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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Den toten Punkt hatten wir überwunden. Harrys Keuchen erreichte meine Ohren, er fluchte auch, wobei ich auf seine Worte nicht achtete, sondern nur auf den Propheten, der Stück für Stück dem Dachfirst und natürlich dem Fenster entgegen gezogen wurde.
    »Harry, es klappt. Halte durch!«
    »Das sagst du so einfach!«
    »Wir packen es!«
    Wir mussten uns Mut machen. Ich wollte den Propheten auf keinen Fall loslassen, denn in mir breitete sich der Verdacht aus, dass diese Gestalt noch nicht erledigt war. Es war durchaus möglich, dass ein dickes Ende nachkam, obwohl ich keine Beweise hatte und mich nur auf Vermutungen verließ.
    In der verdammt schwülen Luft gab es nicht die Spur eines Windzugs. Harry und ich waren schweißnass geworden.
    Zentimeter für Zentimeter kam der Tote höher. Verdammt, es war eine Zeit, die sich dehnte wie Kaugummi. Ich hoffte, dass ich im Oberarm keinen Krampf bekam und dass auch mein Freund Harry Stahl durchhielt. Wenn er patzte, rutschten wir beide in die Tiefe.
    Wir schafften es. Der Prophet war plötzlich so nah, dass ich ihn schon an der Schulter greifen konnte. Der Rest war im Vergleich zu dem, was hinter uns lag, ein Kinderspiel.
    Ich klammerte mich an der Kante des Fensters fest und schob die Gestalt auf Harry Stahl zu. Kopfüber fiel der Prophet durch die Lücke in den Speicher hinein, und Harry Stahl fing ihn auch nicht ab. Mit einem dumpfen Geräusch landete er auf dem Boden.
    Für einen Augenblick schauten wir uns an, Harry noch innen, ich außen. Unsere Gesichter waren gleichermaßen durch die erlittene Anstrengung verzerrt, aber in unseren Augen stand auch ein Leuchten, das auf Sieg hinwies.
    Harry sprang wieder zu Boden. Ich folgte ihm Sekunden später und sackte in die Knie, als ich mit beiden Füßen aufprallte. Es war einfach eine Folge der letzten Minuten, in der wir bis an die Grenzen unserer Kraft gegangen waren.
    Um den Propheten kümmerten wir uns zunächst nicht. Er lag bäuchlings auf dem Boden. Seinen Hut trug er nicht mehr. Auf dem Kopf wuchsen die wenigen Haare als grauer Kranz.
    Harry Stahl war einige Schritte zurückgegangen, und hatte sich gegen die Kaminmauer gelehnt. Er versuchte noch immer, seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen und fragte mich: »Haben wir es geschafft, John?« Er schnappte nach Luft. »War das so einfach?«
    »Es sieht so aus!«
    »Aber du glaubst es nicht?«
    Ich zuckte die Achseln. »Hast du zugehört, als ich mit ihm gesprochen habe?«
    »Sehr genau sogar.«
    »Dann lebt er schon länger als hundert Jahre. Dann kommst du, schießt zweimal auf ihn, und schon hast du diesen verfluchten Höllendiener vernichtet.«
    »Das ist doch gut, John. Was stört dich daran?«
    Ich pustete die Luft aus. »Dass es so einfach gegangen ist. Zwei Kugeln, und die Sache ist ausgestanden.«
    »Manchmal ist das Komplizierte eben…«
    »Nein, nein, das meine ich nicht. Er ist kein normaler Zombie, das kann ich mir nicht vorstellen. Der Teufel hat ihn behalten, damit er noch einmal anfängt. Wie vor hundert Jahren.«
    »Da hätte man ihn auch schon mit einer geweihten Silberkugel töten können. Nur gab es uns damals noch nicht.«
    »Eine simple Lösung.«
    »Die dir nicht gefällt.«
    Ich sagte nichts dazu und kümmerte mich um den Propheten, der zwischen uns lag. Er wirkte auf mich wie ein übergroßer Käfer, der vom Baum herab zu Boden gefallen war. Dunkel, die Arme ausgestreckt, die Beine ein wenig gespreizt. Vom Gesicht war nichts zu sehen. Das hatte er gegen den Boden gedrückt.
    Harry blieb am Kamin stehen. Ich bückte mich, denn ich wollte das Gesicht erkennen. Und ich hatte auch nicht das Ende des Films vergessen, als sich dieser Mann in eine schreckliche Gestalt verwandelt hatte, als wollte er den Beweis für seine Karten antreten, die das gleiche Motiv zeigten.
    Beide Hände nahm ich zu Hilfe, um ihn auf den Rücken zu drehen. Da er relativ nahe am Fenster lag, brauchte ich kein weiteres Licht, um das Gesicht betrachten zu können.
    Es war das Gesicht eines Menschen, eines Toten, und es lag nicht einmal ein böser Ausdruck darin. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte ich ihn mit einem gütigen älteren Herrn vergleichen können, der leider gestorben war.
    Seine Augen standen sehr weit offen, und ich sah auch keinen Glanz mehr in den Pupillen. Sie erinnerten mich an starre, kleine und kreisrunde Spiegel. Der Mund war ebenfalls offen. Jenseits der Lippen zeichnete sich eine düstere Höhle ab.
    Harry löste sich von seinem Platz

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