1117 - Herr über Leben und Tod
»Jetzt verstehe ich. Euch geht es weniger um mich, als um diesen komischen Hellseher. Gut.« Plötzlich funkelten seine Augen. »Was ist denn für mich drin, wenn ich euch Bescheid gebe und alles sage? Es wäre doch super, wenn wir hier einen Deal machen können, denke ich.«
»Man wird sich im Prozess daran erinnern.«
»Das soll ich glauben?«
»Was war mit Taske?«
»Nichts. Nicht viel. Ich traf ihn. Es war Zufall. Ich saß in der U-Bahn. Ganz normal. Nichts Ungewöhnliches. Da habe ich ihn dann gesehen. Und er mich. Er setzte sich einfach zu mir, weil mir gegen über noch ein Platz frei war.«
»Er sprach Sie auch an, Haric?«
»Ja, das stimmt. Wenn ich recht darüber nachdenke, haben mich seine Worte erschreckt. Ich bin richtig wütend gewesen, aber zugleich auch verwundert, weil er so gut Bescheid wusste.«
»Über Sie?« flüsterte Suko.
Haric nickte. »Klar, über wen sonst? Er sprach, er sah mir in die Augen und erzählte mir, dass ich eine besondere Aura um mich herum hätte und dass ich bald scheitern würde. Das habe ich mir anhören müssen. Er lächelte immerzu. Widerlich war das. Ich kann es euch sagen. Aber er ließ nicht locker. Für ihn war mein Scheitern wichtig. Ich hätte ihm in die Schnauze schlagen sollen, was ich nicht getan habe. Ich wollte kein Aufsehen erregen, es standen zu viele Leute um uns herum. Und er sagte mir auch, dass er mein Schicksal wäre.«
»Was haben Sie darauf geantwortet?«
»Nichts. Ich habe mir die ganze Scheiße angehört und darauf gewartet, dass er sein Maul hält. Aber auch das hat er nicht getan. Er redete weiter. Ich stieg dann aus…«
»Er mit Ihnen?« Haric starrte uns an. »Das… das … weiß ich nicht mal genau. Verdammt, es ist alles verschwommen. Wenn ich recht darüber nachdenke, fehlt mir eine gewisse Zeit.«
Wir lächelten keinesfalls über seine Angaben. Ich fragte ihn dann:
»An was können Sie sich denn wieder erinnern?«
»Da war ich nicht mehr in der U-Bahn. Wir haben draußen… verdammt; ich weiß es auch nicht. Jedenfalls standen wir noch in der Station. Es war nicht viel Betrieb in der Nähe. Ich stand mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt. Er hielt den Arm vorgestreckt, und seine Hand lag auf meiner Stirn. Nicht so locker, nein, sie drückte richtig dagegen. Ich erinnere mich, wie er sagte, dass ich ihm jetzt nicht mehr entkommen könnte. Komisch, nicht?«
»Was passierte dann?«
»Nichts mehr. Er ging weg.«
»Und Sie?«
»Ich war ziemlich benommen und spürte genau dort, wo er mich angefasst hatte, einen Druck. Und dieser Druck blieb. Auch in den folgenden Tagen und Wochen. Aber er war nicht immer vorhanden. Er kehrte nur zu bestimmten Zeiten zurück. Er beeinträchtigte mich nicht. Ich habe es bis jetzt auf normale Kopfschmerzen geschoben, aber das scheint es wohl nicht gewesen zu sein. Keine normalen Kopfschmerzen, verdammt noch mal!«
»Sind sie auch gestern Nacht aufgetreten?«
»Klar, in der Hütte. Besonders schlimm. Ich glaubte, mein Schädel würde platzen. So schlimm habe ich das noch nicht erlebt. Ich konnte es in der Hütte nicht aushalten. Ich musste raus. Aber ich war wie immer vorsichtig. Und da habe ich dann gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Trotz der Schmerzen habe ich die anderen wittern können. Und ich hatte recht.«
»Sicher.«
Haric senkte den Kopf. »Allmählich fange ich an zu begreifen. Dieser Taske hat etwas mit mir angestellt.«
»Auf dem Bahnsteig«, stimmte ich ihm zu.
»Und was?«
»Da wir schon beim Reden sind, Haric, ich denke, dass er Sie unter Kontrolle bekommen hat. Er ist nicht nur ein Hellseher, er ist noch etwas anderes. Er hat Macht. Er kontrolliert. Er wusste immer, wo Sie sich aufhielten und hat der Polizei dann einen Tipp gegeben. Sie sind nicht die einzige Person gewesen. Bei anderen hat er es ebenfalls getan und steht bei unseren Kollegen in einem sehr guten Licht. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass wir nicht Ihretwegen erschienen sind. Der eigentliche Grund ist der Hellseher gewesen. Er interessiert uns. Wir wollten an ihn herankommen, und das ist uns wohl halb gelungen. Sie waren nur Mittel zum Zweck.«
Hätte er sich anlehnen können, er hätte es getan, so aber musste er steif sitzen bleiben. »Dieses Schwein«, flüsterte er, »dieses verdammte Schwein! Das hätte ich nicht gedacht. Verdammt noch mal, dafür gab es keinen Grund.«
»Da müssen sie ihn fragen«, sagte Suko. »Wissen Sie sonst noch etwas über ihn?«
»Nein. Er hat mir nichts gesagt.«
»Nicht
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