Sheldon in ihren Bereich eingedrungen, und das nahmen sie mir übel.
Ich zwang mich dazu, die Augen zu öffnen. Der Garten war noch da. Aber er hatte sich verändert.
Ich erlebte das Schaukeln, ich sah die Bewegungen, all das Schwanken, das auf und nieder wellte.
Der Teich hob sich an, fiel wieder zurück, und über dem Gelände hatte sich ein Schleier ausgebreitet.
Das Singen war deutlich zu hören. Ferne Stimmen, die nicht von dieser Welt stammten, sondern aus anderen Dimensionen zu mir herüberdrangen. Irgendwo hörte ich ein lautes Lachen und glaubte sogar Carolines Stimme erkannt zu haben.
Ich wischte mir mit
Weitere Kostenlose Bücher