1128 - Erbe des Fluchs
gewünscht, doch Suzanne gehörte zu den Menschen, die es haßten, wenn sich Waffen im Haus befanden. Also hatte er darauf verzichtet.
Das Haus hatten die Petits nicht selbst gebaut, sondern übernommen. Es war schon einige Jahrzehnte alt, und es war immer ein Bauernhof gewesen. Nur hatte der Vorbesitzer es ziemlich verfallen lassen. Die Renovierung hatte beinahe einem Neubau geglichen. Die Ställe hatte Albert abgerissen. Später würde er dort einige Treibhäuser bauen, um Blumen zu züchten. Momentan lag das Gelände brach.
Hoch war das Haus nicht. In der ersten Etage mußte man wegen der Schräge an einigen Stellen schon gebückt gehen. Sein Dach war nur weit nach unten gezogen worden und diente vor der Hauswand gewissermaßen als Regenschutz. Wenn er sich stark reckte, stieß er mit dem Kopf gegen die untere Seite der Regenrinne.
Die Felder erstreckten sich an der Rückseite. Obst und Gemüse bauten sie dort an. Auch Winterkartoffeln, denn die Kunden griffen immer öfter darauf zurück. Ein kleines Kühlhaus war ebenfalls vorhanden. Er hatte es anbauen lassen.
Das Geld war knapp geworden, trotz eines Kredits und einer recht guten Erbschaft. Sie kamen mit dem Verkauf der Waren gerade über die Runden, und die Preise konnten sie auch nicht mehr erhöhen, dann wären noch mehr Kunden weggeblieben.
Der Wind kam von den Bergen, die sich im allmählich tiefer werdenden Grau der Dämmerung wie unterschiedlich hohe Buckel abmalten. Manchmal erinnerten sie Albert an eine Herde vorsintflutlicher Ungeheuer, die auf dem Marsch durch das Land einfach angehalten hatten und sich seit unendlich langen Zeiten nicht mehr weiter bewegte.
Die Worte seiner Frau waren an Albert nicht spurlos vorbeigegangen. Er dachte intensiver darüber nach, als er es sich gewünscht hätte, und er merkte auch, daß die Spannung beklemmend in ihm hochstieg. Es war alles wie immer und trotzdem anders. Es mußte an dem liegen, was sie in der vergangenen Nacht erlebt hatten, denn er gab zu, daß der Angriff des Nackten keinesfalls normal gewesen war. Aber warum sollte er sie weiter verfolgen? Was hatten sie ihm getan? Nichts, gar nichts. Sie hatten sich normal benommen. Sie waren nach Hause gefahren, und damit hatte es sich.
Er ging mit kleinen Schritten nach vorn. Die Jacke hatte er nicht geschlossen. Beide Hände steckten tief in den Taschen, und mit scharfen Blicken suchte er die Umgebung vor seinem Haus ab.
Da bewegte sich nichts.
Auch weiter entfernt, wo freies Gelände an die Straße grenzte, bewegte sich nichts. Da die Fahrbahn vom Niveau her etwas tiefer lag als sein Gelände, waren die Autos nicht zu sehen. Höchstens mal zu hören, wenn ein Lastwagen vorbeidonnerte.
Er schaute zum Himmel.
Auch da war alles normal. Die Natur bot ein schaurig-schönes Schauspiel aus Licht und allmählich einsickernden Schatten.
Er hätte sein gesamtes Land besuchen können, was er nicht wollte.
Dabei hätte er sich zu weit vom Haus entfernen müssen, genau das war nicht Sinn der Sache.
So wandte er sich nach links, um das Haus zu umkreisen. Er blickte über die Felder, über die große Wiese mit den Obstbäumen, die in diesem Jahr eine so üppige Ernte gebracht hatten, daß er sie gar nicht loswurde.
Es war nichts zu hören. Die Petits lebten wirklich in einer beneidenswerten Stille, und sie vermißten auch den Trubel der Städte nicht. Den erlebten sie dreimal in der Woche, wenn sie zu den Märkten fuhren.
Albert dachte plötzlich an die Templer in Alet-les-Bains. Diese Erinnerung wiederum hätte ihn eigentlich dazu zwingen müssen, die Befürchtungen seiner Frau aus einer anderen Sicht zu sehen.
Die Männer hatten ihr geglaubt. Sie waren sehr ernst gewesen und hatten auf ihn auch den Eindruck gemacht, etwas gegen diesen Schrecken unternehmen zu wollen.
Aber was schon?
Was hätten sie in die Wege leiten sollen? Außerdem gab es keine Beweise.
Er war jetzt an der Rückseite des Hauses angelangt und hatte auch den kleinen Blumengarten passiert, auf den seine Frau immer so stolz war. Sie liebte und pflegte ihn, auch jetzt sahen die ersten Herbstblumen aus wie gemalt.
Der Blick über die Felder.
Nichts störte das Gemüse beim Wachstum. Er hatte das Gelände geteilt. Rechts wuchsen das Gemüse und der Salat, auf der linken Hälfte standen Obstbäume. An den Rändern seiner Felder hatte er schmale Pfade angelegt, so daß man nicht durch die Felder laufen mußte.
Links von ihm lag das Haus mit seiner Rückseite. Er schaute kurz über die
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