1129 - Der befehlende Kode
Boden.
*
„Hell, so haben wir nicht gewettet!" donnerte Reginald Bull und fuhr von seinem Sitz auf. „Närrische Weiber - was hat das zu bedeuten?"
Er sah Ruda und Paoli in die Schleuse treten. Paoli redete heftig auf Ruda ein; wahrscheinlich machte sie ihr Vorwürfe. Aber es war kein Wort mehr zu hören. Der Beamte trug das kleine Mikrophon unter dem Kragen seiner Montur. Beim Sturz war es wahrscheinlich beschädigt worden.
„Immer mit der Ruhe", warnte Julian Tifflor. „Noch haben wir die Lage unter Kontrolle."
Bull schlug mit der geballten Faust auf die Taste des Alarmgebers. Scheinbar aus dem Nichts materialisierten weitere Bildflächen. Die Sicherheitstruppe des HQ Hanse war auf dem Posten.
„Planänderung", stieß Bull hervor. „Die beiden Frauen haben den Posten vor dem Klong-Quartier überwältigt. Es muß damit gerechnet werden, daß sie vorhaben, die Klong zu befreien - oder wenigstens den einen, der sich Wachfunktionelf nennt. Ich brauche euch nicht klarzumachen, daß das unter allen Umständen verhindert werden muß."
„Schwerkraft-Generatoren sind einsatzbereit", meldete einer der Beamten. „Wir können die Klong im Handumdrehen so festnageln, daß sie keinen Finger mehr führen."
„Gut gedacht, mein Sohn", sagte Bull sarkastisch. „Und unsere beiden Jungfern zerquetscht ihr am Boden."
„Wir müssen sie vorher rausholen", konterte der Sicherheitsmann geistesgegenwärtig.
„Tut, was getan werden muß", schnaubte Reginald Bull. „Die Klong dürfen die Halle nicht verlassen, oder der Teufel ist los. Laßt die Szene keine Sekunde aus den Augen. Ich bin auf dem Weg!"
Auf seinen Wink hin erloschen die Video-Empfänger. Julian Tifflor stand bereits in der Nähe des Ausgangs.
„Ich komme mit", erklärte er. „Du bist mir zu temperamentvoll. Vielleicht läßt sich die Lage noch retten."
Reginald Bull schüttelte ärgerlich den Kopf und brummte etwas Unverständliches. Dann schoß er zur offenen Tür hinaus. Julian Tifflor folgte ihm auf dem Fuß. Zurück blieben Galbraith Deighton und Gruderkon, leicht verwirrt und ein wenig erheitert.
*
„Wozu war das gut?" fragte Paoli entsetzt.
Ruda musterte den Bewußtlosen mit sanftem Lächeln.
„Glaubst du, er hätte einfach mit angesehen, wie wir Wachfunktionelf befreien?"
„Befreien! Höre, Ruda, du bist verrückt ..."
„Ich weiß. Man hat es mir schon gesagt."
Ohne auf Paolis weitere Proteste zu achten, betrat sie die Schleusenkammer. Sie gab sich mit einer Sicherheit und Zuversicht, als wisse sie genau, daß ihr nun niemand mehr den Erfolg streitig machen konnte. Der Riegelmechanismus am rückwärtigen Schott der Schleuse war vergleichsweise simpel. Ruda konnte ihn ohne Mühe bedienen, obwohl sie von Technik so gut wie nichts verstand. Das Schott glitt beiseite. Vor den beiden Frauen lag die weite, hell erleuchtete Halle, in der sich insgesamt achtzehn Klong aufhielten.
Den Robotern war nicht entgangen, daß jemand an der Verriegelung hantierte. Sie hatten sich an die dem Schott gegenüberliegende Wand zurückgezogen und bildeten dort, in verschiedenen Höhen schwebend, einen Halbkreis als Verteidigungsfront. Ihre Kaltmäntel hatten sie jedoch noch nicht aktiviert.
Ruda und Paoli blieben vor dem offenen Schott stehen. Fünfzehn Meter von ihnen entfernt schwebten anderthalb Dutzend Roboter, deren silbergraue Körper einander bis auf das letzte erkennbare Detail glichen. Ruda sah sich um. Plötzlich streckte sie den Arm aus und deutete auf einen Klong, der am linken Flügel der Formation schwebte.
„Dort ist er!" rief sie begeistert. „Ist er nicht herrlich, Paoli?"
Paoli blickte verwirrt in die angedeutete Richtung. „Wie kannst du sie voneinander unterscheiden?" fragte sie. „Sie sehen alle ..." Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Ein helles Leuchten glitt über ihr Gesicht. „Freilich, das ist er!" rief sie aus. „Wachfunktionelf.
Und dort ist Nebenmann, Postenacht, Rechnerchen, Reparierfunktion ..." Sie klatschte in die Hände. „Oh, sie sind alle hier!"
Die Klong setzten sich in Bewegung. Wachfunktion-11 übernahm die Spitze. Wenige Meter vor den beiden Frauen hielt er an.
„Auch sie spricht den Befehlenden Kode!" bellte es aus dem leuchtenden Ring. „Wie viele von euch Beherrschenden gibt es?"
„Oh, wir sind unser viele", rief Ruda strahlend. „Aber es bedarf nur dieser zwei, um euch die Freiheit wiederzugeben."
Das Gespräch wurde auf Interkosmo geführt, und ein logisch Denkender hätte
Weitere Kostenlose Bücher