1112 - Elfenrache
so?«
Sie stand mit einer schnellen Bewegung auf und drehte sich tanzend auf der Stelle. »Ja, sie lassen sich nichts gefallen. Wer ohne Absprachen in ihr Gebiet eindringt, der muß auch mit ihrer Rache rechnen. Eine Elfenrache wird er erleben, verstehen Sie?«
»Nein. Nichts rechtfertigt einen Mord. Und die Gruppe um Ron Aldrich hat nichts Schlimmes getan.«
»Was?« rief sie. »Nichts Schlimmes getan? Wie können Sie so etwas behaupten.« Sie stand neben mir und hatte eine Hand zur Faust geballt. »Sie sind kein Freund der Sirulinen, Sie nicht, Sinclair.«
Sie haben mich belogen. Sie haben mein Vertrauen erschlichen. Sie wollen Taten aufklären, weil Sie Polizist sind, aber ich raten Ihnen, die Finger davon zu lassen. Was hier geschehen ist, das regeln die Sirulinen selbst. Dabei haben Menschen nichts zu suchen, wenn Sie verstehen. Es ist eben ganz anders.
»Sie haben in Island alles mitbekommen.«
»Das wissen Sie doch.«
»Was wollten Sie dort?«
»Sie sehen, sie besuchen«, flüsterte Caroline. »Es gibt zwischen uns eine große Seelenverwandtschaft, falls Sie das noch nicht bemerkt haben, Sinclair.«
»Aber Sie sind keine Siruline?«
Mit einem tänzerischen Schritt trat sie nach hinten. »Wissen Sie das genau, Sinclair?«
»Sehen die nicht anders aus?«
Caro blieb gebückt vor mir stehen. In ihrem Garten befand sich das offene Viereck der Gartentür.
»Woher wissen Sie über die Sirulinen denn so gut Bescheid?«
»Ist es nicht doch möglich, daß ich sie gesehen habe? Elfen, Feen, Trolle…«, ich lächelte ihr zu.
»Ich habe Einblick in ihre Welten erhalten können.«
»Nein, nein, das haben Sie nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil Sie… weil Sie…«
»Ich war in Aibon!«
Der Schrei löste sich schockartig aus ihrem Mund. Sie ging noch weiter nach hinten und legte die flache Hand vor den Mund, als wollte sie einen zweiten Schrei zurückhalten. »Aibon«, flüsterte sie mir zu. »Wie kommen Sie dazu, diesen Namen zu erwähnen? Das ist furchtbar, sage ich Ihnen. Aibon ist nichts für Menschen…«
»Für Sirulinen denn?«
Sie schüttelte den Kopf. Ich erhielt keine Antwort auf meine Frage. Caroline sprach mehr mit sich selbst. »Ich muß weg!« murmelte sie. »Ja, ich kann nicht mehr bleiben, so leid es mir auch tut. Ich habe die Zeit schon fast verpaßt. Ich muß… ich spüre es…«
»Was denn?«
Sie blickte mich ausdruckslos an. »Gehen Sie jetzt, John. Sagen Sie Good bye und laufen Sie weg, denn nichts anderes möchte ich von Ihnen. Sie sind hier falsch, völlig falsch. Ich sollte es nicht tun, doch ich gebe Ihnen eine Warnung mit auf den Weg. Kümmern Sie sich nicht um den Fall. Vergessen Sie Ihr Wissen. Andere haben die Freveltaten begangen, nicht Sie, John.«
»Was war denn der Frevel? Daß ein gewisser Ron Aldrich in Island Fotos geschossen hat?«
»Er hätte sie fragen und bitten müssen. So lauten die Regeln. Aber sie alle waren zu arrogant, um überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden. Sie haben nicht auf mich gehört, und dafür müssen Sie jetzt büßen.«
»Sind die Sirulinen erschienen? Haben Sie den weiten Weg hinter sich gebracht, und haben sie ihre ureigenste Insel verlassen?«
Caroline Sheldon wollte nicht mehr antworten. Sie wollte auch nichts mit mir zu tun haben. Sie drehte sich um. Bevor ich mich versah, hatte sie das Haus verlassen und war in den Garten gelaufen, in dem sie ein Stück Heimat für die Sirulinen geschaffen hatte.
Ich stand auf.
Eilig hatte ich es nicht. Es war mir gelungen, so hoffte ich, die Frau durcheinanderzubringen. Sie mußte befürchten, daß ich nicht mehr lockerließ und alle ihre Geheimnisse lüftete, die sie bisher verborgen gehalten hatte.
Ich folgte ihr langsam. Etwa in der Mitte des Gartens war sie stehengeblieben. Genau vor einem kleinen Teich, dessen Wasser sehr dunkel war und nur auf der Oberfläche einen hellen Schein zeigte, weil dort die Strahlen der Sonne ein Muster zeichneten. Der Teich war mit Steinen umgeben.
Sie waren aufeinandergetürmt und bildeten so eine unterschiedlich hohe Mauer.
Caroline Sheldon kümmerte sich nicht um mich. Ich hörte sie lachen und war irritiert. So lachte kaum ein Mensch. Es klang einfach zu hell und silbern, schon nicht von dieser Welt. Übernatürlich, konnte man auch sagen.
Und dann tanzten plötzlich die Funken um ihren Kopf und auch um den Körper. Bisher hatte ich mich auf Janes Beschreibungen verlassen müssen. Nun bekam ich mit eigenen Augen zu sehen, was da passierte. Genau
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