1117 - Herr über Leben und Tod
in der U-Bahn?«
»Scheiße, nein!« brüllte er uns an. »Außerdem ist das lange her, verdammt!«
Das Brüllen gefiel O’Hara nicht. Er walzte auf uns zu. Der Glatzkopf war im Gesicht rot angelaufen. Er sah eine Gelegenheit, seine Stärke zu beweisen. Auch wenn Haric ein gefährlicher und brutaler Killer war, so lange wir ihn verhörten, wurde er anständig behandelt.
»Weg mit Ihnen, O’Hara!« rief Suko. Er streckte ihm die Hand entgegen.
»Du hast mir nichts zu sagen, Chinese.«
Suko stand auf, als der Kerl weiterging. Er roch nach Kampf, doch O’Hara blieb im letzten Augenblick stehen, holte tief Luft, atmete sie schnaufend wieder aus und ging an seinen Platz zurück.
»Es ist auch besser so«, rief Suko ihm leise nach.
Silvio Haric saß in einer anderen Haltung am Tisch. Er hatte seinen Oberkörper nach vorn geneigt und berührte mit dem Kopf das Holz. Er hatte seine Stirn darauf gedrückt. »He, was ist?« sprach ich ihn an. Er reagierte nicht.
Suko fasste ihn an der Schulter und schüttelte ihn. »Wollen oder können Sie nicht reden?«
Der Killer murmelte etwas, das wir beide nicht verstanden. Er richtete sich langsam auf. Sein Gesicht war verzerrt. Wie bei einem Menschen, der Schmerzen spürt. Darüber wunderten wir uns. Es war ihm nichts getan worden, aber er sah auch nicht so aus wie jemand, der uns etwas vorspielte. Der Mund stand offen. Aus den Winkeln sickerte Speichel hervor. Haric atmete laut und keuchend.
»Wollen Sie nicht reden?« fuhr ich ihn an.
»Schmerzen«, flüsterte er. »Die verdammten Schmerzen in meinem Kopf. Sie sind wieder da, verflucht. Und sie sind stärker als je zuvor. Scheiße auch. So habe ich sie noch nie erlebt. Ich… ich … weiß auch nicht, was das ist, aber…« Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Das ist so grauenhaft. Ich kann nicht mehr. Die … die … Stiche, sie sägen meinen Kopf auf.«
Schweiß bedeckte sein Gesicht. Er hatte sich auch auf seine Stirn gelegt. Genau dort malte sich etwas ab. Wir waren zunächst erstaunt, als wir sahen, dass sich dort ein roter Fleck gebildet hatte, der uns zuerst wie ein Druckstelle vorkam.
Das war er nicht, denn der Fleck breitete sich aus und erhielt eine intensivere Farbe. Das Rot veränderte sich. Es breitete sich aus, und seine Form nahm die eines eckigen Steins an.
Fünf Ecken. Ein magisches Fünfeck vielleicht?
Haric sprang auf. Er schrie. Wir fuhren ebenfalls in die Höhe. Er wollte weg, aber die verdammte Sitzbank hinderte ihn daran. Seine Bewegung nach hinten wurde zu einem Fall. Da seine Hände gefesselt waren, konnte er das Kippen nicht mehr ausgleichen. Haric prallte nicht auf den Boden. Er landete auf einem anderen Tisch und der Sitzbank, die hinter ihm stand. Er schrie sich fast die Seele aus dem Leib.
Um O’Hara kümmerten wir uns nicht. Der Typ war plötzlich weg, jetzt zählte nur noch Haric.
Da er auf dem Rücken lag, schauten wir direkt in sein Gesicht.
Mitten auf der Stirn passierte es. Genau dort, wo sich das rote Fünfeck abzeichnete.
Als hätte ihm eine mächtige Kraft die Haut zerrissen, so platzte sie plötzlich auf. Suko und ich zuckten zurück. Aus dem Kopf wurde eine Masse fontänenartig in die Höhe geschleudert und klatschte gegen die Decke. Was es war, wussten wir nicht. Der Inhalt des Kopfes möglicherweise. Viel Blut, auch Gehirnmasse und Knochensplitter.
Ein Schwall hatte ausgereicht. Ein zweiter war nicht mehr nötig gewesen. Silvio Haric lag still in seiner schrägen Haltung. An ihm bewegte sich nichts mehr. Er war vor unseren Augen gestorben!
O’Hara hatte seine Kollegen alarmiert, und wenig später wimmelte es in dem Besucherraum von Uniformierten. Auch ein Arzt drängte sich durch. Ein schmächtiger Mann, der einen weißen Kittel trug und auf dessen Kinn einige dünne Barthaare wuchsen. Er blieb neben dem Toten stehen und bekam seinen Mund nicht mehr zu.
Begreifen konnte er nicht, was hier vorgefallen war. Sein Blick war unbeweglich, und er schüttelte unwillkürlich den Kopf.
»Da kann man nichts machen«, sagte er schließlich. Er schaute uns an. »Waren Sie dabei?«
»Ja.« antwortete Suko. »Aber wir haben auch keine Erklärung.«
»Kann ich mir denken.«
Ein Mann im hellen Anzug betrat den Raum. Er war groß, trug eine randlose Brille und hatte eine Halbglatze. Der Rest der Haare war flach zurückgekämmt. Vor uns blieb er stehen. »Mein Name ist Atkins. Ich bin hier der Chef. Was ist passiert?«
»Sein Kopf explodierte.«
Atkins, der mit
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