1117 - Herr über Leben und Tod
beantworten.«
»Ich habe nichts zu sagen. Ich kriege einen Anwalt.«
»Das wissen wir, und es geht uns auch nicht um das, was man Ihnen zur Last legt.«
Zum ersten Mal horchte er auf. Damit konnte er wohl nichts anfangen, Er hatte gedacht, dass wir ihn zu den Morden befragen würden, und schaute uns skeptisch an. »Warum sind Sie denn hier?«
»Ist Ihnen nichts aufgefallen?«
»Was?«
»Dass man Sie gefunden hat«, sagte Suko. Haric stierte ihn an.
»Wieso?«
»In Ihrem Versteck. In der Hütte. Am See. In der Nacht. Bei Dunkelheit«, zählte Suko auf. »Da muss Ihnen doch in den Sinn gekommen sein, dass etwas nicht so stimmt, wie Sie es sich vorgestellt haben. Plötzlich war das SEK da, und dann ging alles sehr schnell.«
»Ja, stimmt.«
»Und? Keine Gedanken gemacht?« fragte ich wieder.
»Ich habe Sie gerochen«, flüsterte er. »Ja, die Bullen kann ich riechen. Aber ich habe mich aus dem Staub gemacht, und dann bin ich in eure Arme gelaufen.«
»Stimmt auch.«
»Aber ihr gehört nicht zu den anderen.«
»Wir waren trotzdem da.« Er setzte sich steifer hin. »Was wollt ihr von mir? Was soll die Fragerei?«
»Jaaa«, sagte Suko gedehnt und klopfte mit dem Zeigefinger auf die Holzplatte. »Sie sind verpfiffen worden, Haric. So einfach ist das. Jemand hat den Leuten vom SEK und uns etwas geflüstert, so dass der Rest nur noch ein Kinderspiel war.«
»Es wusste niemand Bescheid.«
»Doch!« erklärte ich.
»Wer?« fauchte er mich an.
»Veritas.«
Haric lachte. »Wie bitte? Wer oder was soll da Bescheid gewusst haben?«
Ich wiederholte den Namen und erntete ein Kopfschütteln. »Nein, nie gehört. Ist doch Bockmist, was ihr mir da erzählen wollt. Ich kenne keinen Veritas.«
»Er ist ein Hellseher«, erklärte Suko.
Der Killer überlegte einen Moment. Dann begann er zu grinsen.
»Und der soll mich verraten haben?«
»Ja, verpfiffen an die Polizei!« bestätigte Suko. »Er wusste, wo Sie sich aufhielten.«
»Das hat keiner gewusst, verdammt!«
»Vergessen Sie nicht, dass er ein Hellseher ist. Die wissen doch alles. Sie sind schlauer als wir normalen Menschen.«
Haric schüttelte den Kopf. »Ich hatte nie mit einem Hellseher Kontakt, verdammt. Das könnt ihr mir nicht einreden. Damit habe ich mich nicht aufgehalten. Ich weiß nur, dass meine Mutter an den Quatsch geglaubt hat, aber ich nicht.«
»Vielleicht wissen Sie das gar nicht, Haric.«
Der Killer rückte auf seiner harten Holzbank hin und er. »Blöde bin ich nicht und auch nicht vergesslich, Ich weiß schon, was stimmt und was nicht. Da lass ich mir nichts am Zeug flicken. Keine Chance für euch. Ich weiß auch gar nicht, was das soll. Ihr habt mich gefasst und fertig. Alles andere ist meine Sache. Was kümmert ihr euch noch um mich? Wer seid ihr überhaupt? Hat zu euch nicht noch der Alte mit der dicken Brille gehört?«
»Es war Sir James Powell«, erklärte Suko freundlich. »Kenne ich auch nicht.« Die Antwort war für mich so etwas wie ein Stichwort.
»Kennen Sie denn einen gewissen Vernon Taske.«
Silvio Haric hatte so getan, als wollte er nicht zuhören. Als ich den Namen erwähnt, dauerte es einen Moment, bevor er leicht zusammenzuckte. Er verengte seine Augen und schaute uns aus den schmalen Schlitzen an.
»Schon gehört?«
»Wie war der Name?«
»Vernon Taske.«
»Heißt so der Hellseher?«
»Möglich.« Ich blickte stur in sein Gesicht. »Mir scheint es so, als wäre Ihnen dieser Name nicht unbekannt. Wenn das zutrifft, sollten wir miteinander reden, Haric. Und zwar über ihren Bekannten Taske.«
Er überlegte. Haric war nicht mehr der harte Killer. Wer ihn so auf dieser Bank sitzen sah, der konnte meinen, dass hier jemand hockte, der unschuldig hinter diese dicken Mauern geschafft worden war, in der die Gewalt weiterging, oft noch schlimmer als draußen.
»Der Name sagt Ihnen also was oder?« Nach einer Weile bequemte sich Haric, mir zuzunicken. »Jetzt fällt es mir wieder ein.«
»In welcher Verbindung standen Sie zu ihm?«
»In keiner!« blaffte er zurück.
»Das glaube ich Ihnen nicht. Wenn Sie Taske kennen, müssen Sie etwas mit ihm zu tun gehabt haben.«
Er biss sich auf die Lippen und senkte den Kopf. »Ich habe ihn mal getroffen«, erklärte er dann mit leiser Stimme. »Ja, nur einmal, es war auch nur flüchtig.«
»Wo?«
Er winkte ab.
»Haben Sie für ihn gearbeitet?« fragte Suko.
»Unsinn!«
Ich blieb am Ball. »Wo haben Sie ihn getroffen, Haric? Es wäre besser, wenn Sie reden.«
Er lachte.
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