1123 - Brutstätte der Synchroniten

Dam-Krasseur als große Ehre, obwohl ihm nicht ganz wohl dabei war, denn die beiden galten als „leicht radikal".
    Sar-Sarrassan leitete die Feierlichkeit.
    „Du, Dam-Krasseur, hast dich entschlossen, deine Keimzellen mit den Eizellen der Ama-Taroon in eine Retorte zu legen, auf daß ein Sohn daraus werden soll. Hier ist deine Gen-Karte." Sar-Sarrassan hielt die Folie mit Dam-Krasseurs Gen-Muster hoch, so daß alle sie sehen konnten. Er nahm eine zweite Gen-Karte und hielt sie mit der anderen Hand hoch.
    Dabei fuhr er fort: „Und hier die Karte mit deiner modifizierten Gen-Kurve, wie du sie auf euren Sohn übertragen möchtest. Du hast dich entschlossen, einige deiner minderen Eigenschaften durch die Eliminierung unerwünschter Gene auszuschalten, wie da sind: allzu große Ehrfurcht, Zurückhaltung und Unterwürfigkeit vor den Herrschern. Fehlende Eigenschaften, wie Heldenhaftigkeit, der feste Glaube in das eigene Volk und der Wille, für diesen Glauben in jeder Lebenslage einzustehen, sollen durch Gen-Insertion in eurem Sohn geweckt werden. Er soll einst ein würdiger Vertreter unseres Volkes werden, ein großer Sohn des ganzen Volkes, der Träger eines einmaligen Erbguts."
    Im Hintergrund begannen einige Schleicher bereits ungeduldig zu werden, als sich bei ihnen Hunger bemerkbar machte. Es drängte sie zu den Tischen, auf denen sich Berge von delikaten Speisen in optisch verführerischen Arrangements türmten. Selbst Dam-Krasseur hätte sich lieber an die Festtafel begeben, als sich Sar-Sarrassans salbungsvolles Gekrächze weiter anzuhören. Aber er harrte Ama-Taroons zuliebe aus.
    „Und du, Ama-Taroon, hast es auf dein Betreiben erreicht, daß sich deine Eizellen mit den Samenzellen des Dam-Krasseur in der Retorte treffen werden..."
    Was das für ein Unsinn ist! dachte Dam-Krasseur. Er sehnte den Augenblick herbei, an dem das Zeremoniell beendet war. Aber das würde noch dauern. Sar-Sarrassan begann nun mit der Ahnenverehrung, legte ihrer beiden Ahnendecken, -fahnen und -wimpel neben- und übereinander, las Sprüche der Ahnen, beider Familien vor, und so weiter und so fort.
    Als dann die Feierlichkeit ihren Höhepunkt erreichte, der Genealoge und Mystiker die fingergroßen Behälter mit den Ei- und Samenzellen als Symbol der Vereinigung nebeneinander stellte, schloß Dam-Krasseur erleichtert seine Atemschlitze. Gleich würde der Augenblick kommen, wo sich ihrer beiden Stirnpunkte berührten, sie sich in alle vier Augen sehen würden und ihre Armadaflammen über den höchsten Punkten ihrer vorgeneigten Köpfe sich fast berühren würden. Und dann ging es ans Tafeln. Und wenn der leibliche Hunger gestillt war, sollte dem Heißhunger der Gefühle nachgegeben werden.
    Und da kam es zu einem unglaublichen Zwischenfall.
    Im Hintergrund flog krachend die Schiebetür auf. Unter den Anwesenden entstand ein Tumult, und gleich darauf tauchte eine silberne, schwarz gekleidete Gestalt am Zeremonietisch auf.
    Verkutzon!
    „Ihr faules Pack!" schrie er und hieb mit der Faust auf den Tisch. Er ergriff die Keimzellen der beiden Vermählten und steckte sie in die Tasche. Dann begann er damit, die Ahnenrelikte der beiden zu zerreißen und mit den Fetzen der Decken und Fahnen um sich zu werfen. Die Schleicher räumten das Feld und flüchteten fast panikartig.
    Verkutzon schrie: „Ihr seid verfressen und triebhaft wie die Tiere. Und während ihr in Sinnesgenüssen schwelgt, vernachlässigt ihr eure Arbeit."
    Der Armadaschmied stürmte zu den Festtischen und atomisierte die Speisenlandschaften mit dem Strahler.
    „Verkutzon, das kannst du nicht...", begann Dam-Krasseur.
    Aber da stürzte sich der Armadaschmied auf ihn und schloß ihm mit eisernem Griff den Mund.
    „Ruhe!" brüllte er ihn an. „Ich habe genug von euch Schleichern. Jetzt werdet ihr mich kennen lernen. Es hat sich ausgehochzeitet, Dam-Krasseur. Ich habe Arbeit für dich. Statt deine eigene Brut in der Retorte zu betreuen, wirst du einen Synchroniten für mich klonen.
    Und du wirst erst wieder ruhen, wenn er fertiggestellt ist."
    Dam-Krasseur verstand die Welt nicht mehr. Noch nie zuvor hatte sich Verkutzon derart gebärdet, im Gegenteil, er hatte sich stets zufrieden über seine, Dam-Krasseurs, Arbeit geäußert. Warum dieser plötzliche Stimmungsumschwung?
    „Bevor du aber an diese Arbeit gehst, wirst du eine Fehlentwicklung in einem der Brüter zerstören", herrschte ihn Verkutzon an. Er hielt ihn immer noch unterhalb des Kopfes gepackt und verschloß ihm mit