1122 - Der Prophet des Teufels
passiert ist. Ich bin auch fertig, und ich wünsche eurem Kollegen die ewige Ruhe und den Frieden des Allmächtigen. Versteht mich, dass ich keine weiteren Reden mehr halte und auch nichts zu dem Erscheinen dieser ungewöhnlichen Person sage. Er hat ein Spiel gewollt. Gut, das hat er bekommen. Aber ihr alle solltet daran denken, dass es nur ein Spiel gewesen ist. Nicht mehr und nicht weniger. Ich sehe es auch so.«
»War es tatsächlich nur ein Spiel?« rief ein Mann. »Ich kann es nicht glauben. Sie sollten sich vorsehen, Herr Pfarrer. Luise, die nicht mehr hier ist, hat vom Teufel gesprochen, und ich glaube allmählich auch daran, dass er es gewesen ist.«
»Unsinn. Der Teufel ist anders.«
»Ha, wie denn?«
»Man kann ihn nicht fassen!« rief der Pfarrer laut, auch um sich selbst Mut zu machen. »Er ist kein Gegenstand. Er ist kein Mensch. Er ist einfach nur ein Es.«
»Man sieht ihn oft auf Bildern.«
»Die Menschen haben ihn sich so ausgedacht.«
»Kann er sich nicht auch verkleiden oder andere Gestalten annehmen?«
»Bitte, ich möchte darüber nicht mehr reden. Das solltet ihr endlich begreifen.«
Die Leute wussten, wann Schluss war. Zudem wandte sich der Pfarrer ab und ging zu den Bäumen hin, wo er sein Rad abgestellt hatte. Um das Grab würden sich die Helfer kümmern und es im Laufe des Tages zuschaufeln. Nur wenige Kränze und Blumen lagen um das offene Viereck. Es schien, als wäre der Verstorbene schon jetzt vergessen.
Der Pfarrer stieg auf sein Rad. Bis zu seinem Haus nahe der Kirche war es nicht weit. Wenn eben möglich, nahm er die Gelegenheit wahr, in den Fahrradsattel zu steigen.
Glücklich war er nicht. Die zweite Karte und die Worte des Propheten hingen ihm noch nach. Hatte Jesus nicht vor falschen Prophetengewarnt, die kurz vor dem Untergang der Welt erschienen?
Frank Mielke wollte darüber nicht intensiver nachdenken. Es waren genügend Spinner unterwegs, die das Ende der Welt mit der Jahrtausendwende in Verbindung brachten. In diese Spuren wollte er nicht auch noch hineintreten. Selbst nach der einmaligen Sonnenfinsternis war alles so weitergegangen wie zuvor.
Die Welt war nicht zusammengestürzt. Es hatte an diesem Tag keine Katastrophen gegeben, und das schreckliche Erdbeben in der Türkei stand damit auch in keinem Zusammenhang.
Aber er gestand sich auch ein, dass es etwas anderes war, wenn man darüber las und hörte oder selbst davon betroffen war. Der Besuch des Fremden hatte schon einen starken Eindruck bei ihm hinterlassen, und er musste immer wieder an die zweite Karte denken.
Ein dunkles Skelett mit einer Sense. Das Omen für den Tod! Dem Pfarrer wurde noch kälter…
***
Ein Hochhaus. Anonym, aber klimatisiert. Ein Haus mit vielen Büros und Wohneinheiten, und ein Haus, in dem die Fluktuation sehr groß war und wo sich niemand um den anderen kümmerte. Ein Haus also, das auch als ideales Versteck dienen konnte.
Und so etwas kam Harry Stahl entgegen. Es war nicht seine Wohnung, in der wir saßen, aber er hatte das Zimmer benutzen können, weil es von seiner Firma – der Regierung – finanziert wurde.
Und genau für die Regierung arbeitete Harry Stahl seit einiger Zeit. Er war kein richtiger Polizist und eigentlich auch kein Agent.
Er schwebte zwischen den beiden Zuständen, und er war so etwas Ähnliches wie ich, wenn auch in abgeschwächter Form.
Harry Stahl kümmerte sich um Fälle, die den Bereich des Normalen sprengten. Offiziell wollte man es nicht zugeben, dass so etwas überhaupt existierte, aber man hatte Harry den Job gelassen, und man war auch schon oft genug auf ihn zugekommen, wenn es Probleme gab. Ebenso wie auf seine Freundin Dagmar Hansen, eine Frau, die zu den Psychonauten gehörte, was aber nur wenige Eingeweihte wussten, zu denen auch ich zählte.
Harry hatte mich nach Deutschland beordert, weil er Unterstützung brauchte. Gern war ich nicht geflogen, aber das lag nicht an Harry, sondern an anderen Umständen.
Ich war erst vor zwei Tagen aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt, zusammen mit Suko. Dort hatten wir den Fall einer Genmanipulation erlebt, in den auch die NSA verwickelt gewesen war.
Diese Sache war uns sehr an die Nieren gegangen. Bestimmte Kreise hatten mich sogar für Jahre aus dem Verkehr ziehen wollen, was ihnen letztendlich nicht gelungen war, denn da hatte Sir James stark interveniert. Dank seiner Beziehungen zu den höchsten Ebenen hin und auch dank Sukos tatkräftiger Hilfe war es mir gelungen, dem Grauen hinter
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