1112 - Elfenrache
dort, wo sich Caroline aufhielt, mußte sich eine magische Zone befinden, die sie für sich ausnutzen konnte.
Sie tat nichts. Sie wehrte sich nicht. Sie gab sich den tanzenden Funken voll und ganz hin. Dabei hatte sie ihre Arme angehoben und die Hände über dem Kopf zusammengelegt.
Sie tanzte nicht und blieb still stehen. Der Kopf war zurückgedrückt, und das Funkeln der kleinen Lichter verdichtete und verstärkte sich zugleich.
Das Gesicht war das gleiche geblieben, und doch hatte es sich meiner Meinung nach verändert. Es zeigte einen noch feineren Ausdruck, der mir verwunschen vorkam.
Die Augen hatte sie geöffnet und leicht verdreht. Sie zeigten einen Blick, der Dinge sah, die nicht hier in der normalen Welt passierten. Sie war weit weg.
Ich ging auf sie zu.
Das Tanzen der Funken irritierte mich. Es blendete zudem leicht. Ich wußte nicht so recht, wo ich hinschauen sollte, aber ich ließ mich trotz allem nicht beirren und ging weiter.
Caroline Sheldon kümmerte sich nicht um mich. Sie wollte ihrer Aufgabe nachkommen, und sie hatte den Kontakt mit den Sirulinen aufgebaut. Vielleicht war sie sogar selbst eine.
Mit einem letzten Schritt überbrückte ich auch die letzte Distanz wischen uns.
Ich faßte sie an. Dabei griff ich zwangsläufig in die tanzenden Funken hinein.
Genau das war mein Fehler!
***
Ich war kein Würdiger. Ich war nur ein Mensch. Ich war unwürdig. Ich hatte keinen Kontakt zu den Sirulinen gesucht, und deshalb wehrten sie sich gegen mich.
Über meine Hand hinweg waren die Funken wie Feuerspritzer geglitten. Ich hatte nicht einmal einen starken Schmerz verspürt, aber es war auch nicht normal gewesen.
Das Kitzeln spürte ich nur einen Moment. Dann erwischte mich der Schlag. Eigentlich nur im übertragenen Sinn, denn die Funken jagten wie Ströme durch meinen Körper. Ich bekam die harten Stöße intervallweise mit, ich versuchte noch, sie auszugleichen. Es war zu spät. Mein Blut schien sich in Funken verwandelt zu haben, die durch meine Adern rasten, in meinen Kopf hineinglitten und auch das Kreuz erfaßten, das auf eine ungewöhnliche Art und Weise zu glühen begann.
Da befand ich mich schon auf dem Weg zum Boden. Das Elfenfeuer war einfach stärker als ich. Ich fiel nicht hart hin. Ich prallte auch nicht auf den Steinplatten des schmalen Wegs auf, sondern sank fast hinein in das Moos.
Um mich herum tanzten die Funken wie Spritzer. Aber sie nahmen mir nicht die Sicht, denn aus meiner liegenden Haltung hervor schaute ich auf die Gestalt der Caroline Sheldon.
Licht hüllte sie ein.
Es war das Licht einer fremden Welt. Und sie selbst war auch im Begriff, sich zu verändern. Ihr normales Aussehen verschwand. Sie glitt hinüber in eine schon ätherische und sehr zerbrechliche wirkende Schönheit, die sich allerdings mit einem lanzenähnlichen Gegenstand bewaffnet hatte. Die Kleidung hatte sie verloren. Sie war fast nackt, denn über der Haut lag nur ein hauchdünner Schleier. Über die Seiten der Schultern hinweg ragten die Flügelspitzen, vergleichbar mit denen eines Engels.
Doch auch Elfen besitzen Flügel…
So stand es in den zahlreichen Geschichten über sie, und so hatte ich es auch in Aibon erlebt, als mir dort die Elfen begegnet waren. Für mich war Caroline Sheldon kein Mensch mehr, aber auch kein Geist. Ihr Weg hatte sie in ein Zwischenstadium geführt.
Dann ging sie zurück.
Den ersten Schritt, danach den zweiten, und die andere Welt schien sich für sie geöffnet zu haben, denn nach jedem Schritt, den sie zurücklegte, weichte ihr Körper noch weiter auf und wurde immer durchsichtiger.
Ob sie mir noch ein letztes Lächeln zuschickte, wußte ich nicht. Es konnte auch sein, daß sich ihr Gesicht beim Übergang von der normalen in die andere Welt nur kurz verzogen hatten, denn Augenblicke später sah ich sie nicht mehr.
Jetzt war Caroline Sheldon zu einer Siruline geworden!
Ich lag im weichen Gras. Ich spürte die Stahlen der Sonne auf meinem Gesicht und suchte die Funken, die mich umtanzt hatten, aber es gab sie nicht mehr. Sie waren weg, als hätte sie der Boden verschluckt, um sie nicht mehr abzugeben.
Ich rappelte mich auf. Es ärgerte mich, daß Caroline es geschafft hatte, mich zu übertölpeln. Ich hätte mit einem Trick rechnen müssen. Wahrscheinlich war ich einfach ihrem Charme und auch ihrer ungewöhnlichen Ausstrahlung erlegen.
Jedenfalls stand ich allein im Garten. Es gab Caroline nicht mehr, und die normale Welt mit all ihren Gerüchen, Düften und
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